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und eine aus vier Theilen, Lagena, Basilartheil, Anfangstheil und Tegmentum vasculosum, bestehende Cochlea. Die
beiden zusammenstehenden Ampullen gehen gemeinschaftlich aus einer cylindrischen Abtheilung des Utriculus hervor.
Die drei Bogengänge münden so, dass die beiden verticalen sich zuerst zu einem cylindrischen Canal vereinigen, welcher
sich erweitert und dann den von hinten und aussen her kommenden, horizontalen Bogengang aufnimmt. Diese
Theile hängen untereinander zusammen, aber das Verhältniss wird noch dadurch complicirt, dass ein cylindrisches
Eohr, welches die frontale Ampulle aufnimmt und ebenfalls in den Utriculus übergeht, sich an die Innenfläche der
Einmündung des horizontalen Bogengangs anlegt. Es findet sich im Utriculus eine unvollständige, sagittale Scheidewand
; er ist ein gegen die zusammenstehenden Ampullen hin ungetheilter, cylindrischer Hohlraum, der eine Lücke
zeigt, durch die man in das Innere gelangen kann, und welcher nach hinten mittelst eines Septum in zwei Bäume
geschieden ist. Am vorderen Ende erweitert sich der Utriculus zu dem Becessus utriculi, an dessen unterer Fläche ein
kurzer Zweig des Nervus vestibularis sich ausbreitet. Die Wandung des Utriculus besteht aus homogenem Gewebe
mit eingesprengten spindelförmigen Zellelementen von den mannigfaltigsten Formen und Grössen. Die Innenfläche
der Wand ist von einfachem, unregelmässig polygonalem Pflasterepithel bekleidet. Am Boden des Becessus utriculi
liegt die rundliche Macula acustica; in ihrer Umgebung wird das Pflasterepithel allmählig ein cylindrisches. Die
Macula enthält die gewöhnlichen zwei Zellenformen, Stäbchenzellen und Zahnzellen; die Nervenfasern treten nach
Abgabe der Myelinscheide durch den Basalsaum der Wandung in das Nervenepithel ein, bilden hier einen intraepithelialen
Plexus, theilen sich aber nicht und gehen keine Anastomose ein, sondern begeben sich jede für sich
an das untere Ende einer Stäbchenzelle; Hasse konnte hier den Zusammenhang nachweisen. Auf dem Nervenepithel
ruht eine glashelle Membran; ob diese eine Membrana tectoria oder eine Otolithenmasse darstelle, wie überhaupt
ob die dort anzutreffenden Otolithen aus dem Steinsack stammen oder eigene Kristallisationen sind, vermochte er nicht
zu entscheiden. Von der Pars cochlearis des häutigen Gehörorgans der Frösche wurde der Steinsack schon in der
vorigen Abhandlung Hasse's geschildert. In denselben mündet aber noch die Cochlea mit ihren vier Abtheilungen.
Der von Deiters zuerst gefundene, von Hasse als ■»Anfangstheil der Schnecke» beschriebene Theil ist eine ovale
Schale, deren Längsdurchmesser von vorne nach hinten verläuft; über die Oeffnung derselben zieht sich eine Brücke
von unten nach oben, in der der zu diesem Schneckentheile gehende Nervenast eingeschlossen ist; durch die Brücke
wird die Oeffnung in eine hintere kleinere und in eine vordere grössere Abtheilung geschieden. Dieser Anfangstheil
der Schnecke erstreckt sich von der Einmündungssteile der frontalen Ampulle bis ungefähr zur Mitte der Apertura
utriculi und ist mit seiner oberen Wand vollkommen mit der unteren des Utriculus verschmolzen. Die Dicke seiner
Wandungen ist nicht überall die gleiche, der Boden ist dünn; dem Basalsaum der Wand sitzt ein Pflasterepithel
auf, welches den Boden bekleidet und sich in der grösseren Abtheilung auch ein kleines Stück an der oberen Wand
emporzieht, um hier in eine aus haartragenden Stäbchenzellen und Zahnzellen zusammengesetzte Papilla acustica
überzugehen. »Da der Anfangstheil der Schnecke bis zur Mitte der Apertura utriculi ragt und die untere Wand
dieser Lücke, wie ja überhaupt die untere Wandung der Pars vestibularis beiden Theilen gemeinsam ist, so wird
man an dieser Stelle aus der Höhlung der Schale in den Utriculus gelangen können. Dieser Theil der Wandung
muss also gleichsam als unvollständige Scheidewand zwischen den beiden sonst von einander abgeschlossenen Hohlräumen
emporragen». Wir sehen an dieser Stelle das Epithel des Utriculus über die obere Wand in die grössere
Abtheilung der Schale hineinziehen. Ueber die Gestalt und die Ausdehnung der Papilla acustica konnte er nicht
vollkommen ins Klare kommen; der Durchmesser derselben schien ihm continuirlich von der grösseren bis zur kleineren
Abtheilung abzunehmen. Der Nervenzweig der Papille theilt sich in zwei für die grössere und die kleinere
, Abtheilung bestimmte Aeste. In der Schale des Anfangstheils findet sich eine lange, dünne Membrana tectoria,
welche in der ganzen Ausdehnung der Papilla acustica dem Epithel unmittelbar aufliegt. Nie sah er, wie Deiters
angiebt, die Membran in die Pars basilaris hineinragen. Ueber die Oberfläche der Membran ziehen Streifen,
theils transversal, theils radienartig convergirend; es finden sich ausserdem zahlreiche Löcher, besonders gegen die
Mitte zu, welche zu kuppeiförmigen Gruben führen. Die in der Umgebung der Apeitura utriculi entspringende,
äusserst zarte, mit Pflasterepithel bekleidete Membran, die sich auch über den Anfangstheil der Schnecke hinübererstreckt
, setzt sich in das ovale, schalenförmige, eigentliche Tegmentum vasculosum fort; ein besonderer Reichthum
an Capillargefässen, wie Deiters erwähnt, ist Hasse nicht aufgefallen. Auf dem inneren Basalsaum der
Wandung sitzt ein gelblich gefärbtes Epithel aus unregelmässig polygonalen, undeutlich begrenzten, ziemlich hohen
Pflasterzellen, die mit denen der gelben Pigmentflecke in den Ampullen sich vergleichen lassen. Die Pars basilaris
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