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Anatomische Beschreibung.
Tafel XXXIV und XXXV.
Nachdem durch die eben angeführten, trefflichen Arbeiten von Hasse sowie auch die neuere Arbeit von
Kuhn das Gehörorgan des Frosches in so eingehender Weise behandelt worden ist, werde ich hier nur eine gedrängte
Beschreibung dieses wichtigen Organs geben und dabei die Punkte besonders hervorheben, in welchen ich
neue Thatsachen darlegen kann oder meine Ansichten von denen meiner Vorgänger abweichen.
Die knöcherne Gehörkapsel des Frosches ist von Hasse vor Allem so eingehend behandelt, dass ich in
Betreff derselben kurz sein kann. Sie wird bekanntlich jederseits von zwei Knochen, Prooticum (Petrosum) und
Occipitale laterale (mit welchem letzteren jedoch nach Hasse ein Opistoticum vereinigt sein soll), dann aber noch von
den diese Knochen verbindenden, breiten Knorpelfugen (dem Primordialkranium) gebildet. Das Epioticum, das Occipitale
basilare und das Occipitale superius sind bei dem Prosche nicht ausgebildet; das Frontoparietale, Squamosum
und Parasphenoidale gehen nicht direct in die Zusammensetzung der Gehörkapsel ein. Im ganzen genommen wird
die vordere Hälfte der betreff. Kapsel vom Prooticum, die hintere vom Occipitale laterale gebildet. Hasse hat,
wie erwähnt, die knorpelig-knöcherne Gehörkapsel mit einer unregelmässigen, abgestutzten, vierseitigen Pyramide verglichen
, deren Basis nach oben und etwas nach aussen, deren Spitze im wesentlichen nach unten gerichtet ist, mit
einer äusseren, oberen, vorderen, hinteren und inneren Fläche. Da, wie er selbst zugiebt, die Pyramidenform bei
den Batrachiern nicht eben deutlich zu Tage tritt, so werde ich die knorp.-knöcherne Kapsel mehr in ihrem Ver-
hältniss zu dem inneren Raum und dem darin enthaltenen membranösen Gehörorgan betrachten. Die ganze Kapsel
liegt beiderseits neben dem Gehirn, von oben-innen nach unten-aussen gerichtet. Ich unterscheide eine obere-äussere,
eine innere-untere, eine vordere und eine hintere Fläche. Die obere-äussere ist durch eine kräftige, knöcherne Querspange
, den Processus squamosus prootici, in zwei Hälften getheilt. Die obere Hälfte (die obere Fläche oder Pyramidenbasis
Hasse's), nach oben-aussen gerichtet, ist vom Prooticum gebildet, ziemlich concavirt, geht vorn, umbiegend
, in die vordere Fläche über, besonders medialwärts durch eine knöcherne Firste, welche den äusseren Ausdruck
des vorderen Bogengangs darstellt, von ihr getrennt; hinten-innen ist sie durch eine von innen-oben nach aussen-
unten verlaufende, grösstentheils knorpelige Firste, welche dem hinteren Bogengang entspricht, von der hinteren
Fläche abgegrenzt. Von dem hinteren-unteren Ende dieser letzteren Firste und mit ihr zusammenhängend erhebt
sich als eine knorpelige, nach vorn-aussen ziehende Firste die hintere Wurzel des Processus squamosus prootici, welcher
den äusseren Bogengang beherbergt; vorn ist dieser Fortsatz knöchern und articulirt aussen mit dem Squamosum
. Die unter dem Processus squamosus liegende, untere Hälfte der oberen-äusseren Fläche (die äussere Fläche
Hasse's) ist unregelmässig buchtig, enthält vorn-oben eine kleine knöcherne, vom Prooticum gebildete Grube, welche
nach hinten-innen, unter der vom Proc. squamosus gebildeten Firste eine schwache Furche hat, die sich an der
hinteren Fläche, im Occipitale laterale, bis zum Foramen jugulare fortsetzt; der übrige Theil der unteren Hälfte
der oberen-äusseren Fläche besteht aus einem rundlichen, knorpeligen Vorsprung, welcher der Knorpelfuge zwischen
.Prooticum und Occipitale laterale entspricht; diese Fuge enthält im hinteren Theil der oben erwähnten kleinen Grube
ein rundlich ovales Loch, das Foramen ovale (F. vestibuläre), welches zusammen mit der Grube durch die Knorpelplatte
der Columella bedeckt ist; nach oben von diesem Loch setzt sich die Knorpelfuge, viel verschmälert, nach dem
Proc. squamosus fort. Diese Fläche geht hinten unmittelbar in die hintere Fläche über, welche von dem Occipitale
laterale gebildet wird; sie ist unten convex, geht in die untere Schädelfläche über, ist hinten von dem Condylus
durch das Foramen jugulare und eine ziemlich tiefe, von da aufsteigende Furche getrennt; oben wird diese hintere
Fläche der Gehörkapsel, hinter der Firste des hinteren Bogengangs liegend, vom Occipitale laterale gebildet; an der
äusseren Wand des Foramen jugulare finden sich in der hinteren Kapselwand, im Occipitale laterale, zwei kleine,
dicht an einander belegene, nur durch eine sehr schmale Knochenspange getrennte Löcher, welche als das Foramen
rotundum und Aquaeductus cochlece gedeutet worden sind. Die vordere Fläche ist knöchern, von dem Prooti-
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