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und einen unteren-inneren, sehr langen schmalen (Fig. 13, n alu), welcher wie die übrige Columella in der Schleimhaut
eingebettet liegt. Der kurze Vorsprung ist mit einem schmalen biegbaren Halse versehen. Die zweite, knöcherne
Abtheilung (Fig. 13, i, n b) besteht aus einem langen, schmalen Stabe, welcher nach innen zu sich verdickt
und zuletzt mit einem breiteren, platten, schief abgestutzten Ende an der dritten Abtheilung befestigt ist; kurz
vorher sendet aber die mittlere knöcherne Abtheilung einen kurzen, knöchernen Vorsprung (Fig. 13, i, n V) aus,
welcher mit seinem knorpeligen Ende den Ansatz eines quergestreiften Muskels (Fig. 13, i, n m) trägt. Die dritte,
knorpelige Abtheilung, an der knöchernen Endfläche der zweiten befestigt, bildet im ganzen eine unregelmässig ovale
Platte (Fig. 13, i, n c), welche mit abgerundeten Bändern versehen und an der inneren freien Endfläche etwas
concav ist. Diese Endfläche liegt nun von aussen her der Fenestra ovalis der Gehörkapsel an; die Endfläche, in
welcher auch gewöhnlich eine kleine Partie der knöchernen Abtheilung einzugehen scheint, ist aber bedeutend
grösser als das ovale Fenster, sie legt sich demselben auch nicht dicht an, sondern befestigt sich durch sehniges
Bindegewebe mit ihrem Bande an der Aussenfläche der Gehörkapsel, einen freien ovalen Baum oder eine Grube,
eine Fossa fenestm ovalis zwischen sich und der Gehörkapselwand bildend; da diese Fossa an ihrem Umkreise durch
Bindegewebe begrenzt wird, ist die Fenestra ovalis ihre einzige Oeffnung (Taf. XXXIV Fig. 14), wo man von innen
her durch die Fenestra ovalis (fo) in diese Fossa [ff6) hineinblicken kann. Es nimmt diese Fossa, wie wir
unten sehen werden, eine eigentümliche Ausstülpung des perilymphatischen Baumes (des Periostes) in sich auf.
In die oben beschriebene knorpelig-knöcherne Gehörkapsel eingeschlossen liegt das membranöse Gehörorgan
Es füllt aber jene, wie bekannt, nicht vollständig aus; zwischen ihm und dem die Kapselwand eng bekleidenden
Periost ist vielmehr ein im ganzen nicht unbedeutender perilymphatischer Baum vorhanden. Bei vorsichtigem
Herauspräpariren folgt das Beriost in natürlicher Lage und Verbindung mit dem häutigen Gehörorgan, so
dass man hierdurch eine genaue Kenntniss seiner Grössenverhältnisse bekommen kann. Am weitesten ist der fragliche
Baum am unteren Theile des Gehörorgans, in der Fovea sacculi et Cochleae, besonders aussen und hinten, doch
weniger vorn (Taf. XXXIV Fig. 4 per und Fig. 5 per) und am wenigsten innen (Fig 5 per1), wo er nur einen engen
Spaltenraum darstellt; etwas höher oben, an der äusseren hinteren Seite, an dem Tegmentum vasculosum, ist der
perilymphatische Baum auf Null reclucirt, indem das Beriost hier innig anhaftet. Am oberen Theil des Gehörorgans
, am Utriculus mit dem Sinus superior sowie an den Ampullen und Bogengängen ist der Baum verhält-
nissmässig weit; an den Bogengängen ist derselbe viel geräumiger an der concaven Seite (Fig. 4 per), so dass die
Bogengänge, wie gewöhnlich im Wirbelthierreich, excentrisch in ihren Canälen liegen; dies ist auch gewissermassen
mit den Ampullen, besonders mit der äusseren und der vorderen der Fall. Die äussere Begrenzung des perilymphatischen
Baumes, das Periost (resp. Perichondrium), ist eine sehr dünne Bindegewebsmembran, welche aus sehr zahlreichen
feinen, sich kreuzenden, elastischen Fäserchen und einem Beleg von Häutchenzellen mit mehr oder weniger
sparsamem, platt ausgebreitetem oder um die grossen Kerne in verzweigte Fortsätze auslaufendem Protoplasma besteht.
Von dieser eigentlich periostalen Membran (per) gehen bald reichlicher, bald sparsamer verzweigte Faserbündel aus,
welche den perilymphatischen Baum mit einem eigentümlichen Netzwerk durchziehen (Taf. XXXV Fig. 14 pg)
und an der äusseren Wand des membranösen Gehörorgans sich befestigen. An den Maschen dieses Netzwerkes,
in welchem zahlreiche elastische Fäserchen verlaufen, liegen ebenfalls Zellen mit verzweigtem Brotoplasma und hie
und da finden sich in den Maschen grosse, körnige, frei liegende Zellen von dem Aussehen der Wanderzellen (wz).
Im ganzen kann man meiner Ansicht nach das erwähnte Netzwerk nicht, wie es gewöhnlich beschrieben wird (Hasse,
Kühn), als ein verzweigtes Zellennetz betrachten, sondern vielmehr als ein Balkennetz mit anliegenden Zellen.
Von dem perilymphatischen Baume gehen zwei wichtige Gänge als Ausstülpungen desselben aus, nämlich : der
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Ductus endolymphaticus und ein bisher unbeschriebener Gang. Ich beginne mit dem letzteren. Am unteren-hinteren
Umfang des den Sacculus umgebenden Theils dieses Baums findet sich an der Aussenfläche, eben da wo die Fenestra
ovalis der Gehörkapsel belegen ist, eine ovale Oeffnung (Taf. XXXIV Fig. 4 adf) in der periostalen Bekleidung
des perilymphatischen Baums; diese Oeffnung führt zu einem ziemlich räumlichen Gang, indem die periostale
Wand sich hier zu einer Bohre, die ich Ductus fenestrce ovalis (Fig. 4, 5 dfo) benennen will, ausstülpt; diese Bohre
wendet sich zuerst nach aussen und vorn, tritt durch die Fenestra ovalis in die oben beschriebene, zwischen der
inneren knorpeligen Abtheilung der Columella und der äusseren Gehörkapselwand befindliche, platt-ovale Höhle, Fossa
fenestra? ovalis, aus und erweitert sich, nach oben steigend, zu einem rundlichen abgeplatteten, blind endio-enden,
sackförmigen Ende, Saccus fenestrce ovalis, welches in der oben erwähnten Fossa logirt (Taf. XXXIV Fio-. 4, 5 sfo).
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