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Schern die Apertura utriculi benannt wurde, kommt indessen eigentlich dadurch zu Stande, dass das hintere, stark erweiterte
Ende des äusseren Bogengangs hier in den Utriculus schief von hinten her einmündet; wie gewöhnlich entsteht
am hinteren Eande dieser Einmündungsstelle eine sensenförmige Falte der Wand, und diese Falte, welche sich
oben und unten eine Strecke an der Utriculuswand, obwohl viel niedriger, fortsetzt, bildet die Scheidewand, die sog.
Apertura utriculi einrahmend; an der vorderen-inneren Wand giebt es aber keine oder eine nur schwach erhöhte
Scheidewand; die Utriculuswand, an deren medialer Aussenfläche der Ductus endolymphaticus emporsteigt, bildet
hier die unmittelbare Begrenzung der Oeffnung. Durch diese Anordnung wird nun gewissermassen der Utriculus
in eine vordere und eine hintere Abtheilung getrennt und diese beiden communiciren mit einander durch die grosse
Oeffnung; in die hintere mündet direct, dicht hinter der letzteren, der Sinus superior, welcher als eine ziemlich
kurze cylindrische Bohre nach oben steigt und die beiden sog. verticalen Bogengänge empfängt. In die vordere Abtheilung
mündet von hinten her das hintere Ende des äusseren Bogengangs und setzt sich in dasselbe direct fort. Diese
letztere Utriculusabtheilung ist im ganzen räumlich, besonders aber dicht vor der Apertur und vorn am Uebergang
zum Becessus ausgebuchtet, zwischen diesen Ausbuchtungen aber leicht sattelförmig eingeschnürt. An der unteren
Wand dieser Abtheilung, hinten bei der Einmündung des äusseren Bogengangs und dicht neben und lateral-
wärts von der Apertura utriculi befindet sich die spindelförmige oder schnlal-ovale Oeffnung zum Sacculus, Ganalis
atriculo-saccularis (Taf. XXXIV Fig. 1, 2, 3, 7 cus), welcher in den ersten Abhandlungen Hasse's nicht klar dargestellt
, in einer späteren aber erwähnt ist und dann neulich von Kuhn richtig beschrieben wurde. Diese Oeffnung
greift etwas auf der Vorderwand des Utriculus über und ist in der Längenrichtung desselben gestellt, mit dem
breiteren Ende nach hinten und dem schmaleren, mehr zugespitzten Ende nach vorn; auf ihr Verhalten zu den
nach unten von ihr befindlichen Theilen komme ich bald zurück. Das vordere Ende des Utriculus biegt sich,
indem es sich nach unten senkt, nach aussen und geht, sich erweiternd, in den etwas blasen förmigen Becessus
utriculi (Taf. XXXIV Fig. 1, 2, 3 rec) über, an dessen Boden die breit nierenförmige, von einer dünnen Otolithen-
scheibe bedeckte Macula ac. recessus utriculi (Taf. XXXIV Fig. 1, 3, 8 mu) mit den in ihr ausstrahlenden Bündeln
des Bamulus rec. utriculi sich befindet. Unter ihr verlaufen neben einander der Bamulus amp. anterioris und Ba-
mulus amp. externa nach vorn zu den betreffenden Ampullen, welche dicht neben einander vom vorderen-äusseren
Ende des Becessus mit weiter Oeffnung ausgehen. Der Otolithenscheibe gehört eine der Macula überall aufliegende,
dünne Scheibe homogener glasiger Substanz an, in welcher man zahlreiche vacuolenartige Bäume findet; an den Bändern
dieser als Deckmembran aufzufassenden Scheibe erkennt man eine streifige Beschaffenheit. Die vordere Ampulle
, Ampulla anterior (Taf. XXXIV Fig. 1, 2, 3, 8 ad), ist eine rundlich-ovale Blase mit niedrigem, etwas zugedrücktem
Dach (Taf. XXXV Fig. 1, in querem Durchschnitt der Ampulle); an ihrem Boden findet sich das quergestellte,
durch Faltung der Wand entstandene, ziemlich niedrige Septum mit der an seinem freien Bande belegenen Crista
acustica (er); letztere hat, von oben gesehen (Taf. XXXIV Fig. 8 aa—cr), einen coneaven vorderen und hinteren Band
mit einem mittleren Vorsprunge und erweitert sich stark an beiden Enden, welche als breite, abgerundete Bartien
an den Seitenwänden der Ampulle etwas emporsteigen; in ihrer Mitte erhöht sich die Crista zu einem niedrigen
Hügel, wie es in der Ansicht von vorn und hinten (Taf. XXXV Fig. 1 er) ersichtlich ist. Auf der Crista ruht
eine Cupula terminalis (Taf. XXXV Fig. 1 cu), welche im ganzen dem entsprechenden Gebilde bei den Fischen
sehr ähnlich gestaltet ist, indem sie oben von einer Seite zur anderen kuppeiförmig gewölbt erscheint, doch ist sie
niedriger als bei den Fischen; die untere Fläche, gleichsam nach der Crista gegossen, liegt ihr nahe an und ist nur
durch einen schmalen Spaltenraum von ihr getrennt; diese untere Fläche ist also der Länge nach concav und in der
Mitte schmal, nach beiden Enden hin breiter; die Enden sind aber nicht abgerundet, sondern ausgehöhlt und von
ihnen steigt an den Seitenflächen der Cupula jederseits eine seichte Binne bis zur Oberfläche empor. Von oben
betrachtet (Taf. XXXV Fig. 3) zeigt deswegen die Cupula, wie bei den Fischen, eine schmal biconeave Gestalt
mit ebenfalls coneavirten Endflächen. Ihre Substanz ist sehr weich, hell und durchsichtig; man sieht sie deswegen
am besten nach Färbung mit Anilin; die Cupula fällt ziemlich leicht ab; man bemerkt in ihr von oben nach unten
verlaufende, dichte, parallele Streifen, welche die Zusammensetzung aus feinen Fäserchen angeben. Die Ampulle ist nach
vorn-aussen und ein wenig nach oben gerichtet und geht in den vorderen Bogengang, Canalis m. anterior (Taf. XXXIV
Fig. 1, 2, 3 cd), über, welcher zuerst nach vorn und oben, dann in sanftem Bogen nach oben-hinten-innen läuft,
um etwas erweitert oben in den Sinus superior utriculi einzumünden. Die dicht neben und nach aussen von der
vordem Ampulle vom vorderen Ende des Becessus nach aussen ausgehende äussere Ampulle, Ampulla externa (Taf.
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