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Canäle schief durch die Substanz der Membran nach unten und innen hin; hierdurch entsteht das Aussehen von
Falten, welche indessen nur die die Canäle trennende Substanz darstellen. Das Gewebe der Membran ist hell,
homogen, theilweise feinstreifig, und wird durch Erhärtung in Ueberosmiumsäure glasig spröde; es stimmt vollständig
mit dem der Deckmembran der Pars basilaris und anderer, wirklicher Deckmembranen überein.
Was nun den feineren Bau des membranösen Gehörorgans betrifft, so findet man in den beiden Hauptästen
des Acusticus markhaltige Nervenfasern von verschiedenem Caliber, sowie zwischen ihnen und mit ihnen zusammenhängend
kleine, oppositipol-bipolare Nervenzellen. Die Nervenfasern durchbohren an den Nervenendstellen, schief
oder vertical verlaufend, die membranöse Wandung und geben erst in der Nähe der inneren Fläche derselben ihre
Myelinscheide ab, um dann scheidenlos in das Epithel einzutreten. Die membranöse Wandung des Gehörorgans
hat im ganzen überall einen übereinstimmenden Bau, zeigt jedoch hie und da einige Verschiedenheiten sowie an
verschiedenen Stellen eine wechselnde Dicke. Im allgemeinen ist sie dicker an den Nervenendstellen, an den Ampullen
und Bogengängen sowie an der Pars neglecta und vor allem an der Pars basilaris (sog. Knorpelrahmen);
dünner ist sie am Utriculus und dessen Sinus superior, am Dache des Eecessus utriculi und am Boden der Ampullen;
am dünnsten ist sie am Tegmentum tympani, vor allem an der lateralen Partie des Sacculus und dem im Knorpelrahmen
der Pars basilaris ausgespannten kleinen Theil. Die Substanz der Wandung ist im allgemeinen hell, ziemlich
stark lichtbrechend und homogen; man sieht aber oft in ihr viele glänzende, verzweigte Streifen, welche sich
nicht als Fasern erweisen, sondern von einer eigenthümlichen Zerklüftung der Substanz selbst herzurühren scheinen.
Nur an einigen Orten tritt eine wirkliche Streifung in der sonst homogenen Grundsubstanz auf, und mehr oder
weniger deutliche Fasern sind dann in ihr zu sehen, wie in de?» Seitenwand des Eecessus und der lateralen, sehr
dünnen Wand des Sacculus, besonders nach dem Tegmentum vasculosum zu; am letzteren Theil ist die dünne
Wandmembran, an welcher das Periost fest angeheftet ist, fein längsgestreift und lässt sich in eine Menge feiner,
einander parallel gehender oder spitz kreuzender Fibrillen zerfasern. An allen dickeren Partien der membranösen
Wandung bemerkt man am Querschnitte meist spindelförmig erscheinende, eingestreute Zellen, deren zwei oder hie
und da mehrzahlige Ausläufer gewöhnlich in der Flächenrichtung der Wand, zuweilen aber auch in anderen Richtungen
verlaufen (Taf. XXXV Fig. 9). Von der Fläche betrachtet zeigen sich dieselben als sehr verzweigte,
schwach körnige Zellen, deren verzweigte Ausläufer nach verschiedenen Richtungen ziehen (Taf. XXXV Fig. 8).
In den dünnen Partien der Wandung sind diese Zellen sehr spärlich oder gar fehlend. An der Aussenfläche der
membranösen Wand heftet sich das verzweigte, einzelne Pigmentzellen führende Balkennetz des perilymphatischen
Raumes innig an, und hierdurch entsteht an manchen Stellen eine unebene Fläche mit kleinen Vertiefungen und
Vorsprüngen; Blutgefässe legen sich auch hie und da der Aussenfläche an, bisweilen in rinnenförmige Aushöhlungen
derselben eingesenkt, bisweilen, und dies besonders an den Nervenendstellen, in die Wandung selbst eintretend und
in ihr verlaufend. Dert von Hasse und dann auch von Kuhn beschriebene Basalsaum an der Innenfläche der
membranösen Wand kann ich nicht als besondere Schicht erkennen, sondern nur als die innere, keine Zellen führende
Partie der Wand selbst.
Die ganze Innenfläche des membranösen Gehörorgans ist von einem einschichtigen Epithel bekleidet. An
den meisten Stellen ist dieses ein polygonales, ziemlich plattes Pflasterepithel, dessen Zellen an verschiedenen Orten
eine etwas wechselnde Grösse darbieten. Gross sind die Zellen an der lateralen Wandung des Sacculus, wo sie
gerade an der Uebergangsfalte zur medialen Wand sogleich in kleine Zellen übergehen; ferner in den Bogengängen,
wo sie sich nur an der Raphe-Linie, an der inneren-unteren Seite, in ein sehr kleinzelliges und kleinkerniges, aber
etwas höheres Epithel allmählig umwandeln (Taf. XXXV Fig. 9 re); ferner auch an den Wänden der Ampullen, wo
es ebenfalls theils am Dach in ein kleinzelliges, etwas höheres Raphe-Epithel (Taf. XXXV Fig. 0), theils an der
Umgebung der beiden Cristaenden in ein immer kleineres und höheres Epithel übergeht. Auch im Utriculus und
Sinus superior kommt ziemlich grosses Plattenepithel vor; ein kleineres Platten epithel ist, ausser den schon erwähnten
Stellen, am Boden der Ampullen, im Eecessus utriculi und in der nächsten Umgebung aller Nervenendstellen (auch
an den Seitenflächen der Septa der Ampullen) vorhanden, wo es zugleich immer höher wird, je näher es sich denselben
befindet, so dass es sich in ein wahres Cylinderepithel verwandelt. In der Umgebung der grösseren Nervenendstellen,
Macula rec. utriculi, Macula sacculi und Papilla lagenae fand ich dann noch, wie bei anderen Thieren zwischen
den eben beschriebenen Zellen, wie es scheint, bisher übersehene, schmalere, verzweigte, gelbglänzende Zellen mit
sehr kleinem, spindelförmigem Kern einzeln oder reihenweise eingestreut (Taf. XXXV Fig. 25 pe)- diese Zellen
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