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sehen. Die Schnecke stellt als kleiner, cylindrischer Zapfen einen Appendix des colossal entwickelten Sacculus dar.
Das Ende derselben ist nach innen hin gerichtet. Die Schnecke besteht aus der eigentlichen Cochlea und aus der
Lagena. Erstere besteht aus zwei Knorpeln, einem inneren-vorderen (Nervenknorpel) und einem hinteren-äusseren,
der dem dreieckigen der Yögel oder dem Ligamentum spirale der Säuger entspricht, ferner aus einer äusseren durch
die Membrana Eeissneri gebildeten und dem Vorhofsfenster zugekehrten Wand und aus einer inneren, etwas nach
hinten sehenden, die dem Schneckenfenster zugekehrt wie bei den höheren Wirbelthieren durch die Membrana basi-
laris gebildet wird. Der von diesen Theilen umschlossene Eaum ist, wie erwähnt, die Scala cochlearis oder media,
die in der Lagena allseitig von Knorpel umschlossen ist. Eine Vorhofs- und Paukentreppe ist vorhanden; erstere
ist der nach aussen von der Membrana Eeissneri gelegene untere Theil des inneren, perilymphatischen Eaumes, der
nach aussen von dem Sacculus sich befindet, letztere durch den Eecessus des am Foramen rotnndum endenden Cana-
lis lymphaticus repräsentirt. Die beiden Schneckenknorpel, an ihrem Ursprünge bogenförmig mit einander vereinigt,
sitzen der hinteren Wand des Sacks unmittelbar an und vereinigen sich an der Spitze sowohl innen wie aussen zu
der Lagena, während die zwischen ihnen befindliche Spalte durch die Membrana basilaris geschlossen wird und der
Zusammenhang der Knorpel nach aussen sich durch Hülfe der Membrana Eeissneri herstellt. Einen Theil der
vereinigten Knorpel am Beginn der Schnecke könnte man als Canalis reuniens bezeichnen. Der hintere Knorpel
beginnt stark verbreitert und ist von der pigmentirten Schale durch eine Leiste abgesetzt; an der nach vorn-innen
hin abfallenden Fläche bemerkt man eine von oben her kommende Leiste, welche die untere Grenze der dreiseitigen
Einziehung des Canalis reuniens bildet. Der freie Theil des hinteren Knorpels ist unregelmässig vierseitig mit
einer vorderen, einer äusseren, einer hinteren und einer inneren Fläche; die vordere hilft die Scala media bilden
und stösst in einer scharfen Leiste mit der unteren zusammen, die den Eaum der Scala tympani, des Eecessus
canalis lymphaticus, begrenzen hilft, während sie oben mehr abgerundet, unten schärfer vorspringend in die äussere
übergeht. Die innere Fläche ist namentlich im Anfange der Schnecke durch eine starke, gegen die Lagena hin
sich verflachende Erhebung in zwei Flächen getheilt, von denen die eine nach innen-hinten sehend mit der hinteren
in der bindegewebigen Hülle einbezogen ist, die andere nach vorn-innen gekehrt die Scala tympani begrenzen hilft.
Der vordere oder Nervenknorpel ist durch eine tiefe Incisur vom Eecessus sacculi abgetrennt und mit seinem An-
fangstheil etwas nach vorn hin gegen den Sack hin umgebogen, im Uebrigen aber dem hinteren Knorpel parallel,
senkrecht gestellt; er hat eine sehr unregelmässige, viereckige Gestalt mit einer hinteren, äusseren, vorderen und
inneren Fläche; erstere geht mit scharfer Leiste, an die sich die Membrana basilaris anheftet, in die innere über
und fällt tief ausgehöhlt steil gegen die Membran ab; der Theil der Aushöhlung oberhalb deren Ansatzleiste ist
das Homologon des Sulcus spiralis; die vordere tief ausgehöhlte Fläche bildet die Wand des Canalis lymphaticus,
während die innere Fläche die Scala tympani begrenzt. Die Schneckenknorpel bestehen aus Spindelknorpel ohne
Faserung mit feinem cuticularem Basalsaum und sind von Gefässen durchzogen. An der Aussenseite sind die Knorpel
zerklüftet und hier haftet die Bindegewebshülle an. Die äussere Wand des Schneckenrohrs, die Membrana
Eeissneri, ist eine Fortsetzung der Dachmembran des Sacks und straff zwischen den Knorpeln ausgespannt und von
Grefässen übersponnen; sie zeigt keine Falten, besteht aus homogenem, leicht streifigem Bindegewebe und ist von
einem schönen Cylinderepithel bekleidet. Die Membrana basilaris ist oben breit abgerundet, gewinnt in der Mitte
den grössten Breitendurchmesser und endet zugespitzt an dem oberen Eande der Innenwand der Lagena; sie ist
vollkommen durchsichtig und dünn, an dem hinteren Knorpel etwas dicker, dagegen an der Nervenknorpelleiste
ausserordentlich zart; hier ist sie schräge gestreift; diese Streifung geht aber am Nervenknorpel in eine der Längs-
axe der Schnecke parallele Streif ung über. Die Streifen sind der Ausdruck von hellen Fasern, die durch eine Kittsubstanz
verbunden die Membran constituiren; über der ganzen Paukentreppenfläche sind zerstreute rundliche Zellgebilde
vorhanden. Die Bündel des Schneckennerven treten gesondert durch die Knorpelleiste, und dadurch bekommt
diese ein gezacktes Aussehen; sie zeigen in der Scala tympani ein Granglion cochleare von bipolaren Nervenzellen
. Dort, wo die Nerven durchbrechen, verlaufen drei feine Gefässe (Vasa spiralia) der Längsaxe der Schnecke
parallel. Von der Epithelbekleidung des Binnenraums der Schnecke befindet sich auf dem hinteren Knorpel ein
einfaches Cylinderepithel, welches sich auf die hinteren Zweidrittel der Membrana basilaris fortsetzt, den Stützzellen
derselben Membran homolog; am Nervenknorpel werden die Zellen niedriger, allein etwa in der Mitte der Höhe
derselben nehmen sie an Höhe zu und werden heller und dicker, den Zahnzellen des Nervenknorpels der höheren
Thiere entsprechend; diese Zahnzellen ziehen sich etwa bis zu einem Drittel der Höhe der Wand oberhalb der
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