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Sacculus und der Schnecke und im Ductus und Saccus endolymphaticus im Allgemeinen aus einem polygonalen
Pflasterepithel. An gewissen Stellen ändert sich aber dasselbe; so in der Raphe der drei Bogengänge (Fig. 9 re)
und der Ampullen, wo es, wie gewöhnlich, zu einem schmalen Cylinderepithel wird, welches von beiden Seiten her
dachziegelförmig zugedrückt liegt. In der Umgebung aller Nervenendstellen wird das Epithel höher und erhält all-
mälig den Charakter eines Cylinderepithels. An mehreren Stellen nimmt es dabei auch zwischen seine Zellen andere
Zellen auf, welche den Charakter des sogenannten »protoplasmatischen» Epithels besitzen. Nach Erhärtung in Ueber-
osmiumsäure oder Müllerscher Lösung sind die Elemente des letzteren dunkel, grobkörnig oder sogar faserig, sie
sind mehr oder weniger hoch und reichlich verzweigt (Eig. 10) mit manchen nach verschiedenen Richtungen
laufenden Eortsätzen, welche sich zwischen die Nachbarzellen, sowohl die gewöhnlichen als die protoplasmatischen
Epithelzellen, hin einkeilen. Die protoplasmatischen Zellen sind gewöhnlich zu grösseren Gruppen angesammelt, wo
sie dicht beisammen liegen; so ist — was ich gegen Kuhns Angaben hervorhebe — am Boden der Ampullen der
Fall, wo sie besonders in der vorderen Ampulle vor der Crista (Fig. 4 pe), in der hinteren Ampulle hinter der
Crista und in der vorderen und äusseren an der Stelle vorhanden sind, wo beide am vorderen-äusseren Umfang des
Eecessus utriculi zusammenmünden (Fig. 4 pe1), indem hier grosse, rundlich ovale Flecken von ihnen eingenommen
werden; ferner sind sie sparsam am Boden des Utriculus und sehr reichlich am hinteren Umfange der Pars basilaris
cochlese, nach hinten und oben von der Membrana basilaris, am Uebergange zur lateralen Wand vorhanden; am
letzteren Ort strahlen sie nach der Basilarmembran hin rippenartig beisammenliegend zwischen den gewöhnlichen
Cylinderzellen aus (Fig. 18 pe). An der eigentlichen lateralen Wand (M. Reissneri) der Pars basilaris sind mehr
nach vorn hin meist kurze Cylinderzellen vorhanden, zwischen ihnen aber liegen einzelne schmale, spindelförmige,
stark glänzende und verzweigte Zellen mit länglich ovalem Kern (Fig. 14 pe), welche offenbar zu derselben Zellengattung
gehören wie die oben beschriebenen protoplasmatischen Epithelzellen, und gewissermassen eine Art Vorposten
derselben darstellen, wie ich sie auch bei anderen Thierarten gefunden habe.
Was nun die Structur des Epithels der Nervenendstellen betrifft, so habe ich in derselben bei allen diesen
Stellen — ich habe in dieser Beziehung sowohl Emys lutraria als Testudo grseca untersucht — sehr übereinstimmende
Verhältnisse gefunden, welche denen zuerst von Hasse und dann von mir bei den verschiedenen Wirbelthier-
classen angegebenen vollständig ähnlich sind. In allen Nervenendstellen der Schildkröten erkennt man nur zwei Arten
von Zellen, welche auch hier, wie bei den Fischen und Amphibien, als Fadensellen (= die Faden- und Basalzellen
Max Schultze's, die Zahnzellen Hasse's) und Haareelim (= die Cylinderzellen Max Schultze's, die Stäbchenzellen
Hasse's, die Hörzellen u. s. w.) bezeichnet werden sollen. Die Fademellen (Fig. 15, 16 fz) sind lange, senkrecht
auf der membranösen Wand stehende, von ihrer Innenfläche bis zur Oberfläche des Epithels reichende Gebilde,
deren Körper grösstentheils sehr schmal, »fadenförmig» erscheint; am unteren Ende erweitern sie sich in der Eegel
zu einem der membranösen Wand angehefteten Fusse, der zuweilen sogar gabelig getheilt ist, und am oberen Ende
verbreitern sie sich auch meistens zu einer von der Seite mehr oder weniger dreieckig erscheinenden, abgeplatteten
Partie, welche mit quer abgestutzter Endfläche an der Oberfläche des Epithels steht; diese Zellen tragen ihren rundlich
ovalen Kern entweder im unteren Fusse neben der membranösen Wand und stellen dann die von Max Schultze
u. A. als besondere Zellengattung aufgeführten »Basalzellen» dar, oder sie führen den Kern mehr oder weniger
hoch nach oben von der membranösen Wand, jedoch nicht in der oberen Zellenhälfte; an dem Zellenkörper, der
aus hellem, feinkörnigem Protoplasma besteht, sieht man oft unebene Bänder, sogar kleine seitlich hinausragende
Zacken. An den Grenzen der Nervenendstellen gehen die Fadenzellen in das umgebende, sich allmälig senkende
Cylinderepithel über. Zwischen den Fadenzellen stehen, ziemlich regelmässig gruppirt, die Haarzellen (Fig. 15, 16
hz); diese besitzen im Allgemeinen eine mehr oder weniger schmale und ausgeprägte Flaschenform, mit dem ziemlich
grossen, rundlichen oder oval rundlichen Kern in dem kaum bis zur Mitte der Epithelhöhe hinabreichenden,
bauchig erweiterten, unteren Ende der Zelle belegen und mit dem über dem zuweilen stärker, zuweilen nur wenig
eingeschnürten Halse befindlichen, etwas scheibenförmig erweiterten, stärker glänzenden, oberen Ende an der Oberfläche
des Epithels stehend; das Protoplasma der .Haarzellen ist, frisch untersucht, ziemlich hell glänzend und nach der
Erhärtung tritt in demselben noch mehr eine starke, grobe, dunkle Körnelung hervor, in welcher einzelne Körner
besonders gross erscheinen. Von der Mitte der saumartig glänzenden oberen Fläche der Haarzellen erhebt sich,
wie gewöhnlich, mit breiterer, oft ein wenig abgeplatteter Basis und nach oben davon stark zugespitzt das glänzende
, steife, längsgestreifte und aus mehreren parallelen Fibrillen zusammengesetzte Haar (Fig. 15, 16 hh), welches
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