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Am hinteren-oberen Umfang öffnet sich der Sacculus mit grosser, länglich-ovaler Oeffnung (Fig. 2 esc), Canalis
reuniens, in den Cochlearraum. Die Cochlea stellt gewissermassen eine vom hinteren-oberen Ende des Sacculus
nach hinten-unten gekehrte Ausstülpung dar, welche im Ganzen klein ist, eine unregelmässig dreieckige Gestalt
besitzt und das untere lang-ausgezogene und zugespitzte Ende nach unten-hinten-innen wendet. Die Cochlea besteht
aus dem oberen Theil, Pars basilaris, und dem unteren Theil, Lagena; beide gehen unmittelbar in einander
über; die Pars basilaris enthält, in ihre mediale Wand eingefügt, die dünne, länglich ovale Membrana basilaris mit
der sehr länglich-ovalen Papilla acustica basilaris (Fig. 1, 2 ppb) an dem vorderen Theil (Drittel) ihrer lateralen
Oberfläche. Die zugespitzte Lagena (Fig. 1,2/) hat im Granzen eine sehr dicke membranöse Wand und trägt an
der medialen Wand die ovale Papilla acustica lagenm (Fig. 1, 2 pl), in welcher der Eamulus lagense sich fächerförmig
ausbreitet.
Der Ductus perilympliaticus (Fig. 1, 2 dp) geht an der lateralen Seite des Sacculus mit ovaler Oeffnung
vom perilymphatischen Eaum aus, wendet sich dann nach hinten zur Cochlea, biegt sich, in ihre Wand eingesenkt,
um dieselbe nach unten, läuft um ihren unteren Umfang nach innen, erhebt sich dann nach oben um die mediale
Wand der Cochlea, fortwährend in einer Furche ihrer Wand liegend, biegt sich nun wieder nach hinten, erweitert
sich medialwärts von der Membrana basilaris, wo sie sich grubenförmig zu einer »Scala tympani» hineinsenkt, und
läuft dann durch das Foramen rotundum in den Eecessus scalse tympani aus, wo er sich zu einem Saccus perilympliaticus
erweitert, von dem eine Ausmündungsröhre durch den Canalis jugularis in den serösen Eaum des
Gehirns tritt.
Aus diesen Darstellungen der einzelnen Gehörorganen vier besonderer Schildkröten (Emys, Chelydra, Chelodina,
Trionyx) aus verschiedenen Abtheilungen des Systemes geht hervor, dass bei allen eine wesentliche Uebereinstim-
mung obwaltet; dies geht auch aus einer Vergleichung mit dem früher von Hasse untersuchten Gehörorgan von
Chelonia und dem von Kuhn studirten entsprechenden Organ von Testudo hervor. Alle gehören sie einem und demselben
gut charakterisirten Typus an, welcher in der allgemeinen Configuration — geringe Höhe des ganzen Organes
und vor Allem des Sinus utriculi superior, Lage und Grösse des Sacculus, Stellung der Cochlea und Grösse des
Canalis reuniens sowie auch gewissermassen die Lage der Macula neglecta dicht neben dem Canalis utriculo-saccularis
— eine gewisse Annäherung an das Gehörorgan der Amphibien (eigentlich der Urodelen oder »Posturodelen») bekundet
, obwohl sämmtliche Charaktere sonst das fragliche Organ der Eeptilien angeben.
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