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Der Utriculus (Fig. 1—3 u) stellt eine verhältnissmässig schmale, nach vorn-unten hinabsteigende, cylindrische
Eöhre dar, welche sich vorn zum Eecessus utriculi erweitert, hinten dagegen unter rechtem oder sogar etwas
spitzem Winkel zum Sinus posterior umbiegt und nach oben hin, nachdem er an der lateralen Seite das hintere Ende
des äusseren Bogengangs empfangen hat, den Sinus superior entsendet. Der Sinus posterior (sp) ist etwas weiter
als der eigentliche Utriculus und senkt sich etwas steiler als dieser ein wenig gebogen nach unten-hinten, um in
die hintere Ampulle überzugehen und ihre »Verbindungsröhre» darzustellen. Der Sinus superior (ss) oder die Bo-
gengangscommissur läuft vom hinteren-oberen Ende des Utriculus, wo dieser sich in den Sinus posterior umbiegt, nach
oben und etwas nach hinten als hohe und schmale Eöhre, welche sich oben zugleich etwas nach aussen biegt und
zuerst das erweiterte obere Ende des hinteren Bogengangs von aussen-hinten aufnimmt, um dann den von oben-vorn-
aussen kommenden vorderen Bogengang zu empfangen. Am hinteren Ende des eigentlichen Utriculus, wo dieser in
den Sinus superior und Sinus posterior ausläuft, senkt sich, wie erwähnt, an der lateralen Seite das erweiterte Ende
des äusseren Bogengangs in der Weise hinein, dass er sich gewissermassen direct in den Utriculus fortsetzt; an dem
unteren Eande der Einmündungsstelle bildet er mit dem Sinus superior eine scharfe Falte, welche von oben her
die Oeffnung begrenzt, die, eine Art Apertura utriculi darstellend, vom Utriculus proprius zum Sinus posterior und
Sinus superior führt.
Nach vorn-unten hin biegt sich der Utriculus etwas nach aussen und erweitert sich allmälig zum Recessus
utriculi (rec), welcher als ziemlich breite, von oben her abgeplattete, rundliche Blase stark nach aussen gerichtet
ist und am Boden die dreieckig-ovale Macula acustica rec. utriculi (mu) mit der ebenso gestalteten dünnen Otolithen-
scheibe enthält; vorn-aussen-oben empfängt der Eecessus die vordere und die äussere Ampulle mit gemeinsamer
Mündung, unter welcher eine begrenzende horizontale Falte in den Eecessus hineinragt.
Die vordere Ampulle, Ampulla anterior (ad), ist, wie die übrigen beiden Ampullen, klein; sie ist nach vorn-
unten-aussen gerichtet, von ovaler, gedrungener Gestalt mit hohem, nach vorn-aussen-oben gerichtetem Dach und unten
in entgegengesetzter Eichtung sehendem Boden, dessen queres Septum ein sehr stark entwickeltes Septum cruciatum
darstellt; die Crista acustica steigt abgerundet an den Seitenwänden empor und ist mit Plana semilunata versehen.
Vom vorderen Ende der Ampulle setzt sich der besonders lange, schmale, vordere Bogengang, Canalis m. anterior
(ca), zuerst nach vorn-unten-aussen fort, um sich bald in starkem Bogen nach vorn-oben zu kehren, dann in langer,
schöner Biegung nach oben-hinten-innen zu ziehen und zuletzt, sich nach unten senkend und erweitert, in das obere
Ende des Sinus superior einzumünden.
Die äussere Ampulle, Ampulla externa (ae), welche vorn an der hinteren Abtheilung der äusseren Seitenwand
der vorderen Ampulle mündet, geht von da nach aussen-hinten, hat ungefähr die Grösse der vorderen Ampulle und
eine ziemlich gedrungen ovale Gestalt, kehrt das Dach nach oben-hinten-innen und besitzt ein eigenthümliches Septum
transversum, indem dasselbe zwar nicht gekreuzt ist, aber gegen das innere Ende hin sich verbreitert und sowohl
vorn wie hinten flügelartig am Boden ausläuft, je eine kleine Tasche bildend; es erinnert diese Anordnung sehr an
das entsprechende Verhalten bei Lacerta. Die Crista acustica steigt nur an der äusseren Wand empor und ist
nur da mit Planum semilunatum versehen. Vom hinteren Ende der Ampulle geht der lange, schmale äussere Bogengang
, Canalis m. externus (ce), aus und kehrt zuerst nach aussen-hinten, dann mehr gerade nach hinten, um
weiter in stärkerer Biegung nach innen-oben und vorn zu laufen und erweitert in den Utriculus zu münden.
Die hintere Ampulle, Ampulla posterior (ap), setzt sich vom Sinus posterior mit weiter Oeffnung nach hinten-
unten-aussen fort, hat ungefähr die Grösse und Gestalt der vorderen Ampulle mit einem ebenfalls stark entwickelten
Septum cruciatum und einer gleichartigen Crista acustica. Vom hinteren Ende der Ampulle läuft der hintere Bogengang
, Canalis m. posterior (cp), zuerst nach hinten-unten-aussen, dann nach hinten-oben-aussen und endlich nach
oben-innen-vorn, um, einen spitzen Winkel mit dem vorderen Bogengang bildend, erweitert in den Sinus superior
einzumünden.
Am Boden des Utriculus, oder richtiger am Boden des Anfangs des Sinus utriculi posterior, ist die kleine
ovale Macula acustica neglecta (mn) belegen, in welcher der von unten-hinten kommende Ramulus neglectus (rn)
endigt. Nach vorn und aussen von ihr, ein wenig nach unten von der Einmündungssteile des äusseren Bogengangs
und gleich nach hinten von der Falte der sogen. Apertura utriculi, also gerade nach der Umbiegung des
Utriculus zum Sinus utriculi posterior, liegt die für ein Eeptilienohr ungewöhnlich grosse, ovale Oeffnung (cus) des
Canalis utriculo-saccularis, welcher als kurzer Kanal nach aussen zum Sacculus führt.
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