http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1884-2/0120
108
Lagena umbiegt; die Fortsetzung dieser Haut von der Lagena über die Membranse vasculosse, obwohl wahrscheinlich,
liess sich nicht darlegen, weil sie so ausserordentlich dünn ist. Die Lagenahaut ist dünner als bei den Vögeln
und zeigt dieselbe Nervenverzweigung wie bei ihnen. Die Membrana oder Lamina spiralis, welche die Knorpel
vereinigt, ist besonders schön beim Krokodile; an ihr vertheilt sich der Nerv in zahllose, feinste Fasern; dieser,
Nervus cochlearis, läuft, den Knorpeln parallel, bis zur grössten Biegung des hinteren Knorpels hinab und schwillt
hier zu einem Bulbus an, wobei er einen Zweig zur Lagena und einen anderen recht grossen, Eamus vestibularis
nervi cochlearis, durch die Scala interna zum Saccus abgiebt. Die Membranse vasculosse entsprechen denen der Vögel,
obwohl Blutgefässe an jenen nicht so deutlich wahrgenommen wurden; beim Krokodil sind zwei solche gefaltete,
unter sich verschieden grosse, entgegengesetzte und an der konvexen Seite der Knorpel belegene Membranen vorhanden
; die grössere und breitere Membran stammt von dem vorderen Knorpel her; diese Membran oder »Velum»
bedeckt die Lamina spiralis mit den Nervenfasern. Vom anderen Knorpel geht eine ähnliche zweite, viel schmalere
Membran aus. Zwischen beiden Membranen befindet sich ein leerer und enger Zwischenraum.
In den Ampullen des Krokodiles stellt nach Steifensand 1 das in die Ampullenhöhle stark hereinragende
Septum ein complicirteres Gebilde dar als bei den Schildkröten, jedoch nur das der vorderen und hinteren Ampulle
, während das der äusseren, wie bei der Schildkröte, sehr einfach ist. Bei jenen ist nämlich ein »Septum
cruciforme» vorhanden, indem, ausser der warzenförmigen Erhöhung an der Mitte, zur Seite derselben zwei mit breiter
Basis aufsitzende, kegelförmige Fortsätze (Processus laterales septi) in der Längsrichtung der Ampulle abgehen.
Die das eigentliche Septum bildenden beiden Quertheile, welche in die Plana semilunata übergehen, zeichnen sich
von jenen durch ihre von den Nervenfäden herrührende weisse Farbe aus, während der mittlere Theil und jene
Fortsätze, welche keine Nervenfäden zu enthalten scheinen, mehr durchscheinend sind. Die Plana semilunata erscheinen
ausgedehnter als bei der Schildkröte. Das einfache Septum der äusseren Ampulle ragt weniger stark in
die Höhle herein und stellt, wie bei der Schildkröte, nur eine vergrösserte Seitenhälfte des blossen transversalen
Theiles des Septum der beiden anderen Ampullen dar, indem sie auch nur einen Nervenast erhält, welcher an der
der vorderen Ampulle zugekehrten Seite in die Querfurche eintritt.
Vom membranösen Gehörorgan des Crocodilus acutus hat Ibsen 2 gute Abbildungen in dreimaliger Vergrösse-
rung gegeben und daran in der Tafelbeschreibung folgende Theile unterschieden: Saccus lapilli (Sacculus spät.
Anat.) otolithum lenticularem continens et infima parte in cochleam avium progressus; Sacculus lapilli (Lagena);
Saccus vestibuli (Utriculus spät. Anat.); Ductus semicircularis anterior, externus et posterior; Utriculus (Eecessus
spät. Anat.) nervis carens; Canalis membranaceus a sacco lapilli in aquseductum vestibuli ducens (Ductus endolymphaticus
spät. Anat.); Saccus caecus fenestram Cochleae claudens (Saccus perilymphaticus spät. Anat.); Membrana
vasculosa scalse vestibuli, durch die Fortsetzung der Wand des Saccus lapilli gebildet.
Owen3 gab eine ausführliche Darstellung von der Tuba Eustachii der Krokodile und wies dadurch auf ihre
complexe Natur hin. Von jeder Paukenhöhle setzen sich nach ihm zwei Kanäle nach unten hin fort, einer von
dem vorderen Theil, der andere vom Boden dieser Höhle. Der vordere Kanal geht nach unten und innen, erweitert
sich und zieht sich wieder zusammen, noch ehe er sich mit dem entsprechenden der anderen Seite vereinigt hat, um
einen medianen Kanal zu bilden, welcher vom Basisphenoidale zu dem Punkt oder der breiten Sutur zwischen diesem
Knochen und dem Basioccipitale verläuft, wo er, an dieser Sutur entlang zum medianen Foramen hinabsteigend,
in den einfachen Kanal endigt. Die Oeffnung am Boden der Paukenhöhle führt zu einem kurzen Kanal, welcher
sich gegen den entsprechenden der anderen Paukenhöhle biegt, zuerst aber zu einem rhomboiden Sinus anschwellt,
und dann sich theilt; ein Zweig steigt fast vertical hinab und endet mit einem kleinen Loche in der knöchernen
Furche oder dem Kanäle, welcher zur centralen Oeffnung oder Grube führt; der andere Zweig setzt den Weg nach
innen und unten fort, bis er seinen Cameraden an der Mittellinie des Basioccipitale trifft, und bildet er dann die
hintere primäre Theilung des gemeinsamen medianen Kanales: dieser vereinigt sich bald mit dem vorderen, um
den gemeinsamen Kanal zu bilden, welcher dann hinabsteigt und etwas erweitert an der Oeffnung in der Mitte der
Grube zwischen dem Basioccipitale und Basisphenoidale endigt; diese Grube empfängt auch die Furchen, welche
die membranösen Kanäle aus den lateralen Fissuren beherbergen. Schliesslich endigen die drei Knochenkanäle
1 Karl Steifexsand, Untersuchungen über die Ampullen des Gehörorganes. Archiv für Anatomie, Physiologie und wissensch. Medicin, Jahrg. 1835.
2 I. Ibsen, Atlas anatomicus auris interna?, 1846.
3 R. Owen, On the Communications between the Cavity of the Tympanum and the Palate in the Crokodilia (Gavials, Alligators and Crocodiles).
Philosophical Transactions of the Royal Society, 1850.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1884-2/0120