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9 rechts), so dass sie gewissermassen als nach der Seite hin gefallene oder gebogene Haarzellen erscheinen. Sie
liegen dabei in der Weise gruppirt, dass das den Kern enthaltende Zellenende nach dem Sulcus spiralis internus,
das haartragende Ende nach dem Sulcus spiralis externus hin gekehrt ist. Auf dem Querschnitt sieht man nun, wie
diese eigenthümlichen, kurzen, gewissermassen verkümmerten Haarzellen neben einander in vielen Eeihen bis zur Nähe
des vorderen Eandes der Papille liegen, wo dieselbe nach dem Sulcus spiralis externus abfällt. Schon an den Querschnitten
lässt sich ihre Anzahl der Quere nach so ziemlich berechnen; am oberen Ende der Papille rechnet man dieselben
zu 8—10 der Quere nach gruppirten Reihen; an der Mitte der Papille und nach unten davon bis gegen
die Nähe ihres unteren Endes trifft man die doppelte Zahl, also ungefähr 20 solche Zellen an jedem Querschnitt.
Wenn man dann wieder die Oberflächenansieht der Papille betrachtet (Taf. XIII Fig. 5, 6), so erkennt man, besonders
gut an Osmiumpräparaten, nach vorn von den Eeihen der rundlichen oberen Enden der langen geraden Haarzellen,
welche an diesen Präparaten recht dunkel erscheinen, eine schöne Zeichnung ziemlich regelmässiger, fünf- oder sechseckiger
, gewöhnlich etwas der Quere nach ausgezogener Felder von 0,015—0,018 Mm. Längendurchmesser. Jedes
Feld enthält nach dem Sulcus spiralis internus hin einen rundlichen Kern, und am entgegengesetzten Ende desselben
lässt sich bei genauer Einstellung ausser den groben Körnern im Protoplasma der rundliche Querschnitt eines
Haares erkennen; jedes Feld entspricht also einer der kurzen Haarzellen. Bei der Eechnung der Felder der Quere
nach stimmt die Zahl derselben in der That mit der bei den Querschnitten der Papille gefundenen überein; also am
oberen Theil der Papille 8-—10—12 (Taf. XIII Fig. 5, 6), an der Mitte und am unteren Theil gegen 20. Bei
der Osmiumerhärtung erkennt man nun weiter, dass die Grenzlinien der Felder als ein feines, scharf markirtes
und hervortretendes, gelblich glänzendes Gitterwerk erscheinen (Fig. 5), in dessen Maschen die kurzen Haarzellen
eingebettet liegen. An Eissstellen der Präparate sieht man sogar (Fig. 5 oben und unten) Bruchstücke dieses Gitterwerkes
, aus dessen Maschen die Haarzellen ausgefallen sind, frei hervorragen. Das fragliche Gitterwerk kann sich
also von den Haarzellen abtrennen und mag entweder als ein von ihnen selbst gebildeter »cuticularer» Eand-
saum oder als ein zwischen ihnen sogar von anderen Elementen geliefertes Netzwerk angesehen werden. Jedenfalls
scheint mir dasselbe als das erste Homologon der Lamina reticularis zu betrachten zu sein. Nach den Seiten
hin hört es schnell auf, neben den langen Haarzellen sieht man die letzten Maschen des Gitterwerkes gewöhnlich
nur unvollständig, indem die hintere Hälfte derselben zwischen diesen Haarzellen nicht ausgebildet ist (Fig. 5).
Indessen mag hervorgehoben werden, dass dieses Gitterwerk besonders an Osmiumpräparaten schön hervortritt; an
Präparaten, welche mit Müllerscher Lösung behandelt worden sind, sieht man es weniger deutlich markirt.
Was findet man aber dann unter allen diesen Haarzellen? An senkrechten Querschnitten der Papille (Taf.
XIV Fig. 8) sieht man unter denselben eine schiefe Streifung, welche von vorn-unten nach hinten-oben verläuft
und langen, schmalen, parallel angeordneten Fäden entspricht; diese Fäden sind körnig und oft mit unebenen, etwas
fetzigen Eändern versehen; sie liegen nicht ganz dicht an einander gedrängt, sondern lassen schmale Spaltenräume
offen; jeder Faden springt von einem etwas breiteren, dreieckigen, der Membrana basilaris angehefteten Fusse aus,
in welchem ein rundlicher Kern liegt. Wir haben hier also offenbar mit der den übrigen Nervenendstellen zukommenden
zweiten Zellenart, den Fadenzellen, zu thun. Sie stehen hier mit ihrem kernführenden, unteren, basalen
Ende an der Basilarmembran und ragen schief nach oben gegen die Oberfläche des Epithels hin. Ihre obere
Endigung ist indessen schwer zu ermitteln; man kann sie ohne Schwierigkeit bis dicht unter die Haarzellen verfolgen
; dass sie hier endigen, ohne die Oberfläche zu erreichen, steht zu den Verhältnissen bei den anderen Nervenendstellen
im Widerspruch; es ist deswegen nicht unwahrscheinlich, obwohl ich es nicht darlegen kann, dass
gerade das oben beschriebene Gitterwerk von den vereinigten und modificirten oberen Enden der Fadenzellen gebildet
wird. Alle diese Fadenzellen tragen, wie erwähnt, ihre Kerne neben der Basilarmembran, nicht höher oben;
man findet deswegen hier eine zusammenhängende Kernzone; diese Kernzone erstreckt sich nun auch unter die
hohen Haarzellen, ist aber weniger zusammenhängend; hier sind nämlich spärlichere Fadenzellen von übrigens derselben
Beschaffenheit vorhanden, nur steigen sie mehr gerade nach oben hin zwischen die Haarzellen empor, um
aller Wahrscheinlichkeit nach die Oberfläche zu erreichen. Von wirklichen Cortisonen Bögen oder nur wirklichen
Entwicklungsstufen derselben habe ich nichts gefunden; offenbar sind solche Bögen nicht vorhanden.
Wie verhalten sich aber die Nerven? Wie oben erwähnt wurde, steigen die verschiedenen markhaltigen
Nervenfaserbündel vom Ganglion schief durch den hinteren Schenkel des Eahmens hindurch und erreichen die der
Crista spiralis entsprechende Ecke desselben. Hier geben sie die Myelinscheide ab und treten als blasse Fasern
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