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mit rundlichem Kern und dürfen als ein gewöhnliches Epithel nicht bezeichnet werden. Die centralen Zellen sind
gleichmässig körnig, aber nicht pigmentirt, hängen sehr fest aneinander, haben rundlichen Kern und ähneln den
Zellen der Stria vascularis der Säugethierschnecke. Die Grefässe gehören fast ausschliesslich den Capillaren an und
bilden ein sehr engmaschiges Netz. Deiters entdeckte ferner eine in der Höhe der Zähne quer durch den Raum der
Scala vestibuli ausgespannte, an den beiden Seiten befestigte, structurlose, mit Oeffnungen versehene Membran, die er
Lamina fenestrata benannte; sie bildet nicht etwa eine einfache, durchlöcherte Lage, sondern erreicht durch mehrere
über einander liegende, aber eng mit einander verbundene Schichten, besonders an gewissen Stellen, eine nicht unbedeutende
Mächtigkeit; die Oeffnungen der einzelnen über einander liegenden Lagen fallen nur zum Theil zusammen
, dann kurze Kanäle bildend. Wohin die Membran histologisch zu führen ist, ist zweifelhaft, indess steht sie
beiderseitig mit Theilen in Zusammenhang, die der Bindesubstanzgruppe angehören; ihre Substanz ist sehr vergänglich
, schon durch Wasser, noch mehr aber durch verdünnte Alkalien und Mineralsäuren, auch durch Essigsäure, wird
sie rasch zerstört. Sie geht theils von den Zähnen selbst, theils von dem die Zwischenräume zwischen zwei Zähnen
begrenzenden Gewebe des Tegmentum vasculosum aus, spannt sich frei zur entgegengesetzten Seite über und scheint
hier an dem, Knorpel und Tegmentum verbindenden Bindegewebe befestigt zu sein. In der Breite kann man drei
Zonen der Membran, den Anfangstheil, die mittlere Kante und den ganz freien Theil, unterscheiden. Der Anfangs-
theil, dem oberen Schenkel zunächst, beginnt mit einer Reihe grosser, spitzer Zacken, welche an Zahl den Zähnen
entsprechen und in deren Zwischenräume passen; von ihrer Ursprungsstelle an bis dahin, wo die letzten cylindrischen
Körper ihren Ansatz haben, verdickt sich die Membran stetig und ist an dieser Ansatzstelle, der vorspringenden
Kante, am dicksten; die ganze Fläche von dem Anfangsbogen bis zu der mittleren Kante dient den cylindrischen
Körpern zum Ansatz. Von der Kante bis nach aussen wird die Membran wieder dünner, Zuletzt nur aus wenigen
dünnen Lagen über einander zusammengesetzt. Diese drei Regionen der Lamina fenestrata sind auch durch die
Anordnung und Form der Löcher charakterisirt; während die Löcher anfangs schmal, klein, länglich den Bogen
umsäumen, dann etwas gedrängter rundlicher, werden sie zuletzt wieder gross, länglich-rund und regelmässig angeordnet
. Die Lamina fenestrata setzt sich auch in die Lagena fort, löst sich aber hier in ein feinfaseriges
Reticulum mit kleinen, engen, dichten, unregelmässigen Maschen auf, die von feinen Bälkchen umgrenzt werden.
Als die eben erwähnten »cylindrischen Körper» beschreibt Deiters Gebilde, welche »zum Theil längliche, zum
Theil etwas gebogene cylindrische, solide Stäbe, mit entweder rundlichem, oder etwas eckigem Querschnitt, manche
auch etwas abgeplattet, alle einen Kern tragend, sonst aber aller Merkmale einer Zelle entbehrend» sind. Mit ihren
oberen Enden haften sie der Lamina fenestrata, mit ihren unteren sitzen sie dem oberen Knorpelschenkel selbst
an, und zwar an der Stelle, wo die Zähne ihren Ursprung nehmen, und zum grossen Theil an den Zähnen selbst.
Man unterscheidet an ihnen eine zarte Hülle und einen Inhalt; sie werden durch Wasser, verdünnte Säuren und
Alkalien leicht zerstört. Die verschiedene Form und Anordnung derselben wird übrigens von Deiters eingehender
beschrieben. Diese Körper sind nicht als Zellen zu deuten; ihnen grenzen aber kleine, hyaline Zellen an. An den
beiden Enden der Schnecke werden die Körper niedriger und hören auf, indem sich ihnen wirkliche Epithelzellen
anschliessen. Die dünne Membran, welche zwischen den beiden Schenkeln des Knorpelrahmens ausgespannt ist,
wurde von Deiters Membrana basilaris genannt; sie bildet ein äusserst zartes, straff gespanntes, durch regelmässige,
etwas schräg gerichtete Längsstreifen charakterisirtes Häutchen, das ausser diesen Streifen keine Andeutung einer
Structur zeigt. An der vorderen Kante befestigt, bildet diese Membran die unmittelbare Fortsetzung der oberen
Fläche des oberen Knorpels und setzt sich in die gegenüberstehende Kante des unteren Knorpels in ähnlicher Weise
fort. In der Nähe der Lagena wird sie immer schmaler und ist im äussersten Theile derselben verschwunden. Die
ganze Breite der Membrana basilaris ist nicht etwa von drei Reihen (Leydig), sondern von einer dicht gedrängten
Masse zeiliger Theile bedeckt, welche übrigens nicht reihenweise angeordnet sind und aus zwei Arten von Zellen
bestehen. Die eine Art, welche Deiters die Leydig'schen Zellen nannte, erscheinen, von oben gesehen, als einfach
rundliche, durch das enge Aneinanderlegen etwas polygonale Zellen mit etwas körnigem Inhalt und mässig grossem
Kern; sie sind nicht etwa ganz rund, sondern etwas länglich, der Art, dass sie mit einer stumpfen Spitze auf der
Membrana basilaris aufsitzen und gerade nach oben gerichtet sind; der freie Theil trägt oben eine etwas breitere Fläche,
und auf dieser sitzt ein glänzender Wulst in Form eines länglichen, dem Darmepithel vergleichbaren Verdickungs-
saumes auf, welcher zuweilen eine feine, regelmässige Längsstreifung zeigt, die mitunter in eine Reihe kleiner Cilien
zerfält. Zwischen diesen Zellen, der Membran direct anliegend, fand Deiters freie Kerne, deren Zellen nicht deutlich
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