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tale Ampulle erhebt sich senkrecht aus dem Vestibulum, kehrt ihr Dach nach innen-hinten, ihren Boden nach
aussen-vorn und ist mit ihrem sehr grossen, S-förmig gekrümmten, an der Hinterseite mit dem frontalen vereinigten
Bogengang am meisten von allen aus der ursprünglichen Ebene herausgedreht, indem er mit dem der
anderen Seite stark nach hinten convergirt. Quer über den Boden der sagittalen Ampulle verläuft auch hier ein
Kamm, der mit einem entsprechenden der horizontalen Ampulle einen rechten Winkel bildet; an der Einmündungs-
stelle dieser Ampulle in den Vorhof zeigt sich die Oelfnung eines nach unten-vorn-innen gehenden Kanals für den
Nervenast der Ampulle und des Utriculus. Die hintere-obere Wand wird, wie oben erwähnt, durch die Vereinigung
der Bogengänge gebildet; an der Grenze dieser und des Vestibulum finden sich auf der Innenfläche die Mündungen
der beiden Aquseducte. Zu erwähnen ist noch, dass sich im Umfange des sagittalen Bogengangs eine tiefe Ein-
senkung der Schädelhöhle findet, in welche Hirnmasse und Grefässe hineinziehen. Endlich an der inneren Vestibular-
wand bemerkt man eine obere-vordere und eine kleine, untere-hintere Delle, erstere der Eecessus utriculi, letztere
der Eecessus sacculi; der nach hinten-unten gelegene Eecessus sacculi, dessen obere Grenze mit der unteren des
Eecessus utriculi zusammenfällt und der nach unten hin von der Leiste, die den inneren Umfang des Foramen
communicans vestibuli bildet, begrenzt wird, zeigt sich eigentlich nur als eine rundliche Einziehung im Umfange
einer kleinen Oeffnung zum Durchtritt des Eämus sacculi. Was nun die im knöchernen Labyrinth enthaltenen
Weichtheile betrifft, so berichtigt Hasse hier seine früheren Angaben vom Fehlen eines abgetrennten Sacculus und
eines Canalis reuniens. Beide Grebilde sind nämlich auch bei den Vögeln vorhanden. Der Canalis reuniens ist,
wie beim Menschen, ein ausserordentlich dünnwandiger Kanal, der von dem Umfang des Ausschnitts des Tegments
an der Apertura canalis cochlearis und der dieselbe auf der anderen Seite begrenzenden Vereinigung der Knorpel
rings seinen Ursprung nimmt und durch eine excessive plötzliche Verdünnung der Knorpel sowohl als auch des
Tegments seine zarten Wandungen erhält; eine in den perilvmphatischen Baum sich öffnende Apertura canalis
cochlearis giebt es mithin nicht. Ferner ist, wie früher Breschet gefunden, der Sacculus vom Utriculus als eigene
Bildung getrennt. Der Utriculus nimmt mit seiner Macula acustica den Eecessus utriculi, der gleiche Theil des
Sacculus den Eecessus sacculi ein. Der der inneren Vestibularwand anliegende Theil des Utriculus ist dreiseitig
gestaltet und erstreckt sich, wie der Eecessus utriculi, von der Einmündung der frontalen Ampulle bis zu der Einziehung
zwischen der horizontalen und sagittalen; der ausserordentlich dünnwandige Sack, welcher nur unter der
Macula eine grössere Stärke gewinnt, empfängt von oben-innen her die Bogengänge, von aussen-hinten die frontale
Ampulle, von vorn-innen-aussen die beiden zusammenstehenden Ampullen, während dann nach unten hin die
Gommunication mit dem Sacculus sich geltend macht. Der betreff. Ast des Acusticus theilt sich in zwei Aeste, von
denen der eine sich, über den vorderen Theil der Innenwand des Utriculus, an die Crista acustica der horizontalen
Ampulle begiebt, während der andere, fächerförmig in seine Aeste ausstrahlend, sich auf der inneren-unteren
Fläche des Utriculus verzweigt. Wo der Nerv herantritt, verdickt sich die Wand, und dieser Theil hat die Gre-
stalt einer ovalen Schale, welche mit einer kleinen bauchigen Erweiterung über den Boden der horizontalen Ampulle
nach vorne hinausragt, so dass an dieser Stelle eine ziemlich tiefe Incisur die horizontale Ampulle und den
Utriculus trennt. Die Wand des Utriculus besteht aus der von Hasse früher beschriebenen, zahlreiche Blutgefässe
führenden Spindelknorpel- oder knorpelähnlichen Bindegewebsmasse bis zu ihrer inneren Oberfläche, die von einem
niedrigen Pflasterepithel bekleidet ist; dieses Epithel wird dort, wo die Wand an der Stelle des Nervendm'chtritts
sich verdickt, etwas höher, untermischt mit den flaschenförmigen, zu Gruppen vereinigten Pigmentzellen und bekommt
in der nächsten Umgebung der Macula acustica die Natur langer Cylinderzellen. Die Form der Macula ist
ähnlich der bei den Säugern und den Menschen, jedoch etwas unregelmässiger, mit der Längsaxe von vorne nach
hinten, und etwas schalenförmig ausgehöhlt. Die die Knorpelwand durchziehenden Nervenbündelchen gehen bis
unter den Basalsaum, biegen dort zuweilen um und treten mit Verlust der Markscheide durch den Basalsaum
ohne Theilung ins Epithel hinaus. Kurz bevor die marklos gewordene Nervenfaser den Basalsaum durchbohrt, löst
sie sich in ihre Primitivfibrillen auf, und diese durchsetzen dann den Saum, um sich ins Epithel zu verlieren und
ihr Ende an oft sehr entfernten Stellen zu finden. Doppeltcontourirt sind auch die Fasern im Knorpel der Crista?
acusticse der Ampullen und der Schnecke, und erst unterhalb des Durchtritts ins Epithel werden sie zu marklosen
Fasern. Die marklosen Fasern oder die Primitivfibrillen verlaufen zwischen den Basen der Zahnzellen bis unter das
Niveau des zugespitzten Endes der Stäbchenzellen, entweder senkrecht emporsteigend oder auf weite Strecken oberhalb
des Kerns der Zahn- und unterhalb desjenigen der Stäbchenzellen verlaufend und einen intraepithelialen Plexus bildend.
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