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sie sind in der unteren Sehne ckenwindung am zahlreichsten. Dass diese Fasern zum Theil aus einer Umbiegung
der aus den Löchern der Habenula perforata hervorgetretenen Axencylinder entstehen, davon hatte sich Schültze
beim Menschen direct überzeugt. Sie erheben sich aber auch zum Theil zwischen die Faserstücke des Cortisonen
Orgänes und flechten sich zwischen diese ein; auch hier stehen sie mit kleinen Zellen in Verbindung, welche zum
Theil eine regelmässig an den einzelnen Stücken des Organes sich wiederholende Lage besitzen. Zu diesen gehören
die kleinen Zellen unter dem Anfange der inneren Faser des Organes, ferner Zellen, welche sich unter den Gre-
lenkstücken der äusseren Fasern, eingeklemmt zwischen ihnen und den accessorischen Stücken zweiter Art, befinden
. Endlich gehören hierher vielleicht diejenigen Zellen, welche von den accessorischen Stücken zweiter Art
getragen werden; sie stehen in der von Corti abgebildeten regelmässigen Folge, sind aber nicht alle von gleicher
Grestalt; die äusseren sah Schültze bei Hund und Katze constant lang gestreckt wurstförmig, andere weiter nach
aussen gelegene in ein ansehnliches, frei hervorragendes Haar verlängert. Alle diese Zellen sind sehr vergänglich;
Wasser zerstört sie schnell. Von den den Cortisonen Fasern anhängenden Zellen sind einige sicher, andere höchst
wahrscheinlich nervöser Natur; die Fasern selbst können als ein Stützapparat dieser Zellen betrachtet werden;
ihre Lage und Befestigung auf der Membrana basilaris, ihre Steifigkeit und Elasticität begünstigt aber auch offenbar
das Zustandekommen von Schwingungen derselben, welche die Perception der Schallwellen begünstigen können
. Endlich erwähnt Schültze auch auf der unteren, der Scala tympani zugewandten Seite der Membrana basilaris
vorkommende quere Faserzüge, welche er für marklose Nervenfädchen hält; wie diese hieher gelangen und
über ihr weiteres Schicksal vermochte er aber nichts zu sagen.
Kölliker1 sah im Vestibulum des Ochsen mit Sicherheit das Eindringen der Nervenenden in das Epithel
der Nervenwarzen; die wahre Endigung wurde ihm jedoch nicht klar; in diesem Epithel sah er Zellen, welche
den ScHULTZE'schen »Spindelzellen» zu entsprechen schienen; aber auch die grösseren Zellen kamen mit zwei Fortsätzen
vor, und an Elementen, die ebenfalls zu ihnen zu gehören schienen, zeigte sich der innere Fortsatz varicös,
weshalb vielleicht auch von den grösseren zelligen Gebilden gewisse mit den Nerven in Verbindung stehen;
jedenfalls enthält auch beim Ochsen das Epithel der Nervenregionen des Vestibulum zweierlei Elemente, und die
Nerven dringen in dasselbe ein; ja selbst haarartige Gebilde scheinen hier vorzukommen; in einem Falle sah er in
den Ampullen und Säckchen das fragliche Epithel wie mit steifen, dickeren, kegelförmigen Borsten (wahrscheinlich
Büschel von Härchen) regelmässig besetzt. ■— In der Schnecke findet sich zwischen den zwei Treppen ein mittlerer
enger Raum, Scala media Köll., welcher von der Membrana basilaris und Membrana Cortii begrenzt wird.
Das Periost der Schnecke ist von einem Epithel bekleidet, welches sich auch auf die die Treppen begrenzenden
Theile der Membr. basilaris und Cortii fortsetzt. Die Verbindung der Nervenfasern mit den Cortisonen Fasern
ist Kölliker nunmehr zweifelhaft geworden; die inneren Fasern beginnen mit einer kernhaltigen Anschwellung
in der Gregend der Löcher der Habenula perforata, steigen sanft an und hängen mit den äusseren zusammen,
welche sich wieder zur Membr. basilaris senken und mit einer kernhaltigen Anschwellung an diese sich lose ansetzen
, ohne mit ihr zu verschmelzen. Nun beschreibt Kölliker genauer die von ihm entdeckte und benannte »La-
mina reticularis Cochlea?» als aus mehreren Eeihen kleiner Stücke zusammengesetzt; es sind 1) eine helle Platte,
welche mit den inneren Cortisonen Fasern innig zusammenzuhängen scheint und mit Abtheilungen, deren Zahl derjenigen
der inneren Fasern entspricht; 2) eine netzförmige Lamelle im engern Sinne bestehend a) aus längeren geraden,
leicht angeschwollen endenden Stäben, welche ebenfalls von der Verbindungsstelle der beiderlei Cortisonen Fasern
ausgehen; b) aus kleineren sanduhrähnlichen Stücken, den »inneren Zwischengliedern»; c) aus mehr kegelförmig
gestalteten »äusseren Zwischengliedern» zwischen den Enden der inneren; d) aus einer Eeihe von »Endgliedern»;
zwischen diesen Stücken befinden sich drei Eeihen von Löchern (»innere, mittlere und äussere Löcher»). Die gestielten
Cortisonen Zellen sitzen in drei Eeihen alternirend, je über den Löchern der Lam. reticularis, sind birn-
förmig, feinkörnig und gehen nach innen jede in einen feinen fadenförmigen Fortsatz aus. Die Cortisone Membran
besteht aus einer besondern streifigen Lamelle, einem Epithel und einer zarten Bindegewebslage; die gestreifte
Lamelle scheint Bindegewebe zu sein, hat einen dünneren und einen dickeren Theil; der dünnere Theil ist in
der Quere faserig, und der dickere Theil parallel der Längsaxe der Schnecke; das abgerundete Ende zeigt oft wie
einen Kanal, in dem einige Mal ein Blutgefäss vorhanden zu sein schien. Die Scala media ist sicherlich nicht
von Zellen erfüllt, sondern enthält Flüssigkeit und im Sulcus spiralis und in der Zona pectinata von dem Ansatz
1 A. Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Dritte Auflage. Leipzig 1859.
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