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Sie lässt sich in Fasern spalten und besteht wohl aus Eibrillen und einer Zwischensubstanz. Auf dem den Zähnen
anliegenden Theil der Membran findet man netzförmige Auflagerungen. Corti's Eintheilung der Membran in
vier Zonen kann man, obschon sie vorhanden ist, nach Hensen, als auf nebensächlichen Verhältnissen begründet,
fallen lassen. Der auf den Zähnen liegende Theil ist relativ ein sehr dünner. Nicht nur bei den verschiedenen
Thieren ist die Dicke der Membran je nach der Höhe der Zähne und der Papille oder des Sulcusepithels verschieden
, sondern auch in derselben Schnecke je nach den verschiedenen Orten. Am Hamulus und der Eadix
endet die Membran etwas zugespitzt und ausgezackt, dem Ende der Zähne und der Papille entsprechend. Die
Breite der Membran wächst nach dem Hamulus zu; die centrale Kante liegt an der Ursprungslinie der Membrana
Eeissneri, nur beim Schwein erstreckt sie sich noch etwa eine Zellenbreite an jenem Häutchen in die Höhe. Betreffs
der äusseren Grenze ergaben die Masse vom erwachsenen Menschen stets, dass die Haut nur genau bis zur
äusseren Cortischen Zelle (inclusive) geht. Jedenfalls ist es sicher, dass die Membrana Corti, von den Zähnen auf
der unteren Wand des Sulcus fixirt, nach aussen frei auf den Stäbchen der Lamina reticularis ruht. — Was endlich
die Nerven betrifft, so meinte Hensen mehrere Male beim Kinde varicöse Easern von dem Durchtritt durch
die Löcher der Habenula perforata bis zur Deitersschen Stäbchenzelle verfolgt zu haben, aber ganz klar war das
Bild nicht. Die longitudinalen Easern isoliren sich ziemlich leicht auf längere Strecken, und dann gehen häufig
varicöse Eäserchen von ihnen ab; dass die Stämme aber selbst aus solchen bestehen, lässt sich nicht erkennen,
sondern ihr Ansehen erinnert vielmehr an die molekuläre Schicht der Betina. Die Anwesenheit von Granglienzellen
(nach Deiters) konnte Hensen nicht negiren, hielt sie aber für noch nicht genügend demonstrirt. In Betreff
der longitudinal verlaufenden Easern und der Zellen mit varicösen Ausläufern, welche auf der »Yestibularseite»
der Membr. basilaris von M. Schultze entdeckt sind, so meinte Hensen zwar mit Kölliker, dass die Varicositäten
für die nervöse Natur nicht beweisend sind; diese Zellen gehen aus dem Gallertgewebe hervor, dessen Zellen an
ihren Ausläufern häufig schöne Varicositäten zeigen; aber andererseits ist das Stratum so ausgezeichnet und die
Easern so lang, »dass man sie doch immer wieder für Nerven halten möchte». Die von Boettcher und Deiters
gesehenen, die Membran durchsetzenden Ausläufer dieser Zellen hat auch Hensen beim Pferde wahrgenommen;
man wird deshalb »nicht umhin können der ganzen Schicht eine grössere Bedeutung beizulegen». Er hat »mehrfach
Präparate gehabt, in denen varicöse Eäserchen von den Enden des Nerv. Cochleae abgingen und unter diese
längsverlaufenden Fasern sich mischten». —Hensen untersuchte früher die Schnecke frisch, später benutzte er eine
Lösung von Kali bichrom. und Natron sulphur. aa. 1 l/2 % m^ etwas Chromsäure für ihre Erhärtung. Um die
Lage der Theile zu erhalten, injicirte er ziemlich concentrirten Leim durch das Tympanum secundarium. Für die
Präparation benutzte er stets ein pankratisches Ocular; sein Querschnitter lieferte alle Durchschnitte. Die Karmin-
imbibition erwies sich oft hülfreich. Aufhellende Beagentien wendete er in der Begel nicht an; gut erhärtete
Präparate bewahrte er in der Lösung arseniger Säure von Harting auf.
Voltolini 1, welcher mit Erfolg das häutige Labyrinth herauszupräpariren suchte, gab eine Mittheilung über
die Gestalt dieses Organs beim Menschen, in welcher er, nebst einer Beschreibung der Lage der Theile des knöchernen
Labyrinthes, vor Allem folgende Eesultate hervorhob: 1) Es giebt überhaupt keinen Sacculus rotundus;
2) Es giebt keinen Sacculus communis als eine in sich abgeschlossene häutige Blase, sondern dieses Säckchen com-
municirt frei mit der Scala vestibuli der Schnecke; 3) Es giebt keine von einander geschiedene Perilymphe und
Endolymphe, sondern ein und dieselbe Flüssigkeit strömt frei durch mehrere Oeffnungen im Sacculus communis
und von hier direkt in die Schnecke; 4) Der nur allein vorhandene Sacculus communis schwimmt oder flottirt nicht
im Vorhofe in der sog. Perilymphe, sondern ist fast überall festgewachsen, nur die häutigen Kanäle schwimmen; an
den Zweigen des Gehörnerven ist das Säckchen am festesten angewachsen. Von der Scarpaschen Pyramide an der inneren
Wand des Vorhofes spannt sich in einem Bogen ein Segel, das »Velum labyrinthi», quer durch den Vorhof nach der
äusseren Wand und inserirt sich an diese; hierdurch wird der Vorhof in einen grösseren hinteren und einen kleineren
vorderen Eaum geschieden. Bei Neugeborenen sind die Verhältnisse von denen der Erwachsenen etwas verschieden.
Eüdinger2, welche die Präparationsmethode Voltolini's erfolgreich prüfte, vertheidigte entschieden die Existenz
des Sacculus (rotundus).
1 R. Voltolini, Ueber die bisher verkannte Gestalt des häutigen Labyrinthes im Ohre des Menschen. Virchow's Archiv f. path. Anat. u. Phys.
u. f. klin. Med. Bd. 28, 1863.
2 Durch Bischoff vorgelegt. Sitzungsber. d. Acad. d. Wiss. zu München. 1863, Bd. 2.
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