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ferner, dass die äussere Bogenfaser mit ihrem Fussende um so weniger nach aussen rückt, je mehr wir uns der
Basis nähern; die Strecke, welche die innere Bogenfaser zurückzulegen hat, bleibt sich anfangs gleich, nimmt aber
dann auch ab, so dass die zurückzulegende Entfernung in der Nähe des Vorhofsabschnittes für beide Boffenfasern
gleich ausfällt. Betreffs der dritten Zone der Membran hat nun Boettcher bei einem jungen Hasen gefunden,
dass (wie beim Kaninchen nach Hensen) eine durchbrochene Lamelle auf dem Eücken der Membran liest welche
für sich allein den innersten Theil der Membran bildet und als eine Membrana fenestrata erscheint, die auf der
knorpligen Spiralleiste direct aufliegt, dann aber weiter nach aussen zu sich über den gestreiften Theil der Membran
lagert und bis an den am äussern Eande der zweiten Zone befindlichen Balken heranreicht. An diesem Balken
ansitzend fand er nun wieder bei einem Präparat von der Katze eine Beihe feiner Fasern in ganz reP-elmässieen
Abständen von einander und eine ähnliche zweite Beihe etwas mehr zur untern Fläche der Membran hin. Die
Cortisone Membran ist übrigens beim Hasen viel dünner als bei der Katze und dem Hunde und erscheint erst
etwa in der Mitte zwischen dem Ursprünge der Vorhofs wand und dem freien Bande der Gehörzähne. Die Verhältnisse
beim Kaninchen und Hasen sind aber nicht auf die beim Hunde und der Katze zu übertragen; für letztere
Thiere sind von Boettcher auch auf der Oberfläche der Membran nach innen zu Fasern und eine regelmässige
Zeichnung beschrieben worden; diese Fasern entsprechen ihrer Lage nach der durchbrochenen Lamelle des Hasen;
sie sind aber nicht die dritte Zone, welche sich erst nach aussen zu an den Balken anschliesst. Die von Hensen
beschriebene Höckerlinie der Membran hält Boettcher für die Beste der Verbindung derselben mit den inneren
Hörzellen. Boettcher vertheidigt ferner seine Ansicht, dass die Membrana Corti in radiärer Eichtling gespannt
ist und weist noch darauf hin, dass zwischen ihren isolirbaren Fibrillen sich eine homogene Zwischensubstanz
befindet; die Membran ist elastisch in der auf den Faserverlauf senkrechten Sichtung und muss es noch viel mehr
in radiärer Eichtung sein. Bezüglich der Membrana basilaris betont Boettcher, dass er nach Hannover zuerst die
Fasern derselben beschrieben hat; er theüt nun auch neue Beobachtungen über ihre Structur mit; im frischen
Zustande sind sie nicht starr wie nach der Erhärtung, sondern können zuweilen wellige Contouren zeigen u. s. w.
Boettcher giebt Nuel Eecht in Betreff der Protoplasmastreifen unter dem Cortischen Bogen; die Streifung der
Membrana basilaris unter dem Bogen ist demnach nicht auf dieselben zu beziehen. Bezüglich der äusseren Wand
des Schneckenkanals betont er, dass bei verschiedenen Thieren eine ungleiche Ausbildung existirt und sogar auch
individuelle Verschiedenheiten im Bau der Stria vascularis vorhanden sind. Endlich in Betreff der Nervenfasern
hebt Boettcher hervor, dass das einzig Sichere, was bisher über die Nervenendigung in der Schnecke ermittelt
worden ist, durch Querschnitte gewonnen wurde; an ihnen sieht man die Nervenfasern zum Theil sich mit den
untern innern Hörzellen (Körnern) verbinden und in die obern übergehen, zum Theil mit der ersten Eeihe der
Cortischen Zellen verschmelzen. »Nirgendwo vielleicht ist der Beweis der Nervenendigung schärfer zu führen als
hier.» Die longitudinalen (spiralen) Nervenfasern will Boettcher nicht als solche anerkennen. »Die longitudi-
nalen Fasern werden nicht eher anerkannt werden, als sie auf dem Durchschnitt demonstrirt sein werden. Das
hat aber noch Niemand gethan, ja es hat an einem solchen sogar noch Niemand die Stelle angeben können, wo
sie liegen.» Er weist noch auf die Möglichkeit einer Verwechselung mit den an der untern Fläche der Membrana
basilaris liegenden Formelementen hin.
Hensen1 lieferte in zwei »Besprechungen» eine Kritik der eben erschienenen Abhandlungen von Gottstein,
Nüel und Boettcher; er gab darin ausserdem seine Stellung zu vielen der betreffenden Fragen an und legte neue
Beobachtungen nieder. »Ob die äussere Schicht des Ligamentum Spirale zur Schneckenwand mit Waldeyer oder
zum häutigen Canalis cochlearis zu rechnen ist, kann», sagt Hensen, »wie so manche Abgrenzungen dieser Art.,
zweifelhaft sein, immer bleibt der Kanal von einer eigenen Hülle umkleidet.» In Betreff der Endigungsweise
der Stria vascularis am Hamulus hält Hensen seine früheren Angaben fest. Das Gewebe der Crista spiralis
»steht wohl zwischen Knorpel und Bindegewebe; ich würde, wenn eine Scheidung verlangt wird, dies und die
Haut der Halbcirkelkanäle, sowie die eigentliche Substanz der Cornea eher zum Knorpel stellen». Zwischen
Bindesubstanz und Zahnsubstanz der Crista hat sich Hensen immer bemüht, eine Grenze nachzuweisen; er ist indessen
nun der Ansicht, dass die Frage vorläufig im Sinne Boettcher's erledigt sei, zu einer gänzlichen Erledigung
derselben würden Nachuntersuchungen nöthig sein; es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass Bindegewebe
1 V. HENSEN, Besprechungen, Archiv für Ohrenheilkunde. Nene Folge, Erster Band, VIII & XII. 1873. - Da diese Besprechungen wegen des
Ineinanderfügens der Ansichten und Angaben der verschiedenen Forscher sich nur schwer referiren lassen, möge man mich entschuldigen, wenn ich nicht Alles
so genau wiederzugeben vermag, wie sich wünsche.
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