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26.2
Wand aufgesetzt. Das Ende der ins Epithel eintretenden Nervenfasern ist nicht mit Sicherheit bekannt. — Das
Neuro-Epithel der Schnecke besteht, nach innen von den Pfeilern, aus körnigen, oben mit feinsten zugespitzten
Haaren besetzten inneren Haarzellen, welche in glänzende, homogene, mit dreieckiger Basis an der Membrana
basilaris angeheftete Fäden übergehen, und aus länglich spindelförmigen oder dreistrahligen »inneren Deckzellen»
(inn. unt. Deckzellen, Körnerschicht). Nach aussen von den Pfeilern findet man im Epithel die äusseren Haarzellen,
welche in vier Reihen stehen und mit den inneren Haarzellen ganz übereinstimmen; jedoch findet sich im oberen
Theil der Zelle, etwas vom Kern entfernt, ein ovaler feinkörniger, von einem glänzenden Spiralfaden umwickelter
Spiralkörper; diese Zellen setzen sich mit ihren fadenförmigen, in stumpfem Winkel gebogenen Ausläufern und
trompetenförmiger Basis an der Membrana basilaris fest, indem jede Basis mit 2—3 Fasern derselben zusammenhängt;
zwischen diesen Zellen liegen die ovalen »äusseren Deckzellen», nach der Lamina basilaris hin in eine sanft gebogene
platte feinkörnige Protoplasmamasse übergehend, während ihre oberen fadenförmigen Ausläufer sich an den Knotenpunkten
der als Cuticularbildung aufzufassenden Membrana reticularis festsetzen. Bei einer Länge des Ductus
cochlearis von 33 Mm. beträgt nach W. Krause die Anzahl der Gehörzähne etwa 2700, der Innenpfeiler 6600,
der Aussenpf eiler 4950, der inneren Haarzellen 3630, der äusseren Haarzellen 19,800.
In seiner grösseren Arbeit über die Schnecke der Säugethiere empfielt Nuel 1 die Untersuchung im frischen
Zustande in Jodserum, die Behandlung mit Ueberosmiumsäure (1 — 2 %) alleine oder nach vorheriger Behandlung
mit Goldchlorid, ferner auch mit Bichromas kalicus (1 %) oder Chromsäure (1—2 %). — Die Anzahl der Löcher
der Habenula perforata entspricht nach Nuel genau der der Grehörzähne; die Löcher entsprechen eigentlich den
interdentalen Furchen. Gegen die Schnecken spitze hin giebt es statt isolirter Löcher eine zusammenhängende
Spalte für die Nervenfasern. Die beiden Blätter der Lamina spiralis vereinigen sich von der Habenula perforata
an zu einer einzigen Lamelle, Membrana basilaris, welche sich am Lig. spirale inserirt und aus geraden, radiär
verlaufenden Fasern besteht, die durch eine feine, zarte und wenig resistente, homogene Lamelle vereinigt sind;
unter dem Cortisonen Bogen ist diese Lamelle etwas mehr entwickelt; nach dem Tode wird sie gekörnt. Die
Fasern der Membran sind elastisch und behalten trotz der Manipulationen ihre gerade Richtung; sie lassen sich
zwar biegen, falten sich aber nicht wie Stränge geringer Elasticität, sondern bilden sehr regelmässige Biegungen
und nehmen, wenn man sie los lässt, ihre ursprüngliche Richtung zurück. Wenn aber die Seitenbiegung sehr
stark wird, brechen alle Fasern in einer geraden Linie ab. Die Fasern lassen sich leicht isoliren; ihre Substanz
ist sehr lichtbrechend; in der Längsansicht erscheinen sie nur als mehr oder weniger dicke Linien und können
kaum gemessen werden; unter dem Cortisonen Bogen sind sie noch feiner als in der Zona pectinata. Die Dicke
der Membrana basilaris entspricht im natürlichen Zustande der Dicke der Fasern, wenigstens in der Zona pectinata
; die bisher gegebenen Messungen verdienen kaum Vertrauen. Die Fasern unterscheiden sich vom elastischen
Gewebe; sie lösen sich, wie die ganze Membran, sehr schnell durch Alkalien. Am Ligamentum spirale nehmen
an einer Spiralen Linie die Fasern der Membran den Charakter der Fasern desselben an — werden weniger lichtbrechend
, wellig u. s. w. — und verlieren sich unter ihnen. An der Habenula perforata verlieren sich ebenfalls
die Fasern der Membran in ihrem Gewebe, indem sie in einer weniger bestimmten Grenze den Charakter der mehr
welligen Faserung der Habenula annehmen. Unter dem Cortisonen Bogen befindet sich in der ganzen Länge des
Schneckenkanals ein Blutgefäss (venöses oder arterielles?), welches sich hier und da theilt und Zweige nach innen
sendet; nach aussen davon sind, wenigstens bei Erwachsenen keine Gefässe vorhanden. Die ganze tvmpanale
Fläche der Basilarmembran ist mit einer Schicht von Bindegewebszellen mit einer zwischenliegenden Masse von
Bindegewebsfasern bekleidet, indem das Ganze durch eine structurlose Substanz an der Membran befestigt ist. —
Die Fasern der Basilarmembran scheinen von Bindegewebe herzustammen. — Die den Cortisonen Bogen bildenden,
zu zwei Reihen angeordneten Pfeiler, besonders die äusseren, sind S-förmig gebogen; die Substanz der Pfeiler ist
ziemlich solid, stark lichtbrechend und lässt sich in eine grosse Anzahl (50—100) von Fibrillen auflösen. In
Betreff der Annahme von Elasticität bei ihnen möchte man vorsichtig sein (eine continuirliche Tension während
des Lebens ist nur hypothetisch). Ihr Aussehen verändert sich kaum nach dem Aufenthalt von einer oder zwei
Wochen in Jodserum. Die unteren Enden lösen sich sonnenfederförmig in radiäre Fäserchen auf, deren Anzahl
nicht 1.2 übersteigt; jedes derselben legt sich an eine Faser der Basilarmembran an und verstärkt sie meistentheils;
1 J.-P. Nr kl, Recherches microscopiqnes sur l'anatomie du limacou des mammiferes. Memoires couronnes et memoires des savants etrangers publies
par l'Academie Royale de Belgique. T. X.LII, 1878.
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