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dies Verhalten ist besonders für die äusseren Pfeiler sehr deutlich. Die Anzahl der Basilarfasern, welche je einem
äusseren Pfeiler entsprechen, wechselt bei verschiedenen Thierarten; beim Meerschweinchen, Kaninchen und Schafe
wurden 7—8 gezählt, bei der Katze und dem Hunde 11—12. Für die menschliche Schnecke würde die Basilar-
membran 54,000 Fasern enthalten (wenn man mit Waldeyer 4,500 äussere Pfeiler und 12 Fasern für jeden
Pfeiler annimmt). Die Vereinigung ist innig; sie lassen sich jedoch trennen. Nach aussen hin endigen die
dicht nebeneinander liegenden Insertionen der äusseren Pfeiler in einer festonirten Linie. Vom Kopfe der inneren
Pfeiler geht, ausser dem bekannten abgeplatteten äusseren Fortsatz, nach innen hin ein anderer Fortsatz aus,
welcher sich mit dem entsprechenden Fortsatz des Nachbarpfeilers vereinigt und zusammen mit dem Körper des
Gelenkendes einen vollständigen Ring bildet, welcher das obere Ende einer inneren Hörzelle empfängt und umrahmt
. Ueber den Boden des Tunnels breitet sich beim jungen Thiere von der die äusseren und inneren Kerne
umgebenden körnigen Substanz — die Eeste der die Pfeiler bildenden Embryonalzellen — je eine dünne Schicht aus,
deren Grenzen durch gerade Linien angegeben sind, wie es Nüel früher geschildert hat. Später atrophirt die
körnige Masse, es bleiben aber stets beim erwachsenen Thiere merkbare Spuren davon zurück. Die Anzahl der
inneren Pfeiler verhält sich zu der der äusseren wie 3:2. Die unter einander verbundenen äusseren Plattenfortsätze
der inneren Pfeiler und die stabförmigen Fortsätze der äusseren Pfeiler gehen vom Gipfel des Cortisonen
Bogens nach aussen hin der Basilarmembran parallel und bilden den Anfang der Membrana reticularis. Die in
den Löchern dieser Membran inserirten Cortisonen Zellen senden vom entgegengesetzten Ende einen ziemlich dicken
Fortsatz aus, welcher sich an der Basilarmembran befestigt. Die Deitersschen Zellen inseriren sich mit einer
breiten Basis auf der Basilarmembran und mit einem verschmälerten konischen Ende auf der Membrana reticularis.
Die Cortisonen Zellen verändern sich sehr schnell nach dem Tode; in Jodserum lassen sie sich jedoch studiren,
und die Ueberosmiumsäure behält sie in natürlicher Gestalt; sie sind cylindrisch, ihr Protoplasma ist sehr körnig mit
schönem nucleolirtem Kern; wie schnell man auch operirt, findet man doch stets das Protoplasma stark gekörnt. Eine
Zellenmembran fehlt vollständig, obwohl die Zellcontouren glatt und scharf erscheinen. Der vom unteren Ende
ausgehende, ziemlich solide Fortsatz befestigt sich innig auf der Basilarmembran mit einem sonnenfederförmig verbreiterten
Ende, indem sich dieses in etwa drei Fasern theilt, welche sich auf drei Fasern der Basilarmembran
inseriren. Die Cortisonen Zellen und noch mehr ihre unteren Fortsätze stehen schief auf der Membran. Die auf
der oberen Endfläche der Zellen sitzenden Stäbchen sind prismatisch, homogen, stark lichtbrechend, am freien
Ende nicht verschmälert und ähneln den Haaren der Ampullen und Säcke keineswegs; sie stehen halbzirkel- —
oder vielmehr hufeisenförmig — angeordnet. Nuel zählte 10—12 Stäbchen auf je einer Cortisonen Zelle. Die Cortisonen
Zellen scheinen mit ihrem unteren Ende an die benachbarten Zellen gleicher Art und den Deitersschen Zellen
innig zusammenzuhängen. Es gelang Nuel nie, diese letzteren Zellen vollständig zu isoliren; am Zellkörper
derselben lassen sich zwei Abtheilungen unterscheiden: eine obere konische, an der Membrana reticularis befestigte,
welche einen längsfaserigen Bau anzeigt (der »Kon»), und eine untere mehr oder weniger cylindrische, nicht
fibrilläre, blasse, nicht protoplasmatische, oben den Kern einschliessende, welche sich auf der Basilarmembran inserirt
(der »C}dinder»); die unteren Abtheilungen liegen dicht beisammen und flachen sich zu hexagonalen Prismen ab;
die am oberen Ende derselben liegenden Kerne sind etwas kleiner als die der Cortisonen Zellen. Die Cylinder
der Deitersschen Zellen stehen den Cortisonen Zellen oder viel mehr deren unteren Fortsätzen parallel; ihre
oberen Abtheilungen, die Kone, deviiren aber nach aussen hin (radiär) und inseriren sich an der Membr. reticularis
in weiter Entfernung vom oberen Ende der Cortisonen Zelle, welche sie unten berühren. Die Deitersschen und
die Cortisonen Zellen kreuzen sich also unter einander, und dies ist noch mehr lateralwärts, in spiraler Richtung,
der Fall, indem die seitliche Abweichung hier die Dicke von drei Cortisonen Zellen erreicht. Die Contourlinien
der »Cylinder» der Deitersschen Zellen sind der Ausdruck einer sie vereinigenden Substanz, eines Cements, welches
eine gewisse Härte erhalten hat; es scheint Nuel, als ob die Cylinder hohle Gebilde seien, indem die Zellsubstanz
verschwunden und nur eine dünne corticale, tubförmige Schicht geblieben ist. Die Cortisonen Zellen stehen
in drei alternirenden Reihen, in spiraler Richtung unter einander verbunden, in radialer dagegen von einander
durch eine schmale Spalte getrennt, indem sie in ihrer ganzen Länge, ausser in der Kernregion, selbstständig sind.
Die erste Reihe der Cortisonen Zellen entspricht den Zwischenräumen der äusseren Cortisonen Pfeiler, die zweite
entspricht den Pfeilern selbst u. s. w. Eine Faser der Basilarmembran berührt nie auf einmal zwei Insertionen
Cortischer Zellen. Die drei ebenfalls alternirenden Reihen der Deitersschen Zellen befestigen sich an der Mem-
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