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perforata ein und gehen zwischen die Kerne der unter den inneren Haarzellen liegenden Schicht; ob sie aber mit
diesen Zellen in näherem Verhältniss stehen, ist jedoch zweifelhaft. Die blassen Fasern dringen dann zwischen den
inneren Pfeilern in den Tunnel hinein. Beim Hunde und der Katze nehmen sie dann als äusserst dünne, etwas
über der Basilarmembran liegende Fäserchen eine schiefe Eichtung nach aussen hin und verlassen den Tunnelraum
durch die Spalten zwischen den äusseren Pfeilern; ein Theil der Fäserchen bleibt indessen etwas länger in dem
Tunnel und läuft in spiraler Eichtung an wenigstens sechsig äusseren Pfeilern vorbei; die Mehrzahl überschreitet
den Tunnel in der Breite von zwölf Pfeilern; einige, aber sehr wenige, nähern sich der radialen Eichtung; kein
Fäserchen theilt sich oder anastomosirt im Tunnel. Diese Fäserchen färben sich mit Groldchlorid röthlich-violet.
Einen noch sichreren Beweis für ihre nervöse Natur fand Nuel beim Hunde, indem er hier am oberen Ende des
Schneckenkanals eine Menge von Fasern traf, welche ihre Markscheide noch im Tunnelraum, ja sogar bis zu den
äusseren Pfeilern behalten hatten; sie zeigen im Tunnel eine Spirale Eichtung, indem sie schief nach aussen gehen;
sie geben plötzlich ihre Markscheide ab und setzen blass ihren Spiralen Verlauf fort, bis sie zwischen den äusseren
Pfeilern austreten; mehr als die Hälfte der Fasern hat jedoch ihre Markscheide schon vor dem Eintritt in den
Tunnel verloren; Nuel glaubt sagen zu können, dass die Fasern während ihres Verlaufes durch die unter den
inneren Hörzellen befindliche Schicht nicht durch zelluläre Elemente unterbrochen sind. Gegen die Basis der
Schnecke des Hundes und. der Katze sah er keine Spiralfasern, und es ist anzunehmen, dass alle Fäserchen hier in
radialer Eichtung den Tunnel durchziehen. Beim Kaninchen, Meerschwein und Schafe fand er nun, dass alle Nerven-
fäserchen als blasse Fasern in radiärer Eichtung den Tunnel durchgehen, und wahrscheinlich ist dies in dessen ganzer
Länge der Fall. In der Eegion der Cortisonen Zellen sieht man, sagt Nuel, bei der Ansicht von oben, und wenn
man den Tubus zur Gregend der C}dinder der Deitersschen Zellen senkt, ein System spiraler, ziemlich kräftiger, varicöser
Fasern, welche, unter einander parallel, zuerst allmälig, dann schneller gegen die Cortisonen Zellen emporsteigen; gegen
ihr Ende werden sie mehr oder weniger der Eichtung der Cortisonen Zellen parallel und kreuzen in fast geradem
Winkel die Eichtung der Deitersschen Zellen; ihre Anzahl scheint derjenigen der Cortisonen Zellen gleich zu sein.
Wenn man dann den Tubus noch mehr senkt, erblassen die Fadenfortsätze der Cortisonen Zellen (pedicules) sowie die
varicösen Fasern, und man sieht die Cylinder der Deitersschen Zellen mit ihren unebenen Contouren; zu gleicher Zeit
tritt ein System äusserst feiner, nie varicöser Fäserchen hervor, welche ganz spiral, nie nach oben zu den Cortisonen
Zellen und nie nach unten nach der Membrana basilaris hin verlaufen, sowie viel zahlreicher als die Nervenfasern sind.
Wenn man beide Systeme spiraler Fasern wahrnimmt, so sind sie in verschiedenen Ebenen belegen. Beim Kaninchen
sah er nun auch einmal zwei den Tunnel durchziehenden Fasern nach aussen von den äusseren Cortisonen Pfeilern
umbiegen und längs zehn äusseren Hörzellen verlaufen. Hierdurch wird zwar die nervöse Beschaffenheit spiraliger
Fasern nach aussen von den äusseren Cortisonen Pfeilern bewiesen; ihr directer Zusammenhang mit den Cortisonen
Zellen ist aber nicht nachgewiesen. Es ist eine andere Sache, die Nervenfasern zu den Cortisonen Zellen zu verfolgen
, als sie an diesen Fasern endigen zu sehen. -— In besonderen Bemerkungen behandelt dann Nuel mehrere einzelne
Fragen und vertheidigt seine Ansichten gegen andere Forscher. — Beim Hunde sah er am oberen Ende der
Schnecke an der Membrana basilaris ein (xefäss, welches er geneigt ist, für ein Lymphgefäss zu halten. — Die
von Nuel untersuchten Thiere scheinen folgende zu sein: Katze, Hund, Kaninchen, Meerschweinchen, Schaf.
Pritchard1 gab eine kurze Darstellung der Entwicklung des Cortisonen Organs. Nach aussen von dem
Haufen langer Zellen, welche beim Embryo den Sulcus spiralis int. ausfüllen (beim Erwachsenen schrumpfen sie
zu niedrigen Zellen ein), liegen fünf etwas kürzere Zellen (primary cells Pr,), von deoen No. 1 (von innen gerechnet
) sich der Quere nach in zwei theilt; No. 3, 4, 5 erhalten durch Theilung je zwei Kerne, einen oberen
grösseren und einen unteren kleineren. Die äusseren vier bilden die vier behaarten Cortisonen Zellen oben und
die Deitersschen Zellen unten; von jeder Cortisonen Zelle schiesst nach oben hin eine Knospe, welche sich später
in die Borsten spaltet. Die Zelle No. 2 wird mehr dreieckig durch Verbreiterung ihrer Basis, ihr unten liegender
Kern wächst und theilt sich in zwei Kerne; zwischen beiden entsteht eine Vacuole oder ein Eaum, der rudimentäre
Tunnel; die Seiten der Zellen haben sich zu den rudimentären Cortisonen Stäbchen entwickelt. Endlich entsteht
die Membrana reticularis aus den vereinigten oberen Enden der primären Cylinderzellen, in derselben Weise
wie die Seiten der Primärzellen sich zu den verticalen Bändern oder Trabekeln entwickeln, welche von der Membr.
1 URBAN Pritchard, The Development of the Organ of Corti. The Journal of Anatomy and Physiology normal and pathological. Vol. XIII
October 1878.
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