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der homogenen Zwischenschicht fand ich nun aber bei genauerer Untersuchung die schon oben erwähnte obere,
vestibuläre Faserschicht der zweiten Membranzone oder Zona pectinata; die Fasern dieser Schicht treten weniger
deutlich hervor und sind in der That nur an gut gelungenen Schief schnitten (Taf. XXVI Fig. 5 ml>2) der Membran
recht scharf bemerkbar; sie sind heller, zarter und schwächer contourirt als die Fasern der tympanalen Faserschicht;
übrigens sind sie wie diese beschaffen und laufen unverzweigt parallel neben einander in gestreckter radialer Eichtling
bis zum Lig. spirale. Wenn man die Membran von der Fläche betrachtet (Taf. XXVI Fig. 1), so treten
die unteren Fasern der äussern Zone (zp) so stark hervor, dass man die oberen zarteren kaum bemerkt, indem sie
einander mehr oder weniger decken; wenn aber die Membran in dieser Zone etwas zerrissen wird, sieht man oft am
Eissrande (Taf. XXVI Fig. 1 und noch besser an der Fig. 2, wo die Membran von der tympanalen Fläche gesehen
wird) die abgerissenen, mehr oder weniger weit hervorschiessenden Fasern der beiden Schichten (mbx und mb*j
über einander liegen. Nach aussen hin nähern sich allmälig die beiden Faserschichten, und die homogene Zwischenschicht
verdünnt sich und hört am Ligamentum spirale ganz auf; diese Näherung der Faserschichten geschieht
jedoch etwas schneller als sie sich innen trennten, und die grösste Entfernung derselben, also die dickste Stelle der
Zone, liegt nicht mitten zwischen der inneren und äusseren Grenze dieser Zone, sondern etwas weiter nach aussen
hin (Taf. XXV Fig. 1). Am Ligamentum spirale, unter welchem Namen nur die eigentliche Anheftungsstelle der
Basilarmembran verstanden werden mag, laufen die Fasern der beiden Faserschichten in das Bindegewebe der Aus-
senwand ein und setzen sich in demselben weiter fort; ein Theil der Fasern biegt sich vestibularwärts und bildet
die Obernächenschicht dieses Bindegewebes unter dem Epithel; die übrigen Fasern strahlen sonnenfederförmig im
Bindegewebe aus und verlieren sich bald zwischen dessen Fasern und Zellen.
An der tympanalen Fläche der eben beschriebenen eigentlichen Basilarmembran findet sich nun eine Belegschicht
(Taf. XXV Fig. 1 hb), welche aus zwei Lagen, einer homogenen und einer Zellenlage, besteht. Die
homogene Schicht deckt die ganze tympanale Fläche der Membran vom Labium tympanicum bis zum Ligamentum
spirale; am Labium tympanicum beginnt sie noch dünn, verdickt sich dann allmälig unter der ersten Zone,
um unter der zweiten ihre grösste Dicke zu bekommen und zuletzt, wieder allmälig verdünnt, am Ligamentum
spirale aufzuhören. Weder am Labium tympanicum noch am Ligamentum spirale kann man einen directen Ueber-
gang dieser Schicht in das Gewebe dieser Theile wahrnehmen, wie es mit der eigentlichen Basilarmembran der
Fall ist, die sich nicht nur in das Ligament fortsetzt, sondern auch unter dem Epithel des Sulcus spir. internus
als gestreifte Haut gespürt und sogar abgelöst werden kann. Die fragliche Belegschicht erscheint ganz structur-
los, enthält zuweilen einzelne Kerne, steht in keinem organischem Zusammenhang mit der eigentlichen Basilarmembran
, von welcher sie abgelöst werden kann, und hat eine unebene gezackte untere tympanale Fläche, welcher
die zweite Lage derselben, die Zellenlage, dicht angeheftet ist. Die Zellenlage besteht bei erwachsenen Thieren
aus nur wenigen Schichten eigenthümlich gestalteter Zellen (Taf. XXV Fig. 1 tl> und Taf. XXVI Fig. 19), welche
aus einem länglich ovalen Kern und aus an dessen beiden Enden nach zwei entgegengesetzten Eichtungen auslaufenden
feinen protoplasmatischen Fortsätzen bestehen, die stets in spiraler Eichtung, also nach der Längsaxe der Basilarmembran
gehen; diese Fortsätze sind fadenförmig, stets schön »varicös», d. h. mit kleinen Knötchen versehen, weshalb
sie offenbar mehrmals von früheren Forschern für Nervenfasern genommen worden sind; sie sind in der That solchen
nicht unähnlich, gehören aber, wie Köllikee schon längst nachwies, dem Bindegewebe der Scala tympani an und
stellen Eeste des diese im embryonalen Leben ausfüllenden Gewebes dar. Weil diese protoplasmatischen varicösen
Fortsätze so fein und zart sind und sich unter einander bei der Präparation leicht verwirren, ist es ziemlich schwer,
sie längere Strecken zu verfolgen; ich vermag deshalb nicht zu sagen, wie lang sie sein können und wie sie enden;
so weit man sie verfolgen kann, sind sie gewiss in der Eegel unverzweigt; zuweilen schien wohl eine dichotomische
Theilung vorzukommen, es war aber doch immer möglich, dass dieselbe von zwei eng verklebten und dann sich
trennenden Fortsätzen herrührte. Diese Lage Spiral angeordneter Zellen deckt die ganze tympanale Fläche der homogenen
Belegschicht vom Labium tympanicum bis zum Ligamentum spirale.
An der tympanalen Fläche der eigentlichen Basilarmembran, ungefähr unter den Kernen der äusseren Cortischen
Pfeilerzellen verläuft beim Embryo ein Blutgefäss, das Vas spirale; was ist nun bei erwachsenen Kaninchen daraus
geworden P Das Blutgefäss ist offenbar verschwunden; an dessen Stelle sieht man aber in der Eegel einen homogen
erscheinenden, spiral verlaufenden Wall (Taf. XXII & XXIII Fig. E 2 vs\ F 2 vs1), welcher für eine Partie der
homogenen Belegschicht gehalten werden kann; durch das Studium der Entwickelungsverhältnisse zeigt es sich
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