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hier vorhandene Fenestra rotunda schliesst. Diese Membrana tymp. secundaria lässt sich bei Embryonen (Taf.
XXXIV Fig. 12 mts) bis zur Verknöcherung der Schneckenkapsel als selbstständige, ziemlich dicke, rundlich-eckige
Platte (Taf. XXXIV Fig. 13 a, V) isoliren und zeigt dann nach der Scala tympani hin eine glatte, schwach concave
Fläche, während die entgegengesetzte Fläche flacher aber noch etwas rauh ist; sie hat während des Embryonallebens
ein fast knorpeliges Aussehen, besteht aber nur aus jungem mehrschichtigem feinfaserigem Bindegewebe; die der
Scala tympani zugewandte Fläche ist von Endothel, die nach der Paukenhöhle gerichtete Fläche aber von einschichtigem
, niedrigem (fast kubischem) Epithel bekleidet. Beim Erwachsenen lässt sich diese Membran noch von ihrer
ringförmigen Knochenfirste ablösen und besteht aus dicht gewebtem, stark faserigem Bindegewebe; sie ist, wie beim
Embryo, nach der Scala tympani hin von Endothel bekleidet und geht rings um in das dünne Periost der Treppe
über; an der der Paukenhöhle zugewandten Fläche trägt sie ein niedriges Plattenepithel, welches zusammen mit der
zunächst darunter liegenden Bindegewebsschicht der Membran als eine Fortsetzung der Schleimhaut der Paukenhöhle
anzusehen ist. Am Boden der Scala tympani, etwas nach innen von der Fenestra rotunda, findet sich bekanntlich die
innere Oeffnung des Aquaeductus Cochleae, durch welche ein häutiger Strang als Fortsetzung der Bekleidungshaut der
Paukentreppe nach unten hin läuft, um verbreitert in der Fossa jugularis auszumünden. Stellt nun dieser häutige
Strang einen offenen Ductus perilymphaticus, einen Abflussweg der Perilymphe der Scala tympani nach den serösen
Schädelräumen hin dar, und in solchem Falle nach welchem dieser Bäume? Schon Cotugno injicirte ja durch
den Aquaeductus Cochleae Quecksilber in die Scala tympani und hielt ihn für eine »Wasserleitung der Schnecke».
Die Injectionsversuche von Fr. E. Weber (1869) vom Arachnoidalraum (Subduralraum) des Gehirns aus ergaben
(bei unverletzter Arachnoidea), dass im Aquaeductus Cochleae ein häutiger Kanal liegt, welcher diesen Schädelraum
mit dem' Labyrinthe in Verbindung setzt. Die von Axel Key und mir (1870—75) angestellten Injectionsversuche
wiesen ebenfalls auf einen Zusammenhang der serösen Schädelräume, besonders des Subduralraums, mit dem perilymphatischen
Kaum des Gehörorgans durch den Aquaeductus Cochleae hin; ganz positive Ergebnisse erhielten wir
jedoch nicht. Die späteren Versuche von Weber-Liel (1878—79) zeigten, dass der fragliche Gang die Verbindung
der perilymphatischen Eäume des Labyrinths mit dem Schädelraum vermittelt; es blieb jedoch unentschieden, ob
dieser Baum den Subduralraum oder die Subarachnoidalräume darstellte.

Ich habe nun wieder eine Reihe von Injectionsversuchen angestellt und bin zu dem Ergebniss gekommen, dass
der perilymphatische Baum der Schnecke (Scala tympani) durch den häutigen Gang, Ductus perilymphaticus, des Aquaeductus
Cochleae in offener Verbindung mit den Subarachnoidalräumen des Gehirns und Bückenmarks steht.
Besonders durch vorsichtige Injection durch die Fenestra rotunda oder Fenestra ovalis gelang es mir leicht, bei
menschlichen Embryonen von 6—9 Monaten in diese Bäume die injicirte Flüssigkeit auszutreiben; dagegen fand
ich sie hierbei nie im Subduralraum wieder; der Ductus perilymphaticus erwies sich hierbei immer als der Abflussweg
; auch bei Erwachsenen konnte ich durch ähnliche Injectionen diese Ableitungsbahn constatiren. Ich bezweifle
daher nunmehr, dass der perilymphatische Baum des Ohres mit dem Subduralraum offen zusammenhängt; ein Hervordringen
der injicirten Flüssigkeit von diesem Baum in jenen ist vielmehr durch etwaige Berstung der Arachnoidea,
z. B. an der Mündung des Aquaeductus Cochleae, zu erklären.

Die Begrenzung des perilymphatischen Baumes der Schnecke und des übrigen Gehörorgans wird von dem
den Knochen bekleidenden Beriost dargestellt. Diese Haut hängt der Knochen wand sehr eng und fest an, ist im
Ganzen sehr dünn, lässt sich nur schwer ablösen und besteht aus einer bindegewebigen, reichliche Blutgefassschlingen
enthaltenden Schicht von feinen, vielfach sich kreuzenden Balken und Fasern, welche theils bindegewebig, theils,
aber nur sparsam, elastisch sind. Diese Balken und Fasern laufen hier und da zu rundlichen dickeren Maschen
zusammen und schicken im Vorhof und an den Ampullen und Bogengängen mehr oder weniger reichliche, verzweigte
Balken, Netze und Blutgefässe zu der Wand des membranösen Gehörorgans hinüber, durch welche dieses
in seiner Lage gehalten wird. Die ganze freie Oberfläche des Periostes und seiner Balken ist von einer zusammenhängenden
Schicht dünner, endothelialer, kernführender Zellen bekleidet, welche oft braune Pigmentkörnchen in
grösserer oder kleinerer Zahl enthalten1; übrigens kommen auch mehr oder weniger gewöhnlichen Pigmentzellen
ähnliche, spindelförmige und etwas verzweigte Zellen hier zerstreut vor.

Nach dieser kurzen Schilderung des perilymphatischen Baumes mit seinen Gängen und Treppen gehe ich zur
Darstellung des membranösen Gehörorgans (Taf. XXXIII—XXXIX) über.

1 Axel Key und Gustaf Retzius, Studien in der Anatomie des Nervensystems und des Bindegewebes. Erste Hälfte. Stockholm 1875.


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