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Die ganze Innenfläche der Pars superior und des Sacculus ist mit einschichtigem Epithel bekleidet, welches
im Ganzen niedrig, nur an gewissen Stellen höher ist und an den Maculae und Cristse acusticai in das Nervenepithel
übergeht. Im Utriculus (Fig. 19 e) mit dessen beiden Sinus trifft man also ein polygonales, ziemlich niedriges Epithel (von
0,012—0,018 Mm. Breite), welches am Boden des Utriculus etwas höhere und schmalere Zellen (0,009—0,015 Mm.
Br.) und stellenweise firstenartige Erhabenheiten mehr cylindrischer Zellen zeigt. Am Dache des Becessus sind die Zellen
des Epithels platt und von 0,015—0,021 Mm. Breite; sie sind theils polygonal, theils mehr spindelförmig und oft
zii Wirbeln angeordnet, was besonders an der äusseren-unteren Wand der Fall ist; in der nächsten Umgebung der
Macula ac. erhebt sich das Epithel zum Cylinderepithel. In den Ampullen trifft man polygonales Plattenepithel
mit einer Breite der Zellen von 0,012—0,018, ja sogar 0,03 Mm. (Fig. 7). Nach der Mittellinie des Daches, der
Baphelinie, hin verschmälern und erheben sich die Zellen auch beim Menschen (Fig. 17 r) zu einem cylindrischen
kleinzelligen Epithel mit kleineren Kernen. In allen drei Ampullen finden sich an den beiden Seitenwänden über den
Enden der Cristse acusticse Plana semilunata von halbmondförmig gebogener Form (Fig. 2); in der nächsten Umgebung
derselben verschmälern und erhöhen sich die Zellen zu den Cylinderzellen, aus welchen die Plana bestehen
(Fig. 1 ps, Fig. 4); diese Zellen der Plana werden nach unten hin höher, um am unteren Bande der Plana wieder-
niedriger zu werden und in das niedrige Cylinderepithel überzugehen, welches die schmale Epithelrinne bildet, die
das Planum von der Crista ac. trennt. Schon nach Behandlung des Epithels der Plana mit Müllerscher Lösung
sieht man an den Zellen desselben eine etwas verschiedene Beschaffenheit; einige zeigen kleinere, glänzendere Kerne
u. s. w.; diese Verschiedenheiten treten nach Behandlung mit Ueberosmiumsäure noch stärker hervor; schon bei
schwacher Vergrösserung (Fig. 2) sieht man dann im Planum ein dunkles Netz, welches sich bei stärkerer Ver-
grösserung als netzförmig angeordnete Züge dunkler gefärbter, kleinerer und kleinkernigerer Zellen zeigt (Fig. 3 pe);
diese Zellen sind ebenfalls cylindrisch, von gleicher Länge wie die anderen helleren und stehen zwischen ihnen
eingebettet (Fig. 4, von der Seite gesehen). Sowohl die Zellen der Plana semilunata wie die der übrigen Epithelbekleidung
der Pars superior des menschlichen Gehörorgans führen in ihrem Protoplasma grössere oder kleinere
Haufen von braungelbem Pigment, welches sich im höheren Alter sehr vermehrt (Fig. 7). Am Boden der
Ampullen ist das Epithel ziemlich hoch, cylindrisch mit Inseln und Firsten dunklerer Zellen zwischen den helleren
Zellen. In den Bogengängen ist das Epithel (Fig. 9 e) platt, polygonal (von 0,012—0,018 Mm. Br.), zieht über die
Papillen mit noch grösseren Zellen und geht in der Eaphelinie in niedriges schmales Epithel über (Fig. 10 e). Das
Epithel des Sacculus ist ein niedriges polygonales Epithel von 0,009—0,0105 Mm. Breite, welches sich an der
Macula ac. zum Cylinderepithel erhöht. Das Epithel des Canalis reuniens und des Ductus endolymphaticus ist dem des
Sacculus ähnlich. Was das Verhalten des Epithels und der übrigen Wand desjenigen Theils vom Ductus endolymphaticus
anbetrifft, welcher durch die Pars petrosa verläuft, so verweise ich auf die eingehende Darstellung von Boett-
cher; in Betreff der Epithelbekleidung und des übrigen Verhaltens des Saccus endolymphaticus beim erwachsenen
Menschen verweise ich auf die von Axel Key und mir gegebene Beschreibung und die Abbildungen.
Es erübrigt noch, das Nervenepithel der Macula? und Cristse acusticse des Menschen zu schildern (Taf.
XXXIX Fig. 13—16, 21). Ich werde hier eine für alle diese Gebilde gemeinsame Darstellung liefern. An der
membranösen Wand unterscheidet man als Basalmembran die oberflächlichste Schicht, auf welcher das Nervenepithel
ruht; diese Schicht hängt ganz innig mit der übrigen Wand zusammen und ist kaum als selbstständige Schicht aufzuführen
; sie erscheint nur in Folge des vollständigen Mangels an Zellen mehr homogen. Das Nervenepithel
zeichnet sich als hügelartige Erhebung vom umliegenden Epithel aus, indem es sich anfangs ringsum allmälig erhöht
, bis es die bleibende Höhe erreicht hat. Diese Höhe des Nervenepithels ist in der Macula ac. rec. utriculi
und Macula ac. sacculi 0,036—0,04 Mm., an den Cristse ac. der Ampullen aber 0,045—0,054 Mm. Das Nervenepithel
der fraglichen Nervenendstellen des Menschen zeigt denselben Bau wie beim Kaninchen und der Katze.
Es besteht aus Fadenzellen und Haarzellen sowie aus zwischen ihnen verlaufenden Nervenfasern. Die Fadenzellen
sind gewöhnlich schmale, zuweilen etwas breitere, von der Basalmembran senkrecht bis zur Epitheloberfiäche em-
porreichende feinkörnige Zellen, deren oberes und unteres Ende mehr oder weniger verbreitert ist; der Kern liegt
entweder nahe dem unteren Ende (= M. Schültze's Basalzellen) oder höher (= M. Schultze's Fadenzellen), jedoch
nicht über die Mitte der Epithelhöhe hinauf; oft findet man in ihrem Protoplasma am oberen Ende gelbe Pigmentkörnchen
; zuweilen sieht man ihre unteren Enden wurzeiförmig verzweigt mit zwei oder mehreren Zweigen an der
Wand befestigt, zuweilen sendet der Zellenkörper seitliche Zweige ab; die Fadenzellen erlangen in den Maculse in
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