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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0020
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echt membranöse Hirnwand, die bei der Präparation sehr leicht zerreisst und dann als ein Loch erscheint, bleibt,
obwohl sie in Gestalt und Anordnung wechselt, die ganze Foetalzeit und, wie weiter hinten dargelegt werden
wird, das ganze Leben hindurch ungefähr in der ursprünglichen Beschaffenheit bestehen.

Im 5. Monat wird die Hervor Wölbung der Area terminalis schon geringer; sie nimmt in der Regel eine
mehr dreieckige Gestalt an (Fig. 2, 3, 4 der Taf. XXXII), die jedoch stets einen gewissen Grad von Convexität
behält, ja zuweilen sogar das ganze Leben hindurch die ursprüngliche bombirte Beschaffenheit darbieten kann.

2. Eminentia saccularis.

Im vorigen Jahre beschrieb ich1 ein an der unteren Fläche des Gehirns des Menschen und anderer Säuge-
thiere vorhandenes Gebilde, welches mir in seiner Lage und Gestalt dem bei den niederen Wirbelthieren, v. A.
den Fischen, vorhandenen Saccus vasculosus zu entsprechen schien. Ich hatte dieses eigenthümliche Gebilde
zuerst, und zwar, obwohl in etwas verschiedener Ausbildung, constant bei menschlichen Foetus aus der späteren
Foetalzeit (6. u. 7. Monat) gefunden; es zeigte sich jedoch bald, dass es auch nach der Geburt, ja sogar das
ganze Leben hindurch vorhanden ist. Auch bei Foetus und Embryonen aus dem 5., dem 4. und sogar dem 3.
Monate erkannte ich dieses Gebilde, welches ich als Eminentia saccularis bezeichnete, als eine in der Regel
kleeblattförmige mediane Hervorragung, die in der Mittellinie, dicht vor den Corpora mammillaria, ihren Platz hat.

Bei mehreren Säugethieren (Kaninchen, Schwein, Rennthier, Schaf, Katze, Hund) traf ich, v. A. an foetalen
Gehirnen, an derselben Stelle, dicht vor den Corpora mammillaria (Corpus mammillare) und hinter dem Hypo-
physisstiele, eine jenem Gebilde des Menschengehirns entsprechende Partie, die auch beim erwachsenen Kaninchen
noch ganz deutlich nachweisbar ist.

Bei der Durchmusterung der einschlägigen Litteratur fand ich nun, dass His bei menschlichen Embiyonen
aus der 6. Woche eine entsprechende Bildung erwähnt und in einigen seiner Abbildungen von Medianschnitten
wiedergiebt, ebenso dass er diese Bildung, obwohl er sie in späteren Stadien des Embryonal- und Foetallebens
des Menschen wie auch nach der Geburt und beim Erwachsenen nicht gefunden hat, mit dem Saccus vasculosus
der Fische zusammenstellt. »Auch beim menschlichen Embryo», sagt His,2 »ist auf gewissen Entwicklungsstufen
(6 Wochen) die hintere epitheliale Wand des Zwischenhirns stark gefaltet und es finden sich zu der Zeit auch
ausgesprochene seitliche Ausbuchtungen des Ventrikelbodens, Avelche, bezüglich ihrer Lage, dem Saccus vasculosus
und den unteren Lappen am Gehirn niedriger Wirbelthiere entsprechen. Dabei hat es aber sein Bewenden,»
fügt His hinzu, »denn das Tuber cinereum zeigt in der Folge keine progressive Entwickelung, und die Ausfüllung
der Sattelspalte vollzieht sich durch die sich hervorwölbenden Theile des Rautenhirnbodens.»

Aber schon in einer früheren Arbeit von His3 finde ich diese Frage eingehender berührt, weshalb ich die
betreffende Stelle hier anführe. Bei der Besprechung der Rückwand des dritten Ventrikels beim fünfwöchentlichen
Embryo sagt er: »Auf dieser Stufe embryonaler Gestaltung bietet der Boden des Zwischenhirns ganz bestimmte
Vergleichspunkte mit dem Fischhirn. An diesem folgen, caudalwärts von dem durch seine flache Anlagerung
an die Hypophyse charakterisirten Trichtergebiet die beiden Lobi inferiores und der Saccus vasculosus. Soweit
ohne Specialuntersuchung aus der äusseren Vergleichung Schlüsse gezogen werden dürfen, so glaube ich, dass
die Lobi inferiores als lappenartig hervortretende Ausladungen der Pars subthalamica des Zwischenhirns zu deuten
sind, während der Saccus vasculosus der medianen Strecke der Mammillarregion, bez. dem Mammillarhöcker,
vielleicht auch noch dem Tuber cinereum entspricht. Den Gefässsack einfach zum Trichter zu schlagen, halte
ich nicht für richtig, denn der letztere endet am hinteren Rand der Hypophj^se, während der Gefässsack über
derselben und caudalwärts davon in eben der Gegend der Ventrikelwand liegt, welche oben als Mammillarregion
definirt worden ist. Käme es beim menschlichen Embryo, statt zu einer zunehmenden Verengerung des betreffenden
Ventrikelraumes, zu einem ausgiebigen Wachsthum der epithelialen Wandbestandtheile, so würde sich auch

1 Gustaf Retzius, Ueber ein dem Saccus vasculosus entsprechendes Gebilde am Gehirn des Menschen und anderer Säugethiere.
Biologische Untersuchungen, Neue Folge, Bd VII, Jena 1895.

2 W. His, Zur allgemeinen Morphologie des Gehirns. Archiv f. Anatomie und Physiologie, Anatomische Abtheilung, 1892.

3 W. HlS, Die Formentwickelung des menschlichen Vorderhirns vom Ende des ersten bis zum Beginn des dritten Monats. Abhandl.
der math.-phys. Classe d. k. Sachs. Gesellsch. d. Wissensch., Bd XV, Nr VIII, 1889.


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