http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0027
9
vergrössertem Masstabe veranschaulicht; man sieht hier die blossgelegte Fascia dentata, nachdem sie niedriger
o-eworden, sich umbiegen und als schmales Band quer über den Uncus verlaufen (die Cauda fasciaa dentata3 von
Luschka, die Benderella von Giacomini).
Was stellt aber die hinter diesem Bande befindliche Partie dar? Auf diese Frage werde ich bei der Darstellung
der Verhältnisse beim Erwachsenen ausführlicher eingehen, daher ich hier nur das Wesentlichste hervorhebe
. Man nimmt gewöhnlich an, dass das Giacomini'sche Bändchen — ich nenne diese Bildung, die Luschka
offenbar zuerst erwähnt hat, so, weil Giacomini das Verdienst zukommt, es genauer studirt zu haben
— den sogen. Gyrus uncinatus der Quere nach überzieht und zu beiden Seiten von ihm begrenzt wird.
Bei genauerem Nachdenken schien mir aber eine derartige Anordnung ganz unmöglich zu sein. Einen Gyrus,
welcher einen anderen in solcher Weise überläuft, giebt es doch nirgends. Die vor dem Giacomini'schen Bändchen
der Fascia dentata befindliche Gehirnpartie gehört zwar zum Gyrus uncinatus oder Uncus gyri hippocampi,
dem umgebogenen Ende des Gyrus hippocampi. Die hinter dem Bändchen belegene Partie ist aber von ganz
anderem morphologischem Werthe: sie gehört dem inneren Randbogen an und muss daher als zu ihm gehörend auf-
gefasst und beschrieben werden. Dies ist ja schon bei einer eingehenderen Untersuchung des erwachsenen Gehirns
ersichtlich; beim foetalen Gehirn tritt es aber noch mehr hervor. Ich habe diese Verhältnisse unten in mehreren
Abbildungen in so deutlicher Weise klargelegt, dass ich meine, nur auf diese Abbildungen hinzuweisen zu brauchen
(Fig. 1—5 der Taf. L). Uebrigens komme ich bei der Darstellung der betreffenden Verhältnisse des erwachsenen
Gehirns auf diese Frage zurück.
Nach oben hin zieht die Fascia dentata (Gyrus dentatus), von der Fissura hippocampi und der Fissura
gyri dentati begrenzt, aber selten von den seitlichen Partien ganz bedeckt, bis zum Splenium corporis callosi empor.
Ihr freier Rand zeigt, wie oben angedeutet wurde, schon ziemlich früh, im 5. und 6. Monate, die Zähnelung,
die Gyruli. Während des Verlaufes nach oben-hinten trennt sich die Fascia dentata allmählig von dem Fornix
, und es dadurch entsteht unter dem Splenium ein dreieckiger Zwischenraum, eine etwas eingedrückte keilförmige
Partie (Taf. V, Fig. 6, 7, 9—15). In den meisten Fällen bemerkt man aber noch ein Gebilde, welches eine
nähere Aufmerksamkeit verdient. Nach innen von der Fascia dentata, in ihrer oberen Hälfte oder ihrem oberen
Dritte], zeigt sich oft noch ein Strang, welcher von ihr durch eine seichte Furche, die obere Fortsetzung der Fissura
gyri dentati, abgetrennt ist. In den Fig. 14, 18, 22 und 25 (Taf. V) vom 5. und 6. Monate ist dieser Strang, den
man auch in den folgenden Monaten gleich oft antrifft, schon scharf ausgeprägt. Ich werde diese Bildung beim
Erwachsenen genauer besprechen und dabei zeigen, dass hier ein besonderer, mit der Fascia dentata nicht zu verwechselnder
Gyrus vorliegt, welcher zwar nach oben hin gewöhnlich mit der Fascia verschmilzt oder dieselbe in
sich aufnimmt, selbst aber nie gezahnt, sondern glatt und sträng- oder spindelförmig ist, mit der Fascia zusammen
als »Fasciola cinerea» um das Splenium herumläuft und sich an seiner oberen Fläche als die obere
Partie des äusseren Randbogens fortsetzt. Zuweilen lässt sich der fragliche Gyrus sogar in der ganzen Rinne
zwischen der Fascia dentata und dem Fornix bis zum unteren Winkel zwischen diesen Gebilden verfolgen (Fig. 22
der Taf. V), doch entzieht er sich in der Regel dem Blicke oder auch verschwindet er nach einem der Fascia parallelen
Verlaufe schon an der Grenze ihres oberen Drittels ganz. Da er nach oben hin den grössten Theil der
Fasciola cinerea bildet, werde ich ihn als Gyrus fasciolaris bezeichnen, und dies um so viel mehr, als Fälle vorkommen
, in welchen seine Grenze gegen die Fascia dentata nicht scharf ausgeprägt ist, sondern er sich mit ihr
gleichsam verschmolzen zeigt, so dass man nicht sicher zu erkennen vermag, wie viel der eine, und wie viel der
andere der beiden Gyri zur Zusammensetzung der Fasciola beiträgt.
Dieser Gyrus fasciolaris bildet aber nicht die allerinnerste graue Substanz am Splenium. Indem der Gyrus
dentatus und der Gyrus fasciolaris sich als vereinigter Strang auf der oberen Fläche des Splenium nach vorn
hin fortsetzen, breiten sie sich aus und bedecken sie die grösste Partie dieser Fläche mit einer grauen Substanz,
welche im foetalen Gehirn, wie aus mehreren Figuren der Taf. IV und V und auch anderer Tafeln hervorgeht,
ziemlich stark entwickelt ist. Aus diesen Partien differenziren sich allmählig die späteren Stria? Lancisi und
Tsenise tectse sowie auch die übrige, rudimentäre, zwischen den genannten Bildungen die Oberfläche des Corpus
callosum bedeckende graue Substanz. Am foetalen Gehirn hängen diese Theile grösstenteils noch als der äussere
Randbogenstrang zusammen. Am hinteren Umfang des Splenium biegt sich der graue Substanzbelag um und
steigt als dünner Anflug auf die untere Fläche des Splenium hinab. An der Umbiegungsstelle trennt sich aber
von der dickeren Seitenpartie, der Fasciola cinerea, in der Regel jederseits ein schmaler Strang ab, welcher als
ein abgegrenzter Gyrulus auf der unteren Spleniumfläche verläuft, um sich später abzuflachen und in den übrigen
dünnen, grauen Belag aufzugehen. In den Fig. 12, 15, 18, 21 und 22 der Taf. V ist dieser Gyrulus, welcher
2
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0027