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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0032
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Fragen vollständigen Aufschluss, sondern auch eine sichere, natürliche Erklärung derselben. Die dünne epen-
dymatöse mediale Hirnwand legt sich von innen her der Thalamusoberfläche bis zum Sulcus terminalis hin an
und schmilzt mit ihr später zusammen. Dass dies nicht schon vor dem Ende des 2. Monates geschieht, darin
stimme ich Hochstetter vollständig bei. Im 4. Monate hat noch keine Verwachsung stattgefunden, sondern es
giebt im Gegentheil zwischen der Hirnwand und der Thalamusfläche einen serösen Zwischenraum. Im 5. Monate
findet die Verlöthung des als Lamina affixa bezeichneten Theiles der Hirnwand statt, und der Sulcus terminalis
verschwindet, indem die beiden gegen einander gekehrten Flächen des Thalamus und des Corpus striatum mit
einander verwachsen. Was die von Hochstetter aufgeworfene Frage betrifft, ob am Foramen Monroi eine
kleine Partie der Thalamusfläche der Ventrikelhöhle direct anstosse, so habe ich nichts gesehen, was dafür
spräche, und ich bin deshalb gegen eine solche Annahme gestimmt, obwohl weitere Untersuchungen nöthig sind,
um die Richtigkeit von Hochstetter's Hypothese sicher bewiesen, oder widerlegt zu erhalten.

Von der ursprünglichen medialen Hirnwand, welche die betreffende »Thalamusoberfläche» bildet, die scheinbar
die Höhle des Seitenventrikels begrenzt, bleibt also nach Obigem nur »das Ependym» übrig; dies repräsentirt aber
mit voller morphologischer Gültigkeit die mediale Gehirnwand für das ganze Leben.

Bevor ich die Besprechung der seitlichen Ventrikelhöhlen abschliesse, will ich mit einigen Worten die
Plexus chorioidei berühren. Auf den frontalen Querschnitten des 3- und 4-monatlichen Gehirns (Fig. 5 und 6
der Taf. VI, sowie die Taf. VII) erkennt man die Plexus als grosse, die Höhlen mehr oder wenig ausfüllende, traubenartige
Gebilde. Eine noch bessere Uebersicht von ihnen gewinnt man durch Abtragung der lateralen Hemisphärenwand
(Fig. 3 und 4 der Taf. VI). Man sieht dann die Plexus aus dem weiten Monro'ischen Loche
heraustreten und nach starker Anschwellung nach hinten hin umbiegen. In diesem Stadium ist der Plexus
gerade vorn, über der Wölbung des Streifenhügels, am stärksten entwickelt und nimmt beim Hinabsteigen in
das Unterhorn allmählig an Dicke ab. Später verändert sich dieses, indem er vorne, hinter dem Foramen
Monroi, schmäler und dünner wird, um hinten, in der Gegend des Hinterhorns, die stärkste Ausbildung zu
erfahren und dann beim Hinabsteigen in das Unterhorn wieder dünner zu werden. Die Fig. 12 (aus der späteren
Hälfte des 6. Monats) und Fig. 14 (vom ausgetragenen Kinde) auf der Taf. VI geben von diesen Veränderungen
eine deutliche Anschauung. In den Fig. 22, 23 und 24 habe ich ausserdem die freigelegten Plexus in drei
Stadien (von dem Ende des 4., von dem 5. und dem 6. Monate) abbilden lassen; diese Abbildungen geben eine
so anschauliche Uebersicht über die Gestalt und Ausbildung der Plexus in den betreffenden Stadien, dass ich eine
nähere Beschreibung davon unterlassen kann.

6. Die transitorischen Furchen der Hemisphären des Grosshirns

(Taf. I, IV, V).

Die eigenthümlichen Furchen, welche an der Oberfläche der Grosshirnhemisphären des jungen menschlichen
Embryos vorkommen, sind, wie es scheint, zuerst von J. F. Meckel, der sie schon als transitorisch erkannt hat,
im Jahre 1815 erwähnt und dann von vielen Anatomen gesehen und beschrieben worden. Tiedemann hat sie
schon im Jahre 1816 besprochen und sowohl an der äusseren, Avie auch an der medialen Fläche ziemlich getreu
abgebildet; ihre transitorische Natur hat er aber nicht bestimmt angegeben; er sah sie in der 14.—15. Woche,
hob aber hervor, dass die obere (äussere) Fläche im 5. Monate glatt sei und sich ohne Furchen und Windungen
zeige; dagegen sah er an der inneren Fläche noch im 5. Monate—und sogar in der 21. Woche — zahlreiche und
tiefe Furchen, in welche sich die Gefässhaut hineinsenkt und welche er in der Tafelbeschreibung »anfangende
Furchen oder Windungen» genannt hat, die er also nicht als transitorisch aufgefasst zu haben scheint.

Es ist indessen nicht meine Absicht, hier die Geschichte dieser Furchen in der Litteratur ausführlich durchzugehen
, da dies schon mehrere Verfasser gethan haben. Ich will hier nur hervorheben, dass die natürliche
Existenz dieser Furchen, obwohl dieselben von den meisten Anatomen, die sich mit der Entwicklung des menschlichen
Gehirns beschäftigt haben, erkannt worden sind, von hervorragenden Forschern bezweifelt worden ist.
Vor Allem hat Bischoff1 im Jahre 1868 ihr Vorkommen als von dem Schrumpfen der Hirnsubstanz in

1 Th. L. W. Bischoff, Die Grossliirnwinchmgen des Menschen. Abhandl. d. k. bayer. Akad. d. Wiss., IL Cl. X Bd., II Abth., 1868.


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