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am Occipitalende sieht man von den Falten nur noch sehwache Spuren, und nur am Frontalende sind noch einige
quere Falten wahrnehmbar. Bei einem 12.5 Cm. langen Embryo sind dagegen noch mehr Falten vorhanden (Taf. I,
p}g. 41—45)? Und zwar nicht nur quere, »lineäre», neben der Mantelkante belegene, sondern zwischen diesen auch
andere, feinere, verzweigte und sich schlängelnde, welche offenbar nicht tief in die Substanz eindringen. Während
des ganzen vierten Monates setzt sich der Ausglättungsprocess fort, so dass in diesem Monate schon viele Gehirne
an der Aussenseite ganz glatt werden, was sie bekanntlich bis zum Anfang des 6. Monates verbleiben. Bei manchen
Embryonen finden sich aber während des ganzen vierten Monates hier und da noch Reste transitorischer Falten.
In den Fig. 9, 7, 14, 16, 17, 18, 20 und 21 der Taf. II sind Beispiele solcher restirender Furchenbildungen vorhanden.

Man nimmt aber in diesem Zurückbleiben einzelner Furchen kein System wahr, sondern es sind diese Beste
bald hier, bald da vorhanden. Vor Allem sind sie jedoch am Frontallappen lange sichtbar.

Noch im 5. und sogar im 6. Monate sind solche Reste hin und wieder erhalten (Fig. 1—4, 5—8, 9—13,
14—17 der Taf. III u. s. w.).

Ausserdem habe ich am 4-monatlichen menschlichen Gehirn noch eine andere Art eigenthümlicher Wucherung
, die ich schon früher beschrieben, wahrgenommen.1 An der Aussenfläche von Gehirnen, welche mit Chromosmium
-Essigsäure behandelt waren, sah ich eine feingranulirte Beschaffenheit durch die glatte Oberfläche hindurchschimmern
; hier und da hatte sich die änsserste dünne Oberflächenschicht abgelöst, und dann erschienen
diese Stellen gleichsam gekörnt, oder mit dichten rundlichen Erhabenheiten besetzt. Bei der mikroskopischen
Untersuchung senkrechter, durch die Oberfläche gelegter Schnitte ergab es sich, dass die granulirte Beschaffenheit
von einer ungleichen Wucherung der Pyramidenzellenschicht herrührte, welche in rundlichen Erhabenheiten
emporgeschossen war; die Zwischenräume dieser »Granulationen» waren von der äussersten, sog. molekularen
Schicht ausgefüllt, so dass die eigentliche Oberfläche des Gehirns, wenn diese Schicht nicht abgelöst war, glatt
erschien. In den Fig. 18—21 der Taf. II ist ein solches Gehirn abgebildet.

Diese eigenthümlichen »Granulationen» der Pyramidenzellenschicht sah ich auffallend oft an Gehirnen aus
dem 4. Monate, an Gehirnen aus dem 5. aber selten. Ich bin in der That geneigt, sie eher als eine natürliche, denn
als eine abnorme Erscheinung zu betrachten; sie scheinen mir auf eine vorübergehende, sehr energische Entwicklung
der Pyramidenzellenschicht hinzudeuten, die jedoch bald wieder durch die Ausbildung der angrenzenden Schichten
ausgeglichen wird. Man muss sich aber auch die Möglichkeit denken, dass diese Granulirung eine krankhafte
Erscheinung sein kann, was in Anbetracht des so auffallend zahlreichen Vorkommens abnormer, pathologisch
entwickelter (v. A. syphilitischer) Aborte nicht ohne Weiteres auszuschliessen ist.

Bevor ich in der Darstellung weiter gehe, werde ich kurz die transitorischen Falten der medianen Wände
des embryonalen menschlichen Gehirns besprechen.

Wie oben schon hervorgehoben wurde, sind diese Falten eine Erscheinung, welche weniger Wechselungen
darbietet, als die entsprechenden Bildungen der lateralen Wände. Sie können offenbar schon vor dem Ende des
2. Monates auftreten und am Anfang des 3. schon sehr deutlich ausgebildet sein. Sie behalten während des
ganzen 3. Monates ihre echte Beschaffenheit, und noch im Anfang des 4. trifft man sie oft in ihrer ursprünglichen
Gestalt und Anordnung. Im Laufe dieses Monats findet aber allmählig ihre Obliteration statt; diese Ausgleichung
geschieht indessen in den verschiedenen Fällen nicht gleich schnell, so dass man die Falten zuweilen
noch in der Mitte des 4. Monates in ihrer echten Beschaffenheit antreffen kann.

Was das Aussehen und Verhalten dieser Falten im Uebrigen betrifft, so haben verschiedene Forscher schon
längst genaue Beschreibungen davon gegeben. Ich kann mich deshalb darauf beschränken, auf die betreffenden
Figuren meiner Tafeln (Taf. IV und V) hinzuweisen. Bekanntlich strahlen die Falten gewissermassen radienartig
von der Bogenfurche aus, erreichen aber nur selten die Mantelkante, sondern enden gewöhnlich nach innen
von derselben. Die echten Falten dieser Art gehören der oberen und hinteren Partie der medialen Wand an.
Sie theilen diese Wand in etwas unregelmässig gestaltete, dreieckige und viereckige Läppchen, deren Basis ohne
Grenze in die äussere Partie der medialen Wand übergeht. Die Ränder der Falten sind nicht scharf, sondern
gewöhnlich abgerundet und etwas wulstig, die Furchen selbst aber scharf eingeschnitten und nicht offen oder
klaffend, indem ihre Wände in der Tiefe dicht aneinander gedrängt sind. Nur die dünne weiche Hirnhaut ist
in ihnen zu finden, wie sie auch in die Falten der lateralen Wände hineindrinsrt.

Wie His hervorgehoben hat, giebt es aber auch an der vordersten Partie der medialen Gehirnwand eine
transitorische Falte, welche indessen in der Regel nicht bis in die Boo;enfurche reicht. Diese »Vordere Boo-en-

1 Gustaf Retzius, Verhandl. d. schwed. Gesellsck. der Aerzte. Hygiea. (Sv. Läk. Förh.) 1891.

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