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Theil des Lobus hippocampi erkennt man oft (Fig. 8 der Taf. XV) die schon oben erwähnte, kurze, sagittale
Furche, die ich als Sülms rhinencephali inferior bezeichne. Die Sirfei olfactorii sind nach vorn hin verlängert
und vertieft. Die Sulci orbitales fehlen zuweilen noch oder auch befinden sie sich in einem verschiedenen
Zustand der Entwicklung.
An der medialen Fläche des Gehirns sind die Fissura calcarina und die Fissura yarieto-occipitalis bedeutend
weiter ausgebildet; erstere ist mehr oder weniger weit auf die obere-äussere Hirnfläche hervorgewachsen
und bildet dort eine tiefe Incisur; letztere ist nach dem Oecipitalpole hin hervorgedrungen und zeigt zuweilen
schon eine Endbifurcation (Fig. 11 der Taf. XV). Ein typischer Cuneus ist also am Occipitallappen vorhanden.
Was den Sillens cinguli betrifft, so liegen die einzelnen Theile desselben in der Regel in der Gestalt einer unterbrochenen
Reihe von kurzen Furchen vor (Fig. 5 der Taf. XV; Fig. 5 der Taf. XVI; Fig. 5 und 6 der Taf.
XXVI). Im Ganzen erkennt man in der That schon die Anlagen der verschiedenen Variationen, welche dieser
Sulcus später darbietet; bis zum Mantelrande ist er aber noch nicht vorgedrungen. Auch ein Snlcus rostralis
ist zuweilen angelegt.
Wie oben hervorgehoben wurde, ist es im einzelnen Falle oft sehr schwer zu entscheiden, ob man das
Endstadium des 6. oder das Anfangsstadium des 7. Monates vor sich hat. Diese Stadien fliessen vollständig in
einander, und wie oben betont wurde, geben die Masse der Körperlänge des Foetus keine sicheren, sondern nur
approximative Anhaltspunkte; ausserdem kommen ja offenbar auch Verfrühungen und Verspätungen der Entwicklung
vor.
Indem ich nun zur speciellen Darstellung der Furchen und Windungen des Gehirns im 7. Monate übergehe,
hebe ich noch einmal hervor, dass die Zustände sich so eng an die der eben beschriebenen Periode anschliessend dass
man eigentlich erst weiter in den 7. Monat hinein typische Verhältnisse zu erkennen vermag. Das in den Fig.
6, 7 und 8 der Taf. XII abgebildete Gehirn gehört einer solchen Uebergangsperiode vom 6. zum 7. Monate an;
es bietet Furchen und Windungsanordnungen dar, welche nicht nur mit den eben beschriebenen aus der zweiten
Hälfte des 6. Monates tibereinstimmen, sondern auch recht typische und reine Verhältnisse aufzuweisen haben, so
dass dieses Gehirn als eine Art Schema angeführt werden könnte. Auch die in Fig. 7—11 der Taf. XV
und Fig. 1—5 der Taf. XVI abgebildeten Gehirne gehören einer solchen schwer bestimmbaren Uebergangsperiode an.
In Fig. 4 der Taf. XXIV, Fig. 1 der Taf. XXIII, Fig. 6 und Fig. 7 der Taf. XXII und Fig. 8 der
Taf. XVI, vor Allem aber in Fig. 1—7 der Taf. XXVII und Fig. 1—7 der Taf. XXVIII sind Gehirne
abgebildet, welche dem 7. Monate angehören, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach der zweiten Hälfte dieser
Periode. Was lässt sich nun aus den Abbildungen dieser Gehirne entnehmen. Dass die Furchen- resp. Win-
dungsbilclung sich in den im 6. Monarte angelegten Bahnen typisch fortentwickelt hat. Die Furchen sind im Ganzen
nicht nur verlängert, sondern auch vertieft; theilweise sind die zuerst als getrennte Gruben und Furchenstücke
angelegten Furchen zu Einheiten zusammengeflossen; dieses ist aber, wie gesagt, nur theilweise geschehen, denn
sowohl am Stirnlappen, wie am Scheitel- und am Schläfen läppen sind noch mehrere Furchen in ihren einzelnen
Theilen vorhanden. Die Centraifurchen, die Präcentral- und Postcentraifurchen, sowohl wie die Interparietal-
furchen sind indessen in mancher Beziehung weiter entwickelt und zeigen die bekannten Variationen ihrer Anordnung
; bestimmter. In Zusammenhang mit dieser Ausbildung der Furchen haben nun auch die Windungen einen
viel ausgesprocheneren Charakter bekommen. Die Centraifurchen haben die Mantelkante ganz oder doch beinahe
ganz erreicht. Zugleich ist der Sillens cinguli gewöhnlich einheitlicher geworden und mit seinem hinteren Ende
auf die äussere Oberfläche getreten, wo er die bekannte Einkerbung hinter dem inneren Ende der Centraifurche
bildet. Die obere Temporalfurche ist an beiden Enden weiter ausgewachsen, und die Fissura calcarina und die
Fissura parieto-occipitalis haben ungefähr ihre Endgebiete erreicht. Ferner sind mehrere neue Furchen angelegt.
So z. B. der Sulcus subparietalis, der Sulcus paracentralis und der Sulcus occipitalis anterior (Ramus asc. sulc.
temp. med.). Ich gehe auch hier auf die Verhältnisse der Fossa Sylvii und der Opercula nicht näher ein, da ich
diese Gebilde in einem besonderen Abschnitt zu behandeln beabsichtige.
In Betreff der Frage, ob die linke Hemisphäre in der Entwicklung der Furchen und Windungen der rechten
voraus sei, wie Gratiolet meinte, stimme ich Ecker bei, class dieses sich nicht darthun lässt. Bald sieht man
an der linken, bald an der rechten Hemisphäre ein gewisses Ueberwiegen; die Verhältnisse sind aber so wechselnd
, dass sich in dieser Hinsicht keine Regeln finden lassen.
Von dem Anfang oder der ersten Hälfte des 8. Monates habe ich unten einige charakteristische Gehirne
abbilden lassen (Taf. XVIII, Fig. 2—6, Taf. XIX, Fig. 1—4 und 6, und vor Allem Taf. XVII, Fig. 1—7). Es ist
hier die Ausbildung der schon im 7. Monate mehr oder weniger weit entwickelten oder auch erst angelegten Furchen
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