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erheben; dies ist namentlich am oberen Umfang der Fall. Es fängt die Opercularbildung an. In den Fig. 3
und 4 der Taf. IX und in Fig. 1 der Taf. XXII, welche Figuren direct nach der Natur photographirt sind, sieht
man deutlich, dass vor Allem der hintere Winkel eingesenkt und eingeengt worden ist. Von der Parietalregion
und zum Theil der oberen Partie der Temporalregion fängt der umgebende Wall an, sich über die Fossa,
resp. die Insula, wulstig emporzuwölben; von hier an senkt sich zwar der Wall sowohl oben nach dem vorderenoberen
, wie unten, nach dem unteren Winkel zu, doch ist namentlich oben die wulstige Umwallung scharf ausgeprägt
. Am hinteren Winkel ist übrigens schon eine eigenthümliche Anordnung, welche sich später immer mehr
ausbildet, in der Anlage begriffen. Es besteht dieselbe darin, dass sich die hintere, also dicht vor dem Winkelende
belegene Partie des temporalen W'alles nach unten hin abschüssig senkt, so dass sie nach aussen unten abfällt
und eine dreieckige Abflachung darbietet, über welche sich der obere, parietale Wall hervorschiebt (Taf.
IX, Fig. 3 und 4; Taf. XIII, Fig. 3 und 5); es ist dies die erste Anlage des Feldes, wo später die Gyri temporales
transversi von Heschl entstehen.

Nun kommt es aber auch vor, dass der Schenkel sich am hinteren Winkel schon frühzeitig, was später gewöhnlich
ist, in zwei Arme theilt, die einen dreieckigen kleinen Wulst umfassen, welcher dann als eine besondere Opercularbildung
auftritt, die zwischen dem Operculum parietale und Op. temporale eingekeilt ist (Fig. 6, 11 und 15 der
Taf. XIII). Dieses Operculum parieto-temporale kann zuweilen eine sehr starke Entwicklung bekommen, was dieser
Gegend ein eigentümliches Aussehen verleiht (Fig. 6 der Taf. XXII). Ich habe dies auch bei Erwachsenen gesehen.

Am vorderen Schenkel des Dreiecks ist der Wall verhältnissmässig niedrig; er senkt sich hier auch nach unten
hin, wo der untere Winkel offen ist und in die Region der Vallecula Svlvii, im Niveau dieser Eingangspforte,
übergeht. Schon im 5. Monate fangen am vorderen-oberen Winkel die verschiedenen, von Cunningham beschriebenen
Entwicklungsphasen an, sich zu manifestiren. Entweder bleibt dieser Winkel einfach, ungetheilt (Taf. VIII, Fig. 3,
7 und 11; Taf. IX, Fig. 3, 4 und 9; Taf. X, Fig. 4 und 10; Taf. XII, Fig. 3; Taf. XIII, Fig. 3, 7, 13 und 14), wobei
sehr oft ein dem hinteren Winkel ähnliches Verhalten eintritt, indem der vordere Schenkel in seiner oberen Partie ein
dreieckiges, nach der Orbitalfläche abschüssiges Feld bildet, über welches sich von oben her das Vorderende des oberen
Walles erhebt (Fig. 3 der Taf. IX; Fig. 4 der Taf. X). Oder auch wird der vordere-obere Winkel schon früh durch
eine vom umgebenden Walle hinabwachsende, kleine Partie in zweie getheilt (Taf. XXII, Fig. 1); diese Zweitheilung
des Winkels ist aber, wenn sie eintrifft, was in dem 6. Monate geschieht, in der Regel eine etwas spätere Erscheinung
(Fig. 4 der Taf. XV; Fig. 4 der Taf. XVI; Fig. 6 der Taf. XIV; Fig. 2, 5, 6, 7, 10, 11, 12 und 15 der Taf. XIII).
Im 7. und 8. Monate entwickelt sich die Zweitheilung des vorderen oberen Wrinkels noch weiter, und es können nun
alle die von Cunningham beschriebenen Variationen entstehen. Dies findet, wie es von ihm am genauesten dargestellt
worden ist, gerade durch die weitere Entwicklung der umgebenden Wälle und durch das Wachsthum der
im Winkel entstandenen Wallpartie selbst statt. Die Wälle sind nämlich im 6. Monate mehr oder weniger im
Begriffe, sich durch ihr WTachsthum zu wirklichen Opercula auszubilden, und es lassen sich, wie Cunningham
vorgeschlagen hat, nunmehr 3—4 besondere Opercularpartien unterscheiden, deren Anlagen jedoch schon früher
im Walle vorhanden waren. Den oberen Opercularwall werde ich, gleich ihm, Operculum parieto-frontale benennen
und an demselben zwei Abtheilungen unterscheiden: das hinter dem Sulcus centralis belegene Operculum
parietale und das vor diesem Sulcus befindliche Operculum frontale superius. Der untere Opercularwall bildet
sich zum Operculum temporale, der vor der Insula belegene zum Operculum orbitale aus. Schliesslich entwickelt
sich der in vielen Fällen auftretende, eben erwähnte, am vorderen-oberen Winkel durch Zweitheilung dieses Winkels
entstehende, trianguläre, kleine Wall zu einem dreieckig-keilförmigen Operculum, welches sich zwischen dem
oberen und dem unteren frontalen (orbitalen) Operculum ausbildet. Ich werde dieses kleine, aber höchst interessante
Operculargebilde indessen nicht, wie Cunningham es gethan, als das eigentlich frontale, »Operculum frontale»,
bezeichnen, was ich für irreführend ansehe. Eigentlich gehören ja alle drei vorderen Opercularpartien, das Operculum
frontale superius, das Operculum orbitale und der zwischen diesen beiden befindliche Keil, wenn er vorhanden
ist, zum Frontallappen; es würde deshalb am angemessensten sein, alle drei Gebilde als »Opercula frontalia» zu bezeichnen
, und zwar als Operculum frontale superius, Operculum frontale intermedium und Operculum frontale
anterius. Cunningham's Bezeichnung des letzteren Gebildes als Operculum orbitale lässt sich jedoch auch gut ver-
theidigen. Man könnte zwar das Operculum frontale intermedium seiner Gestalt nach auch »Operculum frontale
cuneiforme» oder »trianguläre» nennen. Da es aber seine Substanz gewissermassen aus den beiden anliegenden
Opercula, dem Operculum frontale superius und dem Operculum frontale anterius, schöpft, welche Substanz, wenn
dieses Operculum nicht vorhanden ist, offenbar in die beiden Nachbargebilde eingeht, so scheint mir, wie erwähnt,
für dasselbe der Name Operculum frontale intermedium am meisten bezeichnend zu sein.


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