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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0052
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Ich will die Frage von den Furchen der Insula nicht verlassen, ohne auf eine specielle Angabe
Marchand's, bezüglich welcher ich von ihm ganz bestimmt abweiche, ausführlicher einzugehen. Er fügt nämlich
nach der angeführten Erörterung Folgendes hinzu: »Die Hauptsache ist aber, dass ich die zuerst beim Foetus
auftretende, bleibende Furche nicht für die spätere Centraifurche, sondern für diejenige Furche halte, welche die
hintere (untere) Abtheilung der Insel in zwei Hälften theilt. Diese Furche finde ich beim 7-monatlichen Foetus
deutlich ausgeprägt, während der übrige Theil der Insel noch fast glatt, aber von schwachen Gefässfurchen
durchzogen ist. Die Centraifurche ist ganz schwach angedeutet.» Auch bei einem 8-monatlichen Foetus sah er
jene Furche stark ausgeprägt und eine der Lage nach der Centraifurche entsprechende sehr schwach angedeutet.
Genau in derselben Lüge erscheint die Furche auch beim Neugebornen, doch nicht immer in gleicher Deutlichkeit.
Beim Erwachsenen ist die Furche nicht selten undeutlicher, abgeflacht, in anderen Fällen stark ausgeprägt und
bis in die Nähe der Inselschwelle reichend. Jene beim Foetus zuerst am stärksten ausgeprägte Furche im Bereiche
der unteren, dem Schläfenlappen anliegenden Fläche der Insel charakterisirt sich nach Marchand ganz als
•»Längsfurche-» der Insel, d. h. sie verläuft in der Hauptrichtung der Fossa Sylvii; er nennt diese Furche deshalb
Sulcus longitudinalis insulce.

Ich will nun zwar nicht bestreiten, dass solche Fälle wie die von Marchand beschriebenen vorkommen
können, doch stellen sie ein typisches Vorkommniss nicht dar. In den zahlreichen Gehirnen, die ich in dieser
Hinsicht untersuchte, fand ich diese Anordnung nie. Sobald eine sichere Entscheidung möglich war, konnte ich
mich davon überzeugen, dass die Centraifurche nicht nur die am meisten typische und ausgeprägte Furche des
Insularfeldes, sondern auch die zuerst regelrecht angelegte war. Es kommen nur zuweilen Fälle vor, in welchen
beide Furchen früh auftreten und ungefähr gleichzeitig dieselbe Ausbildung zeigen. Die »Längsfurche» Marchand's
ist aber gar zu oft keine einheitliche Furche, sondern sie besteht in sehr vielen Fällen, wie auch die Verhältnisse beim
erwachsenen Gehirn im Uebermass lehren, aus getrennten Stücken, die oft nicht in einer Linie liegen, sondern
im Gegentheil schief gegen die Längsaxe des Sulcus centralis gerichtet sind, auch kann sie zuweilen nur sehr
schwach ausgeprägt sein. Ich kann deshalb der genannten Furche keine so hervorragende Bedeutung zuerkennen
und will daher für sie lieber den älteren Namen »Postcentraifurche» (Sulcus po st centralis insulce) beibehalten.
In Betreff ihres Verhaltens zu dem Temporalpole und dem Lobus limbicus sowie zur äusseren Riechwindung
scheint mir aber, wie oben hervorgehoben wurde, Marchand richtige Ansichten zu hegen.

Bevor ich dieses Kapitel verlasse, habe ich noch der Entstehung der Furchen und Windungen der umgebenden
Opercula zu gedenken. Diese in mehrerer Hinsicht interessanten Bildungen sind von den Hirnanatomen
bisjetzt nur theilweise berücksichtigt worden, weshalb ich sie in einer folgenden Abtheilung beim Erwachsenen
eingehender behandeln werde. Indessen will ich hier nicht über sie hinweggehen, ohne wenigstens die Hauptzüge
ihrer Entwicklungsgeschichte anzugeben.

Was zuerst das Operculum parieto-frontale betrifft, so erscheint gegen Ende des 7. Monates an seiner
Aussennäche und in der Nähe seines unteren Randes in der Regel eine Reihe von kurzen, transversalen Furchen,
von welchen typisch drei, zuweilen aber nur zwei vorhanden sind (Taf. XVII, Fig. 3 und 4, Taf. XX, Fig. 3 und 4).
Die erste findet sich vor dem unteren Ende des Sulcus prcecentralis inferior und entspricht dem Sulcus diagonalis
von Eberstaller. Die zweite mittlere ist vor dem unteren Ende des Sulcus centralis belegen und stellt Eber-
staller's »untere Querfurche der Centralspalte» dar (= »inferior transverse furrow of the fissure of Rolando,
Cunningham; Sulcus subcentralis anterior, Marchand). Die dritte (hintere) befindet sich hinter dem unteren Ende
der Centraifurche und vor dem unteren Ende der Postcentraifurche und entspricht dem Sulcus retrocentralis
transversus Eberstaller's (inferior transverse furrow of the intraparietal sulcus, Cunningham; Sulcus subcentralis
posterior of Marciiand). Die erwähnten drei Furchen sind in dieser Periode fast immer nach oben von der unteren
Kante des noch wulstig abgerundeten Operculums belegen; die zwei vorderen gehören dem Operculum frontale
anterius, die hinterste dem Operculum parietale an. Je nachdem nun das Operculum nach unten hin hervorwächst
, werden diese Furchen, v. A. die mittlere und die hintere, in der Regel nach unten hin geschoben, so
dass sie gewöhnlich die Kante erreichen und sogar sehr oft auf der unteren Fläche des Operculums zu liegen
kommen. Dieses wird noch ausgeprägter, sobald das Operculum parieto-frontale und das Operculum temporale
einander erreicht haben und sich an einander drücken; die sich begegnenden Flächen platten sich dann gegen
einander ab, und die erwähnten Furchen werden dabei oft noch mehr auf die untere verborgene Fläche des
Operculum parieto-frontale verschoben, wo sie bald die Kante quer und schief einschneiden, bald aber auch
höher auf die AussenfLäche emporreichen und, wie Eberstaller zuerzt nachgewiesen hat, Verbindungen mit den


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