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von einem Viereck, wie von einem Dreieck sprechen kann. Das meiner Ansicht nach Interessanteste in der ma-
kroscopisch sichtbaren Configuration dieser Partie der Area acustica ist indessen die schon oben von mir hervorgehobene
Thatsache, dass der Funiculus separans jederseits in ihre untere-innere Ecke hineinläuft und sich in
ihrer Substanz verliert; dieser Funiculus erscheint gewissermassen als der Stiel der Area acustica inferior, der
sich in ihr ausbreitet (Fig. 6, 7, 10, 11, 12, 14 und 17 der Taf. XXXV; Fig. 1 der Taf. XXXVI; Fig. 5 der
Taf. XXXVII). Die Area hat übrigens eine glatte, schwach gewölbte Oberfläche und geht nach oben (vorn) hin
in ihre intermediäre Fortsetzung über.
Die Area acustica, als Ganzes, bildet schon beim Foetus eine medialwärts von dem Sulcus limitans (der Fovea
inferior s. posterior, der Fovea superior s. anterior und der diese beiden Foveoa verbindende Rinne) begrenzte höckerartige
Erhabenheit mit convexer medialer Kante und hat, wenn keine Striae medulläres vorhanden sind, eine recht
glatte Oberfläche. Diese Beschaffenheit zeigt sie, falls sich keine oder nur schwach entwickelte Striae medulläres
finden, auch im erwachsenen Zustande (Fig. 6, 7, 10 und 14 der Taf. XXXV). Weiter sieht man die schön
gewölbte Area sich nach aussen hin jederseits ohne Unterbrechung in den Boden der Recessus lateralis fortsetzen
und dort das von den Neurologen als Tuberculum acusticum bezeichnete I^eld bilden. In den Recessus laterales
sind aber in der Regel, in ihrer Längsrichtung, jederseits eine oder zwei Furchen entweder nur angedeutet,
oder auch stärker ausgebildet (Fig. 6, 10 und 17 der Taf. XXXV), ja man sieht zuweilen eine ganze Reihe solcher
Furchen mit den zwischen ihnen befindlichen Falten (Fig. 13 der Taf. XXXV). Durch die Ausbildung der Stria3
medulläres wird schon beim Foetus (Fig. 1, 2, 4 und 5 der Taf. XXXV), mehr aber noch beim Erwachsenen
(Fig. 9, 11, 12 und 15 der Taf. XXXV; Fig. 1 und 2 der Taf. XXXVI; Fig. 2 und 5 der Taf. XXXVII) die
Oberfläche der Area acustica in verschiedener Weise moclificirt. Diese Stränge ziehen nämlich an ihrer Oberfläche
hin und bilden dort bekanntlich, was auch aus den Figuren ersichtlich ist, mancherlei Firsten und Erhabenheiten.
Die beiden Recessus biegen sich um die Medulla nach den beiden Seiten hin um. Der vorn-unten befindliche
Boden der Recesse besteht beiderseits aus der Area acustica mit ihrem Tuberculum. Ihre nach hinten-
oben belegene Decke wird von dem Flocculusstiel und der ependymatösen Fortsetzung der Decke des vierten
Ventrikels gebildet. An den beiden Rändern, welche die Decke mit dein Boden vereinigen, läuft je eine Taenia
hin. Den Eingang des rechten Recessus habe ich in Fig. 8 der Taf. XXXVIII in doppelter Grösse abgebildet;
es ist hier das Velum posticum nach hinten umgebogen. In den Fig. 5, 6 und 7 derselben Tafel ist der rechte
Recessus durch die Abhebung der ependymatösen Decke offen gelegt. In Fig. 5 ist die ependymatöse Decke
unbeschädigt und der Recessus also hinten nicht geöffnet, sondern in geschlossenem Zustande von hinten her abgebildet
. In den beiden Figuren 5 und 6 lässt sich der ganze Boden und die Vorderwand des rechten Recessus
überblicken, und zwar in Fig. 6 in doppelter Vergrösserung. In der Fig. 9 der Taf. XXXVII ist dasselbe Präparat
in doppelter Grösse in directer Photographie wiedergegeben. Ausserdem ist in Fig. 1 der Taf. XXXVII
der Boden des Recessus lateralis sinister blossgelegt. Endlich ist noch das Dach des Recessus sinister in den
Fig. 20 und 21 der Taf. XXXVIII von unter her abgebildet. Bei dem Foetus ist der Gang verhältnissmässig
weit und seine untere Wandlamelle noch breit und flach (Fig. 1—3 der Taf. XXXV). In Fig. 1 und 2 ist diese
Wand von vorn her frei gelegt; in Fig. 3 ist der Recessus, beiderseits ungeöffnet, von hinten her abgebildet. In
mehreren Figuren der Taf. VIII, IX etc. sind embryonale und foetale Recessus wiedergegeben. Aus diesen Abbildungen
, v. A. aus den Fig. 5 und 6 der Taf. XXXVIII, ist die Gestalt der Recessus laterales ersichtlich, daher
ich hier nicht auf eine weitere Beschreibung derselben einzugehen brauche. Es finden sich indessen zwei Gebilde,
welche eine fernere Besprechung erfordern, nämlich die beiden Tcenice und die Endtasche.
Was zuerst die Tcenice betrifft, so hängt ihre Bildung mit der anderen, hinteren-unteren Tamia des
vierten Ventrikels so innig zusammen, dass ich gleich ihre ganze Organisation besprechen kann. Bekanntlich
findet sich in den ersten Monaten des Embryonallebens am Dache des vierten Ventrikels eine zusammenhängende
ependymatöse Haut, welche mit ihren Rändern ringsum in die Xervensubstanz des Rhombencephalons übergeht,
und zwar unten am Rande der Rautengrube, oben am Rande des embryonalen Velum medulläre posticum. Nach
den Seiten stülpen sich die beiden Recessus laterales aus, und die fragliche Haut bildet, unten am umo-eboo-enen
Rande in diese Gebilde, oben in den dem späteren Flockenstiel entsprechenden Theil des Kleinhirns übergehend,
ihre hintere Decke. Diese Deckhaut bricht schon früh hinten-unten durch — oder sie wird aufgelöst —, wodurch
das Foramen Magendii entsteht; auch an den Enden der beiden Recessus tritt ein ähnlicher Durchbruch ein, wodurch
die beiden Apertur« laterales gebildet werden. Die übrigen Theile der Decke entwickeln sich aber weiter
und bleiben dann, nachdem sie schon früh gewisse Gefässanhänge der Pia mater in sich aufgenommen haben,
wodurch sie plexusartig in die vierte Hirnkammer eingestülpt worden sind, das ganze Leben hindurch als rudi-
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