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Was stellen nun die zwischen den Corpora mammillaria und der Oeffnung des Kanales im Hypophysisstiel
belegenen Partien dar? Man hat diese Theile früher, ohne ihre Zusammensetzung näher zu kennen, als graue
Bodencommissur oder als die Wand des Tuber cinereum aufgeführt. In der That gab es bisher keine genaue
Darstellung der Configuration dieser Theile. Ich habe mich deshalb bemüht, diese Lücke zu füllen, wobei ich eine
solche Anordnung gefunden habe, wie die Fig. 8, 9 und 10 der Taf. XLIII zeigen.
Um aber die fraglichen Verhältnisse verstehen zu können, thut man am besten, wenn man sie mit Medianschnitten
und schiefen Ansichten der Bodenpartie von der Seite und von oben vergleicht. Eine Ansicht der
letzten Art bieten die Fig. 10 und, in doppelter Grösse, die Fig. 11 der Taf. XXXIV dar. Man erkennt in diesen
Ansichten nach vorn von den inneren Erhabenheiten der Corpora mammillaria zwei paarige, rundlich ovale Höckel".
An den Medianschnitten (z. B. Fig. 3 und 4 der Taf. XXXIV) findet man ebenfalls nach vorn von dem Corpus
mammillare beiderseits einen Höcker, an dessen hinterer Seite die Bodenwand eingeknickt oder eingebuchtet ist;
nach vorn-unten von dem Corpus zeigt die Wand aber eine Ausbuchtung. Diese Ausbuchtung entspricht der von
mir im vorigen Jahre (Biol. Unt. Bd VII) bei dem Foetus und dem Erwachsenen beschriebenen Eminentia saccu-
laris. In den Medianschnitten tritt dieser Theil in der Regel als eine kleine Ausbuchtung der Bodenwand (Fig.
3, 4, 7, 8 und 9 der Taf. XXXIV) hervor. Der äusseren Erhabenheit, der Eminentia, entspricht also innen eine
kleine Vertiefung, ein Recessus saccularis. Und nach hinten von dieser Vertiefung finden sich die beiden paarigen
Höcker, welche oben beschrieben worden sind. Ich werde diese beiden Höcker am Boden der Ventrikelhöhle
Tubercula prcemammillaria benennen und verweise im Uebrigen auf die Abbildungen von oben her, welche ich
in den Fig. 8, 9 und 10 der Taf. XLIII mittheile. Zwischen den Höckern findet sich eine Furche, die einem
Theil der Medianrinne entspricht; nach vorn läuft diese Furche in den Recessus saccularis hinaus, und nach
hinten stösst sie auf ein dreieckiges Feld, das zwischen die beiden Corpora mammillaria eingekeilt ist; dieses
kleine Feld, welches die innere Oberfläche einer sehr dünnen Partie der Hirnwand darstellt, werde ich als Tri-
gonum prcemammillare, und die Vertiefung zwischen den beiden Corpora mammillaria, die von ihm begrenzt
wird, als Recessus prcemammillaris medianus bezeichnen. Nach aussen hin findet sich am vorderen Ende der
Corpora mammillaria, zwischen ihnen und den Tubercula pnemammillaria, jederseits eine Furche, ein Sulcus
'prcemammillaris lateralis, welche sich an beiden Seiten zu einem Recessus prcemammillaris lateralis vertieft.
Von oben her erscheint der Recessus saccularis nicht rundlich, sondern rautenförmig, indem die Medianfurche
von hinten und vorn in ihn hineintritt und auch die beiden Sulci prsemammillares in ihn hineinlaufen.
Die beiden nach vorn-aussen von dem Recessus saccularis befindlichen Firsten der Hypothalamus-Wand, welche
in der Ansicht von oben (Fig. 8—10 der Taf. XLIII) so ausgeprägt hervortreten, sind oft auch auf den Medianschnitten
erkennbar (Fig. 3 und 4 der Taf. XXXIV) und können Cristce laterales inferiores hypothalami heissen.
Nach vorn von dem Kanäle des Hypophysisstieles erhebt sich am Boden des dritten Ventrikels das Chiasma
hoch nach oben, wodurch es zwischen diesem Kanäle, dem sogenannten Recessus infundibuli, und dem Recessus
opticus (R. terminalis) eine transversale Scheidewand bildet. Der obere Rand des Processus chiasmaticus ist oft
recht scharf und in der Mitte concav (Fig. 14 der Taf. XXXIV; Fig. 8, 9 und 10 der Taf. LXIII). Die nach vorn-
oben sehende Fläche dieses Processes ist, wie oben beschrieben wurde, abgeflacht, oder zuweilen etwas ausgehöhlt und
bietet eine ungefähr birnförmige Gestalt dar (Fig. 8 der Taf. XLIII). In der Fig. 1 und 2 der Taf. XLI ist diese
Partie (im Medianschnitt), in der letzteren Figur sogar in doppelter Grösse, in directer Photographie wiedergegeben.
An den unteren Seitenwänden des dritten Ventrikels erkennt man sowohl in den oben angeführten directen
Photographien, wie in den übrigen betreffenden Abbildungen (Fig. 1, 3, 4, 7 und 11 der Taf. XXXIV; Fig. 1,
2 der Taf. XLI) ein constant vorkommendes System von Falten und Furchen, welches v. A. in der Gegend über
den Corpora mammillaria vorhanden ist. Diese Rugce hypothalamicce sind wohl zum grossen Theil ependymaler
Natur, doch gehen wahrscheinlich auch andere nervöse Elemente in sie ein; ihr constantes Vorkommen ist beaehtens-
werth; sie verlaufen grösstentheils in ziemlich verticaler Richtung, biegen aber oben, unter dem Sulcus hypothala-
micus, nach oben-vorn um und verschwinden dann. Man sieht sie mit blossem Auge, besser aber mit der Loupe.
Auch weiter nach vorn hin, unter der vorderen Commissur, sind sehr oft ähnliche Furchen und Falten sichtbar;
ebenso sind hier, über dem Recessus opticus, oft höckerige Ausbuchtungen der Wand bemerkbar (Fig. 3 der
Taf. XXXIV).
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