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schwache Erhabenheiten des Ependyms. In den Fig. 1, 2 und 3 der Taf. XLIII habe ich theils die Verschiedenheit
in der Weite des sogen. Vorderhorns — eigentlich giebt es hier kein »Horn», sondern nur eine Grube oder einen
kurzen Rccessus —, theils das Verhalten dieser Grube und der Stria terminalis wiedergeben wollen. Wie man
aus Fig. 1 ersieht, stellt die fragliche Grube nur eine enge Spalte zwischen der Oberfläche des Corpus striatum
und dem vom Corpus callosuin gebildeten Dache dar. In Fig. 1, und noch mehr in Fig. 2, ist diese Spalte
weiter. An ihrem inneren Ende, wo das Corpus striatum eine höckerartige Erhabenheit zeigt, findet man fast
immer ein kleines Grübchen, welches in der Regel vorn-oben von einer kurzen Brücke begrenzt ist. Nach hinten
von diesem Grübchen bildet die mediale Wand eine in den einzelnen Fällen verschieden starke Erhabenheit, welche
nach oben und vorn von der vorderen Commissur und den Fornixsäulen belegen ist und als Eminentia supra-
commissuralis bezeichnet werden kann. Der Boden des Grübchens wrird von dem zu einem breiten Dreieck erweiterten
vorderen Ende der Stria terminalis gebildet; das vordere spitze Ende dieses Dreiecks schiebt sich bis
an den innersten Winkel des Grübchens hinan. Dieses dreieckige Anfangsstück der Stria ist von den Autoren als
»Lamina Cornea» bezeichnet worden, was eine wenig passende Benennung ist; richtiger wäre es, diese Partie als Tri-
gonum oder Caput stri.se terminalis aufzuführen. Das Grübchen wird wohl am geeignetsten als Recessus anterior
medialis des Seitenventrikels bezeichnet. Am vorderen Ende des Bodens dieses Recessus habe ich oft einen rundlichen
Höcker (Fig. 1 der Taf. XLIII) angetroffen, dessen Natur ich nicht kenne. Cysten verschiedener Grösse
sind übrigens im Ependym nicht ungewöhnlich. Die von dem Corpus callosum und dem Fornix nebst dem
Septum pellucidum gebildete mediale Wand des Seitenventrikels ist bekanntlich, der Länge nach, von vorn nach
hinten stark ausgehöhlt, indem zwischen dem Dache (Corpus callosum) und dem Corpus fornicis eine Rinne gebildet
wird, welche auf Frontalschnitten (Taf. XLVIII, Fig. 1 und 2) besonders deutlich hervortritt. Die mediale
Wand dieser Rinne, die ebenso wie ihre untere Begrenzung vom Fornix gebildet wird, ist glatt. Das vom Corpus
callosum gebildete Dach des Seitenventrikels ist dagegen in der Regel durch quere Trabekeln und Furchen ausgezeichnet
{Trabecuice transversa? tecti ventriculi lateralis). Dieselben sind zuweilen ausserordentlich stark hervortretend
und geben dieser Fläche ein eigenthümliches, rippenartiges Aussehen; sie entstehen natürlich durch die
Querstränge des Balkens, welche zuweilen, in der genannten Weise sehr markirt, an die Oberfläche herantreten.
Das trabeculirte Dach setzt sich von dem Ansätze des Fornix an der medialen glatten Rinnenwand mit einer oft
scharfen Linie ab.
Der Fornix.
Der Fornix, welcher mitten an der Unterseite des Balkens in der bekannten Weise angeheftet ist, bietet
einige Eigenthümlichkeiten dar, Avelche ich bei den Autoren nicht erwähnt gefunden habe. In den Beschreibungen
und Abbildungen des Gehirns findet man nämlich die beiden paarigen Partien des Fornix immer sehr regelmässig
symmetrisch dargestellt. Ich war deshalb sehr erstaunt, als ich in den meisten der von mir untersuchten Gehirnen,
welche mit aller möglichen Sorgfalt in frei hängender Lage ohne Druck und dadurch hervorgerufene Deformation
gehärtet worden waren, diese Symmetrie nicht wiederfand. Es schien mir vielmehr die Asymmetrie in verschiedenem
Grade die Regel zu sein. Diese Auffassung erhielt ich schon bei der Betrachtung der Frontalschnitte (Fig. 1, 2
und 3 der Taf. XLVIII), wo sich die rechte Fornixhälfte breiter und flacher, die linke schmäler, mehr gebogen
und weiter nach unten hinabsteigend zeigte. Zwar hatte ich in den Abbildungen der Autoren, wo solche Frontalschnitte
wiedergegeben sind, dieses Verhältniss nie dargestellt gefunden; doch sind die meisten der betreffenden
Abbildungen in den Lehrbüchern und Hirnanatomien sehr schematisch gehalten, so dass sie nur in den Hauptzügen
dem natürlichen Verhalten entsprechen. Ich schritt deshalb zu einer genaueren Untersuchung einer Anzahl von
gut gehärteten Gehirnen, und zwar nach Abtragung der oberen Partien der Hemisphären und Freilegung des Fornix
von oben her. Die Fig. 1 der Taf. XLIV und XLV bieten eine gute Uebersicht über die fraglichen Gebilde in natürlicher
Lage von oben her dar; sie sind durch directe Photographie wiedergegeben. Man sieht auch hier die rechte
Fornixhälfte auffallend breiter, die linke schmäler und mehr umgebogen. Um aber einen Ueberblick von unten her
zu bekommen, präparirte ich die basalen Ganglien ab, so dass der Fornixkörper und die Crura in ihrer ganzen
Ausdehnung bloss lagen. Von diesen Präparaten sind auf der Taf. XLVI fünf als Beispiele abgebildet. Es
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