http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0086
68
Nach aussen vom Hippocampus findet sich die vordere Fortsetzung der Eminentia collateralis als eine nach
vorn hin sehr verschmälerte Fläche, die jedoch nicht immer convex ist und daher besser als Area collateralis
bezeichnet werden dürfte. Dieses Gebilde ist gegen die obere Wand durch eine Furche, den Sulcus lateralis cornu
inferioris, abgesetzt. Die Area reicht mit ihrer Eminentia gewöhnlich ebenso weit wie der Hippocampus selbst
nach vorne und biegt sich verschmälert um sein Vorderende herum. Zwischen ihr und dem Hippocampus findet
sich natürlicherweise auch eine Furche, ein Sulcus inferior cornu inferioris. Das Dach des Unterhorns verbreitert
sich vorne und wölbt sich über die Rundung des Hippocampus herum (Fig. 2 der Taf. XLVII).
Wie oben erwähnt wurde, läuft der Schwanz des Streifenhügels als schwacher Wulst an dem Dache hinab
und verbreitert sich vorn an seinem Ende. Zuweilen erkennt man vorne am Dache schwache Eindrücke, die
den Wülsten der Digitationen entsprechen (Foveas digitatas). Eigentümlicher Weise giebt es am vorderen
Umfange des Hippocampus, zwischen ihm und dem Dache, einen Zusammenhang von polygonaler, 3—6 Mm.
langer Gestalt. Ich habe diese Brücke in allen den Fällen nachweisen können, die ich hierauf untersucht habe.
In Fig. 24 und 25 der Taf. L habe ich zwei Hippocampi mit solchen Brücken abgebildet.
Das Unterhorn ist stets nach aussen hin abgeschlossen. Dies ging schon sicher aus den von Key und mir
(in d. J. 1869—76) ausgeführten Untersuchungen, resp. Injectionen, hervor. Ich habe mich auch nachher keinesfalls
den Forschern (Merkel u. A.) anschliessen können, welche behaupten, dass sich zwischen der Höhle des
Unterhorns und den Subarachoidalräumen eine offene Verbindung findet. Auch bei allen meinen späteren Untersuchungen
habe ich mich nur davon überzeugen können, dass in unversehrtem Präparate diese Höhle abgeschlossen
ist. Die die Chorioidalspalte verschliessende Haut ist natürlicherweise sehr leicht zerreisslich.
II, Das Rhinencephalon und der Lobus limbicus.
Bekanntlich hat zuerst Broca mit grosser Klarheit und starken, der vergleichenden Anatomie entnommenen
Beweisen darauf hingewiesen, dass der Gyrus fornicatus als ein besonderer Lappen, Lobus limbicus (le grand
lobe limbique) aufgeführt werden muss, sowie dass er an seinen beiden Enden mit dem Lobus olfactorius
zusammenhängt; er zeigte ferner, dass bei makrosmatischen Thieren die diesem Lappen angehörigen Theile
stärker entwickelt sind, als bei mikrosmatischen und beim Menschen. Schwalbe schloss sich dieser Anschauung
an, erweiterte aber unter der Bezeichnung Lobus falciformis das Gebiet des neuen Lappens, und zwar in der
Richtung nach innen, sodass er in den neuen Lappen noch den Balken, die Lamina septi pellucidi, die Columnas
und das Corpus fornicis, die Fimbria fornicis und die Fascia dentata Tarini aufnahm. Es besteht also nach Schwalbe
der Lobus falciformis aus zwei concentrischen Bogenwindungen, einer äusseren, dem Gyrus fornicatus, und einer
inneren, die er, im Anschluss an die Bezeichnung »embryonaler Randbogen», Gyrus marginalis internus benannt
hat; diese Bogenwindungen zerfallen je in einen oberen, oberhalb des Zwischenhirns und des Grosshirnschenkels
gelegenen, sich an den Stirn- und Scheitellappen anlehnenden, und in einen unteren, unterhalb dieser Theile im
Anschluss an den Schläfenlappen befindlichen Abschnitt. Auch Zuckerkandl schloss sich Broca an, rechnete
zu dem Lobus limbicus aber auch die nach innen hin befindlichen grauen, mehr rudimentären Hirntheile des
inneren Randbogens (Gyrus marginalis), nämlich die Fascia dentata, den Gyrus supracallosus (Stria3 Lancisi) und
den Gyrus geniculi; der Gyrus marginalis wird nach ihm durch den Riechlappen, der sich einerseits mit dem
Lobus hippocampi und andererseits mit dem Stirnende des Lobus corporis callosi vereinigt, zusammen mit dem
Lobus limbicus zu einem Ringe geschlossen.
Endlich hat Turner, welcher sich, wie Broca und Zuckerkandl, auf eine grössere Reihe von vergleichend-
anatomischen Untersuchungen stützte, alle diese Theile unter der gemeinsamen Bezeichnung Rhinencephalon
zusammengeführt. Man hat nach ihm an der Oberfläche der Hemisphären des Gehirns zwei Haupttheile zu
unterscheiden: das Pallium und das Rhinencephalon.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0086