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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0087
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Ferner hat auch His diese Lehre entwicklungsgeschichtlich begründet.

Auf Grund eigener, zahlreicher, vergleichend-anatomischer und embryologischer Untersuchungen kann ich
mich diesen Forschern vollständig anschliessen. Bei dem Studium der Gehirne makrosmatischer Thiere und v. A.
niederer Säugethiere erkennt man bald die Richtigkeit dieser Eintheilung des Gehirns. Das Rhinencephalon ist
offenbar die phylogenetisch ältere, früher sich entwickelnde Partie, und das Pallium bildet sich allmählig, in den
höheren Stadien der Thierwelt aus. Obwohl sich beim Menschen und den übrigen Mikrosmatikern das Rhinencephalon
so weit »nach rückwärts entwickelt» hat und eigentlich in mancher Hinsicht mehr oder weniger rudimentär
geworden ist, scheint es doch morphologisch richtig zu sein, diese Partie bei der Eintheilung des Gehirns,
dem Pallium gegenüber, als den ersten Haupttheil der Hemisphärenoberfläche aufrecht zu halten. Zwar ist es
physiologisch noch nicht sicher bewiesen, dass, z. B. beim Menschen, alle Theile des Rhinencephalons im Dienste
des Geruchs stehen, ebenso wenig, dass seine einzelnen Partien nicht auch gleichzeitig am Dienste anderer Organsysteme
betheiligt sind. Im Grossen und Ganzen gehören sie jedoch alle zu dem Rhinencephalon, dies sowohl
physiologisch, als vielleicht mehr noch morphologisch, und sie werden deshalb auch am besten als zusammengehörende
Theile behandelt.

Ich beginne die Darstellung des Rhinencephalons mit der Besprechung der vorn belegenen Theile, im
Anschluss an die schon oben gegebene Beschreibung der foetalen Zustände.

Was den Bulbus und den Tractus olfactorius bei dem erwachsenen Menschen betrifft, so ist zu den Beschreibungen
der Autoren, obwohl sie sehr kurz sind, im Ganzen nichts Wesentliches hinzuzufügen. Ich bemerke
indessen, dass die Grösse und Gestalt des Bulbus recht sehr wechselt. Die Gestalt ist zwar immer oval oder
abgeplattet bohnenförmig mit einer unteren, feinhöckerigen (granulirten), schwach gewölbten Fläche, welche sich
ziemlich scharf vom Tractus absetzt (Fig. 11 der Taf. XXXII; Fig. 11 der Taf. XXXIII); der mediale Rand ist
gewöhnlich mehr convex, als der laterale. Am vorderen Umfang schiessen die stärksten Fila olfactoria hervor.
Die obere Fläche (Fig. 12 der Taf. XXXII) ist nur am Rande granulirt, sonst aber dadurch charakterisirt, dass
sich der obere Fascikel des Tractus auf ihr eine Strecke firstenförmig fortsetzt, um sich dann, gewissermassen
radiirend, in einzelne Bündel auszubreiten. Wie viel die Gestalt und die Grösse der Bulbi wechseln können, lässt
sich schon aus der Betrachtung der auf den Taf. XXXIII (Fig. 11) und Taf. XXXII (Fig. 8, 11, 12, 13 und 14)
wiedergegebenen Exemplare ersehen. Sogar bei demselben Individuum (Fig. 11 der Taf. XXXIII; Fig. 8 der
Taf. XXXII) sind sie oft recht verschieden.

Der Tractus wechselt ebenfalls in Form und Länge, sodass er sogar bei demselben Menschen (Fig. 8 der
Taf. XXXII) bald kürzer, bald länger ist, und bald in der ganzen Ausdehnung (Fig. 10 der Taf. XXXIII), bald
nur in den vorderen Theilen (Fig. 8, 13 und 14 der Taf. XXXII) breit und abgeplattet erscheint; in der Regel
ist er jedoch schmäler und im Querschnitte ausgesprochen dreieckig, indem sich an seiner oberen Seite eine
scharfe Firste findet (Fig. 12 der Taf. XXXII); diese Firste lagert dem engen, aber tiefen Sulcus olfactorius an
und lässt sich oft längs des ganzen Tractus nachweisen. Die zahlreichen Nervenfaserbündel des Tractus sind in
der Regel in besonders mächtiger Anzahl an den Seitenrändern und in der oberen Firste angesammelt, so dass
die drei Kanten oft als hervorragende Stränge imponiren und zwischen sich etwas rinnenförmig eingesenkte
Flächen zeigen. Am Bulbus lässt sich der laterale Strang stets weiter als der mediale verfolgen, indem er an
seinem Rande weit nach vorne hin läuft; zuweilen setzen sich beide Stränge so scharf gegen die untere Bulbus-
fläche ab, dass sie dieselbe gewissermassen umrahmen. Beim Foetus bildet der Tractus mit dem Bulbus einen
Winkel, so dass es den Anschein hat, als ob der Bulbus gewissermassen dem Fusse einer Extremität (dem
Tractus) ähnelte (s. verschiedene Figuren auf den Tafeln). Beim Erwachsenen verschwindet diese Bieimno; der
beiden Partien gegen aneinander, sodass sie so ziemlich in derselben Ebene zu liegen kommen.

Am Tuber olfactorium verschmälert sich, zuweilen sogar stark, die untere Fläche des Tractus, sodass
derselbe in vertikaler Richtung hoch zusammengedrückt erscheint (Fig. 13 und 14 der Taf. XXXII) und etwas
lateralwärts umgebogen wird, wobei die obere Firste eine grössere Höhe erhält. Das Tuber selbst stellt eine
dreieckig-prismatische Partie dar, deren untere Fläche, das Trigonum olfactorium aut., ein unregelmässig dreiseitiges
Feld darbietet, auf dem man bekanntlich zwei weisse Faserfascikel als Fortsetzung des lateralen und
medialen Tractusstranges verfolgen kann; es sind dies die beiden sogen. »Wurzeln» oder Striie olfactorias. Das
Tuber olfactorium selbst aber ist eine graue Hirnpartie, eine Windung, und als solche aufzuführen; dies zeigt
sich am besten, wenn man die Seitentheile der anlieo-enden Windungen des Frontalhirns abträgt. In der Fi°\ 19
der Taf. XXXIII liegt die doppelt vergrösserte Abbildung eines so dargestellten Präparates vor; nach vorn von
dem quer abgeschnittenen Tractus sieht man jederseits eine gewölbte, dreieckige Windungsfläche, welche etwas


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