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Bei 100 Hemisphären sah ich diesen vorderen Gyrus rhinencephalo-lingualis nur 3 mal oberflächlich.
Zuweilen ist es ferner auch nur die hintere, mediale Partie des Gyrus Hügualis, welche in dieser Weise mit
dem Gyrus hippocampi verbunden ist, indem die Fissura collateralis einen Schenkel in den Gyrus lingualis weit
nach hinten sendet. In wieder anderen Fällen ist die Brückenverbindung noch durch eine Längsfurche in zwei
parallele Brückengyri getheilt. Und in noch anderen Fällen kann die ganze Verbindung in die Tiefe der Fissur
hinabgesenkt sein, so dass sie erst beim Auseinanderziehen der beiden Windungen, des Gyrus hippocampi und des
Gyrus fusiformis, sichtbar wird; die letztere Anordnung ist aber eine recht seltene Erscheinung; ich fand sie bei
100 Hemisphären 6 mal; die Fissura collateralis läuft also nachher direct in den Stamm der Fissura calcarina
hinein (Taf. LXXV, Fig. 4).
In der hier im Texte (S. 75) gelieferten Fig. (IV) sind in Contourzeichnungen die gewöhnlicheren und interessanteren
Variationen der Fissura hippocampi zusammengestellt. Uebrigens verweise ich auf die Tafeln, in
welchen die Medianschnitte dargestellt sind (Taf. LXIII—LXXX und LXXXII).
Hinter dieser Brücke befindet sich der als Isthmus gyri hippocampi bekannte schmale Theil dieses Gyrus, indem
der Stamm der Fissura calcarina von hinten her tief in spitzem Winkel in den Gyrus einschneidet; zuweilen ist
dieser Einschnitt so tief, dass die Fissur den Gyrus hippocampi überquert und der Isthmus eine Tiefenwindung
bildet, welche beim Auseinanderziehen der Gyri in der Fissur sichtbar wird; ich fand eine solche Anordnung
bei 100 Hemisphären 29 mal. Der Gyrus lingualis schiebt sich dann mit seiner medialen Kante
über die schief einschneidende Spalte hin. Nach oben hin hängt der Gyrus hippocampi mit der hinter ihm
liegenden Partie, dem Prsecuneus (Gyrus prascunei posterior), zusammen und geht am hinteren Umfang des
Splenium corporis callosi in den oberen Arm des Gyrus fornicatus, den Gyrus cinguli, über. Die Abgrenzung
des letzteren von dem Pra3cuneus des Parietallappens ist bekanntlich manchen Wechselungen unterworfen, indem
der Sulcus subparietalis (und zwar der Ramus subparietalis sulci cinguli der Nom.-Commission) sehr verschiedene
Formen darbieten kann. Diese Furche kann selbstständig und dabei entweder dem Sulcus corporis callosi parallel,
oder nicht parallel, zwei- oder dreischenklig, seicht oder tief sein u. s. w., oder auch vorn und sogar hinten, obwohl
äusserst selten (Fig. 4 der Taf. LXVIII), mit dem Sulcus cinguli, resp. der Fissura hippocampi zusammenhängen.
Der Sulcus cinguli.
Der Sulcus cinguli (Sulcus calloso-marginalis auf.) bietet bekanntlich auch eine Reihe von Wechselungen
dar, in Folge dessen der Gyrus cinguli manche verschiedene Formen zeigt. Da diese Wechselungen schon von
mehreren Verfassern, von Henle bis auf Eberstaller, ausführlich geschildert worden sind, so brauche ich sie
hier nicht eingehender zu besprechen, sondern ich kann mich darauf beschränken, auf die zahlreichen Figuren
der unten folgenden Tafeln zu verweisen (Taf. LXIII—LXXXII, wo verschiedene Medianschnitte abgebildet sind).
Ausserdem gebe ich hier in Texte (s. S. 78 und 79) eine Zusammenstellung der gewöhnlicheren Variationen. Ich
werde deshalb nur hervorheben, dass, wie v. A. Eberstaller betont hat, der Sulcus cinguli eigentlich keine einheitliche
Furche ist, sondern ans mehreren Theilstücken, nämlich einer Pars anterior, einer Pars intermedia und einer
Pars posterior besteht. Es entstehen hierdurch zwischen dem Gyrus cinguli, den Centraiwindungen und der ersten
Frontalwindung Brückenverbindungen verschiedener Art, Von diesen Brücken ist indessen eine besonders gewöhnlich
und bedeutend, die nämlich, welche ungefähr an der Mitte des Gyrus cinguli, nach vorn von dem Gyrus
prsecentralis, in die obere Frontalwindung übergeht.
Da ich in fast jeder Hinsicht der betreff. Darstellung von Eberstaller (Das Stirnhirn, 1890) beipflichten
kann, verweise ich hier auf dieselbe. Am vorderen Umfang des Balkens, Genu corporis callosi, verhält sich der
Gyrus cinguli, gleich dem Sulcus cinguli, in besonders wechselnder Weise. Bald sind die Theilstücke der Furche
zu einer einheitlichen Furche geworden — ich fand dies in 100 Fällen 41 mal —, und dann zieht der Gyrus
als eine typische, zusammenhängende, oben unten scharf begrenzte Windung bis unter das Rostrum hinab,
bald laufen die Theilstücke zu zwei (44 %), drei (14 %) oder vier (1 %), indem sie sich vorn senken
und, sich unter dem nach vorn befindlichen Theil eine Strecke hineinschiebend, dem Sulcus corporis callosi
annähern, wodurch die Windung stellenweise eingeengt wird und sogar sehr schmal werden kann, was besonders
vorne, vor dem Balkenknie, nicht selten vorkommt. An der Windung können kleinere, seichte Längsfurchen
vorhanden sein, welche sie stellenweise in zwei parallele Windungen theilen. WTenn der Gyrus cinguli
stark verschmälert ist, hat offenbar die oben und vorne anstossende Partie des Gyrus frontalis superior einen
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