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Gehirn von einem 6-monatlichen Foetus vor, wo dieser Gyrus weit nach vorn-unten verfolgt werden kann. Und
in dem in Fig. 1 ders. Taf. L abgebildeten Präparat war er sogar in der ganzen Ausdehnung der longitudinalen
Portion der Fascia dentata als ein selbstständiger, glatter Strang nachweisbar. Solche Fälle scheinen dafür zu
sprechen, dass er zusammen mit dem Gyrus intralimbicus einen einheitlichen medialen Windungszug darstellt,
Bei Erwachsenen gelang es mir zwar nie, den Gyrus fasciolaris so weit nach vorne zu verfolgen; er war aber, wie
oben bemerkt wurde, auch hier verschieden stark entwickelt und differenzirt.
Offenbar ist diese Windung, der Gyrus fasciolaris, von einigen Forschern, welche die betreffende Region
behandelt haben, bemerkt worden. Zuckerkandl,1 welcher die Fasciola cinerea als Hinterende des Gyrus den-
tatus (Fascia dentata) betrachtet, hat den medial davon belegenen Windungszug als Caucla cornu ammonis bezeichnet
. Giacomini2 dagegen, der die Fasciola cinerea ebenfalls für die Fortsetzung der Fascia dentata hielt,
beschrieb Fälle, wo an ihrer medialen Seite ein starker Wulst entwickelt war, den er als »Eminenza della fasciola»
bezeichnete.
Die »Baikenwindungen».
Es erübrigt nun noch eine Bildung zu besprechen, die ich bisher absichtlich nicht berührt habe, um sie
nach der Beschreibung der umgebenden Partien besser behandeln zu können, nämlich die sogen. Balkenwindungen,
welche mein Vater, Anders Retzius, vor vielen Jahren zuerst beschrieben hat und die später von Zuckerkandl
von neuem gefunden und eingehender geschildert worden sind. An der unteren Fläche des Fornix und des Splenium
corporis callosi entdeckte nämlich Anders Retzius 3 bei verschiedenen Thieren, der Katze, dem Hund, Seehund
Schwein, Ochs, Schaf und beim Menschen einige bis dahin unbeachtete, symmetrische Wendungen (Gyri) aus grauer
Substanz. Er hielt über diese Entdeckung im Jahre 1856 in der Versammlung skandinavischer Naturforscher in
Christiania einen Vortrag, welcher unter dem Titel »Om grä vindlar (Gyri) pä undre sidan af Hvalfvet (Fornix)
och valken (Splenium) i hjernan hos menniskan och djur» in den Verhandl. bei der Zusammenk. d. skand. Naturforscher
gedruckt und später, im J. 1859, mit einigen Zusätzen in der Zeitschrift d. schwed. Gesellsch. der Aerzte,
Hygiea, und in Dublin Medical Press in englischer Sprache reproducirt wurde. In der letzten Mittheilung suchte
er noch nachzuweisen, dass schon vor ihm Vicq d'Azyr die fraglichen Windungen bemerkt hatte.
Im Jahre 1875 beschrieben dann Key und ich4 in unserer, in deutscher Sprache herausgegebenen Monographie
: »Studien in der Anatomie des Nervensystems und des Bindegewebes» diese Windungen beim Schafe
— nicht beim Kalbe, wie Zuckerkandl sagt — und erinnerten daran, dass Anders Retzius solche Wendungen
bei Thieren und auch beim Menschen beschrieben hatte.
Dann erschien im Jahre 1876 eine Abhandlung von Zuckerkandl,0 welcher diese Windungen, ohne von
den betreffenden Untersuchungen und Angaben von Anders Retzius und von Key und mir etwas zu wissen,
von Neuem beschrieb.
Bald nachher (1877) veröffentlichte ich6 eine Notiz über die Befunde meines Vaters und die von Key
und mir; ebenso reproducirte ich in deutscher Sprache den ersten Aufsatz meines Vaters nebst dem Auszug
aus dem von ihm angeführten Werke von Vicq d'Azyr.
Ferner behandelte Giacomini ' (1883) den fraglichen Gegenstand, wobei er die Windungen als dem Am-
monshorn angehörig aufführte (»dipendenze del corno cli Ammone»).
Endlich erschien (im J. 1887) das Werk von Zuckerkandl: 8 »Über das Riechcentrum», in welchem er die
Windungen bei vielen Thieren und beim Menschen genauer beschrieb und dabei betonte, dass sie weder der
1 E. Zuckerkandl, Über das Riechcentrum, 1887.
- C. Giacomini, Fascia dentata del grande hippocampo. Giorn. d. Reg. Accad. di Med. di Torino, Xov.-Dic. 1883.
3 Anders Retzius, Om gra vindlar (Gyri) pä undre sidan af Hvalfvet (Fornix) och valken (Splenium) i hjernan hos menniskan och
djur. Fürhandlinger ved de Skandin. Xaturforskeres Möde i Kristiania 1856. — Hvgiea f. 1859. — Dublin Medical Press Vol. 13,
N:0 1094, Dec. 21, 1859.
4 Anel Key und Gustaf Retzius, Studien in der Anatomie des Nervensystems und des Bindegewebes. Vol. I. Stockholm, 1875.
;' E. Zuckerkandl, Beitrag zur Morphologie des Gehirnes. Zeitschr. f. Anatomie und Entwickelungsgeschichte, herausg. von His und
Braune, Bd 2, 1876—77.
6 Gustaf RETZIUS, Notiz über die Windungen an der unteren Fläche des Splenium corporis callosi beim Menschen und bei Thieren.
Archiv f. Anat. und Thysiol., Anat. Abih.. 1877.
' C. Giacomini, Fascia dentata del grande hippocampo. Giorn. d. Reg. Accad. di Med. di Torino, Xov.-Dic. 1883.
8 E. Zuckerkandl, Über das Riechcentrum, 1887.
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