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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0105
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von ihnen sie angehören. Jedenfalls sind sie beim Menschen als rudimentäre Windungen aufzufassen, welche am
innigsten mit dem medialen Umfange des Gyrus hippocampi verbunden sind. Wie oben hervorgehoben wurde,
versteht, man aber ihre Natur erst, nachdem man sie bei den Thieren und v. A. den Makrosmatikern untersucht
hat. Indessen stimme ich Zuckerkandl darin bei, dass die von ihm für sie gewählte Bezeichnung im Ganzen
sehr wenig passend ist — »eine Bezeichnung, die sich jedoch, genau genommen, nicht rechtfertigen lässt». Obwohl
dieses in erster Linie die verschiedenen Thiere betrifft, so finde ich sie doch auch für die Verhältnisse beim
Menschen wenig zutreffend, um so viel mehr, als andere Windungen, der Gyrus dentatus und der Gyrus fascio-
laris, dem Balken noch näher anliegen. Wenn man den Begriff »Balkenwindungen» aufrecht halten will, so muss
man ihn erweitern und unter ihm alle dem Balken intim anliegenden und ihm »angehörenden» Erhabenheiten von
Rindensubstanz, mit speciellen Xamen belegt, zusammenfassen. Dieses hat aber keinen eigentlichen Sinn, da sich
der Balken selbst von Anfang an in einem grossen Windungszug entwickelt hat und also eher als eine sekundäre,
wenn auch grossartige, Bildung zu betrachten ist. Ich werde deshalb den Namen Balkenwindung hier unten
nicht anwenden, sondern lieber eine morphologisch indifferente Bezeichnung wählen und die Windungen ihrem
eigentlichen Entdecker, meinem Vater, zu Ehren als Gyri Andrece Retzii bezeichnen.

Ich kehre nun zu der Besprechung der Fortsetzung der Fascia dentata und des Gyrus fasciolaris am hinteren
und oberen Umfang des Splenium corporis callosi zurück.

Wie ich oben bemerkt habe, schliessen sich diese beiden Windungen in der Fasciola cinerea so eng zusammen
, dass man hier oft keine Grenze zwischen ihnen nachzuweisen vermag. In manchen Fällen ist jedoch
eine sie trennende Furche vorhanden, und dann erkennt man oft, dass sich die Fascia dentata am hinteren Umfang
des Splenium zuspitzt, wobei sie zugleich ihre Dentitionen einbüsst, und sich am lateralen Umfang der
Fasciola verliert. Hierauf setzt sich der sie zum grössten Theile bildende Gyrus fasciolaris noch eine Strecke als
halbcylindrischer Strang fort. Nachdem ich nun die also gebildete »Fasciola», resp. den Gyrus fasciolaris, am
oberen Umfang des Splenium beschrieben habe, werde ich die Fortsetzung dieses Windungszuges nach vorn hin
besprechen.

Die meisten Autoren, welche diese Frage in neuerer Zeit behandelt haben, sind darüber einig, dass die
obere Fläche des Corpus callosum von einer Schicht grauer Substanz verschiedener Dicke bedeckt ist, deren
Herkunft sie von der Rinde der medialen Hemisphärenfläche ableiten, indem der Balken bei seiner Entstehung ge-
wissermassen die Oberfläche des Randbogens mit sich gezogen hat; diese graue Schicht bildet sogar ein zusammenhängendes
Ganzes, indem sich die Schichten der beiden Seiten etwa in der Mittellinie vereinigt haben. Die
schon seit Alters her bekannten Streifen, die Striae Lancisi mediales und laterales, sind Verdickungen dieser Substanz,
in welcher aber auch longitudinale Markstreifen verlaufen. In der grauen Substanz, dem sogen. Indusium griseurn
Obersteiner's, haben mehrere Forscher, u. A. Valentin, Golgi, Jastrowitz, Giacomini, Zuckerkandl, Blumenau,
Fish und Ramon y Cajal, die Anordnung der vorhandenen Nervenzellen und Markfasern beschrieben, weshalb ich
auf ihre betreff. Arbeiten verweise, in welchen schon die wichtigeren Data niedergelegt sind. In Betreff der
gröberen, makroskopischen Verhältnisse hat v. A. Zuckerkandl (»Über das Riechcentruim~>) eine eingehende, com-
parative Darstellung geliefert, welcher ich mich grösstentheils anschliessen kann; ich werde deshalb hauptsächlich
nur die Punkte genauer besprechen, in welchen meine Ansicht von der seinigen abweicht. Wie oben bemerkt
wurde, setzt sich nach Zuckerkandl die Fascia dentata nach oben hin direct in das Indusium fort: »An der Stria
lateralis», sagt er, »ist der Uebergang in die Fascia dentata (Fasciola cinerea) eclatant; dafür hört die Stria lateralis
vorne schon vor dem Balkenknie auf; es fehlt ihr demnach jene Portion, welche an der Stria medialis sich
um das Balkenknie herumwindet.» »Die Strias mediales bilden zwei weisse, neben der Mittellinie dem Corpus
callosum aufgesetzte Markleisten, welche sich vorne wie rückwärts um den Balken herumschlagen. Das vordere
Endstück des medialen Lancisi'schen Streifens strahlt neben dem sogenannten Pedunculus corporis callosi in die
mediale Hemisphärenwand ein, nicht in den Pedunculus selbst, wie die meisten Autoren wollen. Das hintere
Endstück der Stria medialis ist nur bis an die Kante des Balkenwulstes deutlich zu verfolgen; an der ventralen
Fläche des Splenium corporis callosi verflacht es sich und verschwindet, so dass man für gewöhnlich nichts weiter
über seinen Verlauf auszusagen vermag. Den entwicklungsgeschichtlichen Verhältnissen nach dürfte man an einen
Anschluss der Stria medialis an die Fascia dentata denken, und dieser Anschluss lässt sich in den Fällen nachweisen
, in welchen das hintere Ende der Stria medialis stark entwickelt ist. Man sieht an solchen Präparaten,
wie das hintere Ende der letzteren seitlich abbiegend sich der Fascia dentata nähert und neben dieser und dem
Ammonshorne verschwindet.» Sowohl die Striae mediales, wie die Striae laterales bieten jedoch nach Zuckerkandl
wechselnde Verhältnisse dar; es handelt sich um rudimentäre Organe. »Die Stria lateralis z. B. bildet gar nicht


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