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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-1/0106
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selten eine dem Gyrus marginalis der osmatischen Säugethiere ähnliche, breite, dicke Rindenplatte, welche gewöhnlich
mit der gleichfalls verdickten Stria medialis vereinigt den Balkenrücken deckt.» Die Stria medialis
unterliegt auch mannigfachen Variationen. Sie bildet zuweilen eine graue, gerundete Leiste und schwingt sich
gar nicht selten zu einem stattlichen Gebilde empor. Das vordere, am Balkenknie gelegene Stück schliesst sich
dann direct dem Gyrus fornicatus an. Es kommt auch vor, dass die Stria medialis sich am Rücken des Balkenschnabels
in zwei Schenkel spaltet, von welchen einer die mediale Lage beibehält, während der andere lateral-
wärts abbiegt und sich als Stria lateralis dem Lobus corporis callosi anschliesst. »Diese verschiedenartigen Varietäten
werden begreiflich, wenn man bedenkt, dass die embryonale Randbogenplatte als Ganzes persistirt und jede Zone
derselben unter günstigen Umständen zu einem windungsartigeri Gebilde werden kann.» Diese Windung, der
Gyrus supracallosus von Zuckerkandl, bildet den dorsalen Theil des Gyrus marginalis, dessen hintere Partie von
dem Gyrus dentatus, dessen vordere von dem Gyrus geniculi gebildet wird.

Wenn man unbefangen eine Anzahl menschlicher Gehirne hinsichtlich dieser Verhältnisse untersucht, so
findet man bald, dass sie, wie Zuckerkandl betont hat, mannigfache Variationen darbieten. Selten, oder nie,
wird man eine so regelrechte Anordnung finden, wie die Lehrbücher gewöhnlich angeben. Zwar erkennt man in
den meisten Fällen über der Querfaserung des Balkens, den Trabecula? oder Stria? superiores transversa?, zwei in der
Mitte ziemlich parallel verlaufende Stränge, die Strice longitud. mediales Lancisi, welche zwischen sich eine mediane
Furche darbieten, in deren Boden stellenweise die Stria? transversa? sichtbar sind; an anderen Stellen laufen
aber die Längsstreifen zusammen, und sie können dann sogar zu einem Strang verschmelzen (Fig. 19 der Taf.
XXXII). Hinten ziehen sie gewöhnlich aus einander, und zwar entweder noch ziemlich von einander abgegrenzt,
oder auch in mehrere schmälere Stränge getheilt, von denen die ersteren nach den Seiten gehen, sich abplatten
und sich dem Blicke entziehen, indem sie in eine flache, die lateralen Theile des oberen und hinteren Umfangs
des Balkens bedeckende Platte übergehen; die mehr medial befindlichen Stränge laufen noch als einzeln verfolgbare
Bündel zu beiden Seiten der Mitte des Balkens auf dessen Unterfläche über und flachen sich dort ab,
indem sie sich in der grauen Belegschicht auflösen und dann in ihr verschwinden. Nach vorn hin kann man
sie gewöhnlich noch, um das Balkenknie herum (Fig. 19 der Taf. XXXII), die mediane Rinne begrenzen sehen
und sie dann oft in dieser WTeise auf dem Rostrum nach der Lamina rostralis hin verfolgen. Hier sind sie
zwar noch zu beiden Seiten der medianen Rinne, des Sulcus subcallosus medianus, vorhanden, doch lassen sie
sich nur schwer nachweisen, indem sie sehr niedrig geworden sind und eng liegen; allem Anschein nach setzen
sie sich jedoch gewöhnlich in die Gyri subcallosi (Pedunculi corporis callosi) fort.

Die lateralen Stränge, die Strice longitudinales laterales oder Tce?iice tectce, sind weniger ausgeprägt und an
beiden Seiten in der Regel nur als ein ganz plattes Band nachweisbar, welches unter dem Gyrus cinguli, gewisser-
massen durch ihn zusammengedrückt und in den Grund des Sulcus corporis callosi eingeschoben, von hinten,
wo es in die seitliche graue Platte übergeht, nach vorn hin zieht, woselbst es sich, immer am Grunde der genannten
Furche, um das Rostrum biegt und, sich allmählig der Mittellinie nähernd, auf der Lamina rostralis mit
den Stria? mediales zusammenläuft, worauf es, wie es scheint, entweder in den Gyrus subcallosus, oder in die
lateral von ihm belegene Substanz übergeht.

Wie verhalten sich aber nun der Gyrus dentatus (Fascia dentata) und der Gyrus fasciolaris zu den Stria?
mediales und laterales, sowie, im Ganzen, auch zu dem Indusium griseum? Wie ich oben mehrfach hervorgehoben
habe, spitzt sich der Gyrus dentatus zu, verliert seine Dentitionen und legt sich der lateralen Seite des Gyrus
fasciolaris an, wonach er in diesen aufgeht und als die sogen. »Fasciola cinerea» um den hinteren Umfang des
Splenium als ein glatter, grauer, halbcylindrischer Strang verläuft, um sich dann an der oberen Fläche des
Splenium abzuflachen und als breite, graue, halbmondförmige Platte (Fig. 1, 2, 3 und 7 der Taf. XLVI) nach
vorn hin fortzusetsen. Es ist gerade diese unter dem Hinterende des Gyrus cinguli gleichsam zusammengedrückte
Platte, in welche sich, wie oben bemerkt wurde, von vorn her die Stria? mediales und laterales grössten-
theils fortsetzen. Oben wurde aber auch bemerkt, dass die medialsten Bündel der Stria? mediales sich oft ablösen
und als getrennte Stränge auf dem hinteren und einer Strecke des unteren Umfangs des Splenium auslaufen,
bevor sie sich abflachen und sich dem Blicke entziehen. Beim Foetus wurden oben ebenfalls solche Stränge
beschrieben; beim Erwachsenen sind sie, mehr oder weniger deutlich, oft noch nachweisbar (Taf. XLIX, Fig. 4,
5 und 13) und als die innersten Rudimente von Windungen zu betrachten.

Indessen stimme ich Zuckerkandl darin vollkommen bei, dass diese soeben beschriebenen, verschiedenen
Stria? und Gyri nur localen Erhebungen und Verdickungen des gesammten Indusiums entsprechen und als
rudimentäre Bildungen mehreren Variationen sowohl der Stärke, als der Lage nach unterworfen sind, so dass es


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