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Der Gyrus frontalis superior.
Dieser Gyrus stellt das Gebiet dar, welches von dem Sulcus praecentralis superior, dem Sulcus prsecentralis
medialis, dem Sulcus cinguli, dem Sulcus frontalis superior und dem Sulcus olfactorius umgrenzt ist. Die Windung
besitzt also drei Flächen, eine dorsale, eine mediale und eine untere.
Die obere Frontalwindung entspringt vom oberen Ende des Gyrus centralis anterior an der Mantelkante;
diese obere Wurzel kann eine verschiedene Breite besitzen. Ausserdem kann aus dem Lobulus paracentralis eine
mediale Wurzel entspringen, die aber auch eine Tiefenwindung sein kann. Endlich geht von der mittleren Frontalwindung
eine hintere laterale Wurzel aus, und zwar nach vorn von der oberen Präcentraifurche; diese Wurzel
ist bald oberflächlich, bald eine Tiefenwindung. Nach vorn hin verschmälert sich der dorsale Theil der oberen
Frontalwindung allmählig und geht in diesem Verlaufe mit der mittleren Frontalwindung eine oder zwei schiefe
laterale Verbindungen ein; er behält selten in seinem ganzen Verlaufe einen ununterbrochenen Rand, in welchem
Falle die Furche in der Tiefe Querwindungen enthält. Auf ihrer dorsalen Oberfläche ist gewöhnlich eine Reihe
kurzer Furchenstücke vorhanden, welche zu einer längeren sagittalen Furche, den Sulcus frontalis mesialis,
vereinigt sein können.
Die mediale Fläche nimmt von hinten nach vorn an Breite zu, oder auch behält sie ihre Breite. Das Verhalten
der Windung hängt hier von dem Verhalten der Furchen und auch nicht wenio* von der Breite des Gvrus
cinguli ab. Der Gyrus rec.tus der Orbitalfläche, welche zu der oberen Frontalwindung gerechnet wird, verschmälert
sich nach vorn hin; als seine mediale Grenze wird gewöhnlich die Mantelkante angegeben.
Der Gyrus frontalis medius.
Die mittlere Frontalwindung entspringt mit zwei Wurzeln, nämlich mit einer mittleren, aus der vorderen
Centralwindung zwischen den beiden Präcentraifurchen hervorschiessenden — die in Ausnahmefällen eine Tiefenwindung
sein kann, — und mit einer lateralen, die gewöhnlich von dem Gyrus frontalis inferior (der Pars basi-
laris) abgeht und nur ausnahmsweise (1 : 20 nach Eberstaller) direct vom äusseren Drittheile der vorderen Centralwindung
ausläuft.
Die mittlere Stirnwindung wird von vorne durch den Sulcus frontalis medius von Eberstaller in zwei
Arme oder Portionen, eine Pars medialis und eine Pars lateralis, getheilt, welche beide, wie oben von den Furchen
angegeben wurde, in ihrer Form und in ihren Verbindungen eine sehr grosse Wechselung darbieten können.
An der Orbitalkante tritt eine Verschmelzung der mittleren Frontalwindung mit den Nachbarwindungen
ein, so dass man hier mit Recht eine fronto-marginale Querwindung unterscheidet, die man jedoch, da man die
Frontalwindungen seit Alters her sich auf der Orbitaifläche fortsetzen lässt, nicht als besondere Windung aufführt,
sondern als Anastomosis fronto-marginalis (Eberstaller) bezeichnet.
Auf der Orbitalfläche nimmt die mittlere Frontalwindung bei weitem die grösste Partie ein. Wteisbach
hat hier drei besondere Windungen, den Gyrus orbitalis internus, den Gyrus orbitalis externus und den Gyrus
orbitalis medius, unterschieden; dieses hat aber keinen Sinn, da sich hier beinahe alle möglichen Combinationen
aufweisen lassen.
Der Gyrus frontalis inferior.
Diese interessante Windung, Avelche, als Operculum frontale superius und intermedium, unten von der
Sylvischen Spalte, oben von dem Sulcus praecentralis und dem Sulcus frontalis inferior begrenzt ist, sich dann,
als Operculum orbitale, medialwärts wendet und den hinteren Theil des Orbitalfeldes bildet, wobei sie vorn von der
queren Orbitalfurche begrenzt wird, stellt eine eigenthümliche, der Quere nach gefaltete oder sogar guirlanden-
artig gerunzelte Rindenpartie dar. In Uebereinstimmung hiermit ist sie von radienartig angeordneten Querfalten
durchzogen und anscheinend aus mehreren viereckigen und dreieckigen Keilpartien zusammengesetzt. Sie ent-
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