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anterior. In manchen Fällen ziehen diese Furchen zwar über die äussere Stirnlappenfläche, ohne die Mantelkante
zu erreichen; in anderen schneiden sie dieselbe bald schwach, bald stark ein, indem sie sich halbwegs oder mehr
über sie ausdehnen, doch reichen sie, falls sie nicht ausnahmsweise eine Verbindung mit den Furchen der Innenfläche
des Operculums eingegangen sind, nie ganz bis zum Spaltenboden hinan. V. A. verursacht der Sulcus
diagonalis in der unteren Fläche oft einen tiefen, nicht selten bis in die Nähe ihres inneren Randes reichenden
Einschnitt, das frontale Operculum stark medialwärts gegen die Insularfläche hinein biegend. In den Fällen, in
welchen diese Furchen an ihrem oberen Ende mit dem Sulcus prascentralis inferior und dem Sulcus centralis zusammenhängen
, können die beiden letzteren scheinbar die Mantelkante einschneiden und die untere Fläche eine
Strecke quer oder schief überfahren; in seltenen Fällen scheinen die genannten grossen Furchen, wie oben bemerkt
wurde, auch ohne Vermittelung der kleineren unteren die Mantelkante einschneiden zu können.
Von der inneren Opercularfläche her steigen ebenfalls mehr oder weniger oft und weit Furchen auf die
untere Fläche hinab; entweder — und dies ist das Gewöhnlichere — schneiden sie die innere Kante derselben
nur schwach ein, oder auch treten sie eine Strecke über die Fläche nach aussen hinaus, jedoch ohne ihre äussere
Kante zu erreichen. Hierbei können sie sich auch in verschiedener Weise mit den zuweilen vorhandenen eigenen
kleinen Furchen der unteren Fläche verbinden und dadurch eigenthümliche, verwickeitere Furchenbilder hervorrufen
(Taf. LXXXVII, Fig. 3 und 4; Taf. LXXXVIII, Fig. 4 und 5).
Durch die von den Seiten eindringenden Furchen entsteht auf der unteren Opercularfläche eine in wechselnder
Weise gewundene Windung sfigur mit bald breiteren, bald schmäleren Partien. Es lassen sich an derselben
kaum einzelne Gyn feststellen. Dagegen könnte man, wie an der Vorderkante des Stirnlappens, eine
»Anastomose» der Windungen annehmen oder auch — und dies scheint mir richtiger zu sein — eine einheitliche
Windung statuiren, welche dann theilweise auch etwas über die Mantelkante hinausgriffe. Ich werde diese
Windungspartie der unteren Fläche des Operculum frontale superius .als Gyrus inferior des oberen Frontaloper-
culums bezeichnen.
Die Superficies interna operculi frontalis superioris.
Die Innenfläche des frontalen Operculums ist, wie die des parietalen, hinsichtlich ihrer Configuration von
den Anatomen entweder nur beiläufig erwähnt oder auch gar nicht berücksichtigt worden. Zuweilen wird indessen
bemerkt, dass hier kleine Furchen und Windungen vorkommen. Der einzige Autor, welcher diesen Furchen
etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt hat, ist Rüdinger..1 In seiner Arbeit »Ein Beitrag zur Anatomie des
Sprachcentrums» hat er im J. 1882 diese Furchen und Windungen gelegentlich besprochen. »In der Fossa Sylvii
des ausgebildeten Gehirns», sagt er, »befindet sich eine grosse Anzahl von Windungen, welche die Insel unmittelbar
umlagern und theils der Broca'schen Windung, theils der ersten Windung des Schläfenlappens und dem Gyrus
supramarginalis angehören. Diese Sekundärwindungen werden erst sichtbar, wenn man die Sylvi'sche Spalte so
aus einander drängt, dass die Insel ganz frei erscheint. Sie stellen einen die Insel vollständig umfassenden, unebenen
Wall dar, der in seiner Beziehung zur Insel nur an Durchschnitten durch diese ganze Hirnregion, an der
die Pia mater nicht entfernt worden ist, klar übersehen werden kann. . . . Beim Neugebornen sind hier schon
alle die sekundären Windungen angedeutet, welche sich beim Erwachsenen in voller Entfaltung vorfinden. Die
Sekundärwindungen des Gyrus frontalis tertius treten erst nach der Anlage der queren vorderen Schläfenwindung
und gleichzeitig mit der Furchung der Insel auf. Hat die Schliessung des hinteren Schenkels der Sylvi'schen
Spalte begonnen, so schreitet das Wachsthum der einzelnen Windungen, welche sie umgeben, ziemlich rasch vorwärts
, und es erfolgt nun die Anlage und Entfaltung der Sekundärwindungen in der Sylvi'schen Spalte, welche
einen ziemlich übereinstimmenden Charakter darbieten. Sie stellen kleine, schwache Erhebungen dar, welche meist
mit ihrer Basis von dem Gyrus supramarginalis, der Central- und dritten Stirnwindung ausgehen und gegen die
Furche, welche die Insel von denselben abgränzt, auslaufen. Diese Gyri obliqui der genannten Windungsgruppe
tragen sehr bedeutend zur Flächenausdehnung der dritten Stirnwindung bei. Ihre Form und Grösse werden mit
zu Stande gebracht durch das später noch näher zu erwähnende Verhalten der Windungen der Renschen Insel.
Durchschnittlich wechselt ihre Zahl beim Auftreten zwischen fünf und acht, während beim Erwachsenen sieben
1 Rüdinger, Ein Beitrag zur Anatomie des Sprachcentrums. Beiträge zur Biologie, als Festgabe dem Anatomen und Physiologen
Th. L. W. von Bischoff zum fünfzigjährigen medicinischen Doctorjubiläum gewidmet von seinen Schülern, 1882.
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