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Der Gyrus supramarginalis.
Diese um das hintere, gewöhnlich zweigeteilte Ende der Fissura Sylvii bogenförmig gewundene Windung,
der vordere Scheitelbogen von Eberstaller, hängt vorn-oben mit dem Gyrus centralis posterior zusammen, sofern
nicht der Sulcus postcentralis inferior durch Vermittlung des Sulcus subcentralis posterior mit der Sylvi-
schen Fissur communicirt, wodurch die beiden Gyri von einander getrennt werden.
Nach unten hin verbindet sich der Gyrus supramarginalis mit dem oberen Ende des Gyrus temporalis
superior; als seine untere Grenze wird am besten der untere Endast der Fissura Sylvii, wenn vorhanden, betrachtet
, indem dieser auch die hintere Grenze des hintersten Gyrus transversus von Heschl abgiebt. Zwischen
den beiden Endästen bildet der Gyrus supramarginalis eine über das Hinterende der Sylvischen Fissur, aber nicht
über die eigentliche Insel, von hinten hervorhängende Klappe, welche ich schon oben kurz erwähnt und als ein »Oper-
culum parieto-temporale» bezeichnet habe. Nach der hier gegebenen Begrenzung gehört dieser Rindentheil jedoch
ausschliesslich dem Scheitellappen an, weshalb ich ihn als Operculum parietale posterius aufführen will. Sowohl
bei Foetus, als bei Erwachsenen habe ich zuweilen (in 5 % von 100 Hemisph.) eine starke Entwicklung dieses
dann weiter nach vorn, über die Fissur hervorhängenden Operculum wahrgenommen. Nach oben-hinten hin
dehnt sich diese vordere Bogenwindung des unteren Scheitelläppchens gewöhnlich nicht weit hinaus. Sie wird
vorn-oben von der unteren Postcentraifurche (resp. dem Sulcus subcentralis posterior) begrenzt; oben stösst sie
oft an die Furchensternfigur, den »Aster sulcorum parietalium», welche durch den Zusammenfluss der Sulci postcentralis
und des Sulcus interparietalis proprius entsteht. Hinten fliesst diese Bogenwindung zuweilen fast in
ihrer ganzen Länge mit der zweiten Bogenwindung innig zusammen; jedoch kommt oft eine diese beiden Windungen
trennende Furche vor, die entweder selbstständig ist, oder mit der Interparietalfurche zusammenhängt; es ist dieses
der Sulcus intermedius jjrimus von (Jensen und) Eberstaller. Diese mehr oder weniger senkrechte Furche kann
zuweilen eine starke Entwicklung darbieten und sogar die Interparietalfurche mit der oberen Temporalfurche
vereinigen. Zuweilen hat sie das Aussehen einer compensatorischen, zu dem hinteren Ende der Sylvischen Fissur
gehörenden Furche, wo sie dann ein nach vorn gerücktes Stück des Halbringes bildet, dessen übrige Theile von
dem Gyrus temporalis superior und dem Gyrus postcentralis inferior dargestellt werden.
Der Gyrus angularis.
Hinter der erwähnten intermediären Furche, welche auch gedoppelt vorkommen kann, befindet sich der Ramus
ascendens der oberen Temporal für che — oder der Sulcus angularis — welche Furche in der Regel weit stärker
als die erste intermediäre Furche ist und noch mehr dem System der compensatorischen, um das Hinterende der
Fissura Sylvii laufenden Halbringfurchen angehört. Zuweilen reicht sie nicht hoch nach oben, fast immer aber
höher als die Sylvische Fissur; gewöhnlich dehnt sie sich jedoch weit nach oben hin aus, und dann kann sie
sogar hin und wieder in die Interparietalfurche einschneiden, wobei jedoch eine um ihr oberes Ende gehende
Tiefenwindung nachweisbar ist. Zuweilen tritt an ihr eine Bifurcation ein, wonach die beiden Endäste etwas
divergirend nach oben-hinten ziehen und eine Windungspartie zwischen sich fassen.
Als typisches \ erhalten kann man jedoch angeben, dass der Sulcus angularis entweder als directe Fortsetzung
der oberen Temporalfurche, oder als ein von ihr abgelöstes Stück etwas gebogen nach oben-hinten hin
zieht und von einer Bogenwindung umgeben ist, deren oberer Bogen bis an die Interparietalfurche reicht und
von ihr begrenzt wird. Diese Windung ist der Gyrus angularis.
Hinter dieser mittleren Bogenwindung des unteren Scheitelläppchens trifft man den von Eberstaller erwähnten
Sulcus intermedius secundus entweder als eine selbstständige, seichte Furche, oder nur in der Gestalt
eines von der Interparietalfurche ausgehenden, queren Astes.
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