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Die Fissura calcarina.
Die Fissura calcarina endigt hinten in etwas wechselnder Weise, und zwar bald schon an der medialen
Fläche, unweit des Occipitalpoles, bald, diesen Pol überschreitend, auf der dorsalen Fläche, indem sie dieselbe
mehr oder weniger weit in sagittaler Richtung einschneidet. Sie endigt ferner bald einfach und zugespitzt, bald
— und dies ist gewöhnlicher — nach einer Zweitheilung, indem die beiden Aeste fast in rechten Winkeln von
ihr ausgehen; nicht selten fehlt einer (gewöhnlich der untere) dieser Aeste, und dann biegt sich das Spaltenende
bald in starkem Winkel um und endigt spitz. Zuweilen scheint sich diese Querfurche vom Spaltenende ablösen
zu können, wo sie dann etwas hinter ihm an der Dorsalseite liegt.
Wie ich oben mehrmals hervorgehoben habe, tritt dicht am Ende tieferer Furchen und Fissuren gerne
eine compensatorische, quere Furche auf, und zwar in 'Halbringform. Die Fissura parieto-occipitalis besitzt am
dorsalen Ende fast constant eine solche Halbringfurche, das sogen. Hinterende der Interparietalfurche. Auch am
Hinterende der Fissura calcarina lässt sich nicht selten, aber nicht constant, eine solche Furche, obwohl in verschiedener
Gestalt, nachweisen. Wenn die Fissur weit auf der dorsalen Fläche einschneidet, tritt indessen fast
regelmässig eine derartige Anordnung auf; es sind dann nämlich um das Hinterende ein, zwei oder drei Halbringfurchen
concentrisch geordnet, und am vorderen Rande derselben bemerkt man, dass die von ihnen eingeschlossenen
Windungen eine Art nach vorn-oben vorhängendes »Operculum» bilden. Diese Anordnung habe ich in recht vielen
der von mir untersuchten Gehirne gesehen. Ein solcher Fall ist in Fig. 4 der Taf. XLVIII wiedergegeben. Obwohl
also hier eine operculare Einrichtung vorhanden ist, will ich sie jedoch nicht mit der Affenspalte homologisiren.
Da diese Furchen und Windungen, wenn vorhanden, eine sehr charakteristische Anordnung darbieten, werde ich
sie als Sulci und Gyri occipitales semiannulares bezeichnen. Als compensatorische Querfurchen stellen sie recht
interessante Beispiele dar.
Der Sulcus occipitalis transversus.
Wie oben bemerkt wurde, variirt der Sulcus occipitalis transversus Ecker's sowohl hinsichtlich seiner Lage,
als seiner Länge und Richtung. Zuweilen setzt sich nun auch die Interparietalfurche »quer durch den Sulcus
transversus fort», und dann läuft sie noch eine Strecke auf dem Occipitallappen als ein Sulcus occipitalis saggittalis
nach hinten, um jedoch bald mit einer neuen Querspalte, einem Sulcus occipitalis transversus posterior, zu endigen.
Es ist wahrscheinlich diese hintere Querfurche, welche Kükenthal und Ziehen erwähnen und die, wie sie meinen,
zuweilen mit dem EcKER'schen Sulcus occ. transversus verwechselt worden ist. Zuweilen weicht aber auch der
laterale Ast des vorderen Sulcus transversus nach aussen-hinten hin und läuft eine Strecke fort, um in verschiedener
Wreise, und zwar bald mit einer einfachen Bifurcation, bald mit anderen Furchen vereinigt, zu endigen.
Der Sulcus occipitalis lateralis.
Der Sulcus occipitalis lateralis von Eberstaller ist zwar recht oft nachzuweisen. Diese Furche, die jedoch
viele Wechselung darbietet und oft aus mehreren Stücken zusammengesetzt ist, setzt sich aber auch, wenn vorhanden
, gewöhnlich weiter nach vorn hin fort und läuft, der Mantelkante mehr oder weniger parallel oder nach
oben ansteigend und zuweilen gebogen, eine verschieden weite Strecke auf dem Schläfenlappen fort; in diesem
Falle trifft man nicht selten eine Vereinigung dieser Furche mit einem sagittalen Stück des Sulcus temporalis
medius., In dieser Gegend hat Cünningham noch eine -»Fissura calcarina externa» beschrieben. Er scheint aber
selbst zu ahnen, dass dieselbe mit der eberstaller'schen Furche identisch ist, und dies ist offenbar auch der
Fall. An foetalen Gehirnen aus den letzten Monaten trifft man, wie er auch angiebt, diese Furche recht oft.
Ziemlich parallel mit dem Sulcus occipitalis lateralis findet man nicht selten noch eine oder zwei Furchen,
welche nach oben von ihm an der Dorsalseite des Occipitallappens in ungefähr sagittaler Richtung verlaufen.
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