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temporalis medius biegen sich nämlich hinten mit aufsteigenden Aesten nach oben-aussen, und die beiden Gyri
(superior und medius) haben natürlicherweise einen entsprechenden Verlauf. Hiermit stimmt es also überein, dass
auch der Sulcus, resp. der Gyrus temporalis inferior, seitwärts umbiegt und vermittelst der oben erwähnten Incisur
an der Dorsalseite emporsteigt. Schliesslich nimmt auch der Gyrus fusiformis einen entsprechenden Verlauf an
und steigt hinten ebenfalls ein wenig über die Mantelkante empor.
Der Gyrus lingualis.
Die zungenförmige Windung gehört zu den scharf begrenzten; nur an ihrem vorderen Ursprung aus dem
Gyrus hippocampi (dem Gyrus rhinencephalo-lingualis), vor dessen Isthmus, und am hintersten Ende hängt sie
in der Regel an der Oberfläche mit anderen Windungen zusammen. Indessen setzt sich, wie oben bemerkt worden
ist, zuweilen die Fissura collateralis nach hinten schief über den Ursprung des Gyrus lingualis fort, um in den
Truncus fissura? calcarinse überzugehen. Doch kommt es aber auch vor, dass die Fissura collateralis, statt die
gewöhnliche Bahn nach hinten hin einzuschlagen, weiter nach innen hin verläuft und in das Gebiet des Gyrus
lingualis hineinzieht; hierdurch wird der Gyrus lingualis, indem seine laterale Partie abgeschnitten wird, sehr
verschmälert und der Gyrus fusiformis compensatorisch verbreitert. Es lässt sich diese Anordnung als eine
Variation dadurch erklären, dass eine der Furchen, welche der Oberfläche des Gyrus lingualis angehören, in verstärktem
Grade ausgebildet worden ist und die Rolle des hinteren Endes des Sulcus collateralis übernommen hat.
Der Gyrus lingualis verbreitert sich in der Regel nach hinten hin und wird aussen, wie oben bemerkt
wurde, von dem operkelartig überhängenden Gyrus fusiformis überlagert. Nach innen hin überlagert der Gyrus
lingualis selbst in dieser Weise den Gyrus hippocampi, und zwar in der ganzen Länge des Truncus fissuras calcarina
}, wobei er v. A. den bogenförmigen Gyrus cunei bedeckt. In der Fissura calcarina selbst wölbt er sich, wie
oben erwähnt ist, mit stark convexer Biegung, gewissermassen einen »Angulus lingualis» darstellend, in die Con-
cavität der unteren Fläche des Occipitallappens hinein und bildet mit ihr die oben beschriebenen, in der Regel
tiefen Brückenwindungen. So weit die Fissura calcarina nach hinten reicht, ist der Gyrus lingualis gut abgegrenzt.
Jenseits derselben hängt er hinten und aussen durch kleine Brückenwindungen mit dem Occipitailappen zusammen.
An der Oberfläche des Gyrus lingualis sind nun Furchen verschiedener Anordnung vorhanden. In der
Regel lässt sich eine sagittale Furche, der Sulcus sagittalis gyri lingualis, nachweisen, welche gewöhnlich von
dem Sulcus collateralis ausgeht und längs der Mitte des Gyrus lingualis verläuft, wobei sie auch einzelne Seitenäste
abgeben kann. Es ist gerade diese Furche, welche eine starke Ausbildung erfahren und die Rolle des
hinteren Endes des Sulcus collateralis übernehmen kann, wodurch das Gebiet des Gyrus lingualis scheinbar beschränkt
wird. Hinten kommt oft eine oberflächliche Brückenwindung zwischen dem Gyrus lingualis und dem
Gyrus fusiformis, dem Gyrus fusiformi-lingualis posterior, vor. Der Sulcus sagittalis kann sich am hinteren
Ende oft in zwei Aeste theilen, welche in divergirender Richtung und gewundenem Verlauf das Hinterende des
Gyrus lingualis durchfahren.
Wie oben bemerkt wurde, hat der Gyrus lingualis zwei Flächen, eine untere grössere und eine kleinere
mediale. Die letztere bildet den unteren Umfang der Fissura calcarina und setzt die mediale Fläche des Occipitallappens
nach unten hin fort. Sie ist von etwas verschieden grossem Umfange, aber stets nachweisbar; an ihr
findet sich gewöhnlich das hintere bifurcirte Ende vom Sulcus sagittalis des Gyrus lingualis.
S. Fig. XIII, S. 143, und die Taf. LXI—LXXII.
Der Gyrus fusiformis.
In der oben gegebenen Beschreibung der begrenzenden Furchen ist der Umfang dieser grossen Windung
schon dargelegt worden. Wie der Gyrus lingualis, ist auch sie vorn schmäler, sogar zugespitzt, und verbreitert
sich an dem hinteren Theil. Nach aussen von der Fissura rhinica, welche sich oft eine Strecke nach hinten hin
ausdehnt, läuft sie, vorn bald mit dem Vorderende des Gyrus temporalis inferior vereinigt, gegen den Temporalpol
, aber ohne ihn zu erreichen, weil ihn die vereinigte obere und mittlere Temporalwindung gewöhnlich
von ihr absperren; bald wird das Vorderende des Gyrus fusiformis durch eine Furche vom Vorderende des Gyrus
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