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Die operculo-insulare Fläche.
An der nach oben gerichteten Flache des Schläfenlappens kann man eine hintere-äussere, dem fronto-
parietalen Operculum zugekehrte, und eine der Insula Reili anliegende Abtheilung, welche beide Abtheilungen
mit einander einen stumpfen Winkel bilden, unterscheiden.
A. Die operculare Abtheilung (Taf. LXXXIII—LXXXIX).
Diese Partie der oberen temporalen Fläche stellt ein ziemlich horizontal belegenes Dreieck dar, dessen kleinere
, hintere Seite dem hinteren-oberen Ende der Fissura Sylvii, oder eigentlich dem hinteren Ende ihres oberen
Astes, entspricht; ihr äusserer Rand wird von der lateralen Mantelkante, ihr medialer von der vor der ersten
HESCHi/schen Windung befindlichen Furche gebildet. Nach vorn hin dehnt sich aber diese operculare Flächen-
abtheilung noch weiter aus, indem sie als ein schmäleres Gebräme an der ganzen Mantelkante entlang läuft und
sich zuletzt, indem sie sich nach innen hin umbiegt, dem orbitalen Operculum anlegt. Die hintere, dreieckig gestaltete
Partie liegt dem Operculum parietale dicht an, indem nur die doppelte, dünne Hirnhaut und ihre Gefässe
die beiden Flächen trennen, und wird von den zuerst von Heschl gewürdigten und von ihm als Gyri temporales
transversi bezeichneten Windungen mit ihren begrenzenden Sulci temporales transversi eingenommen. Dieser
Windungen sind in der Regel drei; sie werden, wie die Windungen des parietalen Operculums, als Gyrus tem-
poralis transversus primus, secundus und tertius bezeichnet; die vor jeder dieser Windungen belegenen Furchen
sind Sidcus temporalis transversus primus, secundus und tertius benannt worden. Dass die Bezeichnung »transversus
» nicht besonders adaequat ist, wurde schon oben bemerkt; da sie aber schon eingebürgert ist, werde ich sie
hier nicht gegen eine andere austauschen. Die hinterste Windung, der Gyrus tertius, ist am meisten transversel
gestellt und der Gyrus secundus mehr nach vorn-aussen gerichtet, während sich der Gyrus primus noch mehr
der sagittalen Richtung nähert, was natürlicherweise auch die Furchen thun. Alle drei Windungen sind hinten
an dem hinteren Bodenrande der Sylvischen Spalte, wo sie entspringen, am schmälsten; von hier aus verbreitern
sie sich allmählig nach aussen-vorn hin. Sie haben also zusammen eine fächerförmige Anordnung und bilden
eine dreieckig gestaltete Figur (Taf. LXXXIII— LXXXIX).
Diese drei Windungen können indessen auch etwas wechselnde Verhältnisse darbieten. Bald ist die erste
und zweite, bald die zweite und dritte zu je einer Windung verschmolzen, oder es findet sich nur eine ganz
seichte Furche, welche ihre Grenze andeutet; in anderen Fällen ist die Furche zwischen der ersten und zweiten,
oder zwischen der zweiten und dritten Windung sehr vertieft, und sie läuft dann in die Mantelkante, resp. die obere
Temporalwindung, tief einschneidend, hinein; ja sie kann sich sogar in das Gebiet der mittleren Temporalwindung
hinabsenken, wodurch die oben beschriebene Anordnung mit zwei Brückenwindungen zwischen der oberen und
mittleren Schläfenwindung entsteht. Auf diese Weise bekommt es den Anschein, als ob die betreffenden Gyri
transversi sich quer über die obere Schläfenwindung in die genannten Brückenwindungen zu der mittleren Schläfenwindung
fortsetzten.
Die Gyri transversi sind übrigens als quere Tiefenwindungen der oberen Furchenfläche des Gyrus temporalis
superior zu betrachten; sie verhalten sich auch wie solche Windungen, indem sie sich in der Regel am Grunde
der Sylvischen Fissur zahnradartig in die Gyri transversi des parietalen Operculums einfügen. Sie spitzen sich
nämlich zu und dringen in dem kleinen Zwischenräume zwischen je zwei dieser Gyri hinein. Hin und wieder
trifft man jedoch auch Windungen, welche an dem Spaltengrunde in einander übergehen, und zwar entweder direct,
oder nach einer seitlichen Umbicgung, was ich besonders oft an der vordersten Windung sah. Wegen des engen
Spaltenraumes sind sie aber in der Regel so gegeneinander gestellt, dass die Windungen des parietalen Operculums
in die Furchen des temporalen eingesenkt sind und umgekehrt.
Der sich von dieser dreieckigen Partie nach vorn und innen hin ausdehnende schmale, gebrämartige Theil
der oberen Schläfenfläche ist von der inneren insularen Abtheilünff verschieden stark abgesetzt. Bald geht von
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