Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/22-2
Retzius, Gustaf
Das Menschenhirn: Studien in der makroskopischen Morphologie ([2]): Tafeln: mit 96 Tafeln in Lichtdruck und Lithographie
1896
Seite: 7
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1896-2/0023
Tafel VII.

Ausgewählte Typen aus einer Serie von Frontalschnitten des Gehirns eines in Müller'scher
Lösung gehärteten menschlichen Embryos vom Ende des 3. Monates. Dieselben sind in

einer Reihe von vorn nach hinten angeordnet.

Fig. 1 stellt die vorderste der abgebildeten Präparate dar und gehört der vorderen Partie des Frontallappens an.
Man sieht unten, an der Innenfläche der Seitenwand, den Anfang der einschiessenden Corpora striata und an der medialen
Wand die eigentümliche hügelartige Verdickung, unter welcher jederseits der Becessus olfactorius sichtbar ist. Nach
oben von diesem Wulst sieht man jederseits an der medialen Wand die Einbuchtung der sog. vorderen ßogenfurche. Die
mediale Wand des Gehirns ist in diesem wie auch in den übrigen Schnitten viel dünner als die laterale. In ihr geben, in
diesem wie in allen den abgebildeten Schnitten, die dunkleren Partien die (durch Boraxcarmin gefärbten) Regionen der
Zellen wieder. Im Inneren der noch weiten Ventrikel befinden sich frei liegende (d. h. in Celloidin eingebettete) Partien
der Plexus chorioidei. Hier, ebenso in Fig. 2, 3, 6 und 7, sieht man in der äusseren Zellenzone Einknickungen, über welche
die äusserste Schicht gerade hinzieht. Diese Anordnung stimmt mit der von mir bei Embryonen von dem 4. Monate
beschriebenen Einbiegungen der äusseren Zellen Schicht überein.

Fig. 2 stellt einen Schnitt dar, welcher etwas hinter dem in Fig. 1 abgebildeten gefallen ist. Man erkennt dieselben
Theile wie in der Fig. 1. Die unteren-inneren Wülste sind aber einander genähert und im Querschnitte mehr
rectangulär geworden; die Recessus olfactorii sind nicht mehr zu sehen; die Corpora striata und die unter ihnen befindliche
Hirnwand sind noch mehr verdickt.

Fig. 3. Die beiden medialen Wände sind unten in Verlöthung begriffen. Unten sieht man das Chiasma mit dem
zweiarmigen (im Querschnitt dreieckigen) Becessus opticus. Die untere Seitenwand mit den Corpora striata ist noch
mehr verdickt.

Fig. 4. Die Verlöthung der medialen Wände ist fortgeschritten. Zwischen der Verdickung der medialen Wand
und dem Corpus striatum ist beiderseits ein tiefer, spaltenförmiger Recessus des Ventrikels (Recessus anterior medialis)
vorhanden. Der Querschnitt des Recessus opticus ist hier fünfeckig.

Fig. 5. Die Verlöthung ist fertig und eine verdichte Schlussplatte vorhanden, unter welcher die mediane Spalte
des dritten Ventrikels sichtbar ist. In den vom oberen Umfang der verdickten Schlussplatte emporsteigenden medialen
Wänden sieht man beiderseits einen weissen Streifen, welche Streifen sich in der Schlussplatte vereinigen. Es muss
dies die erste Anlage des Corpus callosum (und der Columin~e fornicis) sein.

Fig. 6. Die Foramina Monroi sind in diesem Schnitte getroffen. Das Dach des dritten Ventrikels mit seinen
kleinen plexusartigen Ausbuchtungen und dem Zusammenhang mit den Plexus chorioidei der Seitenventrikel ist sichtbar.
Unten ragt der Hirnboden hügelartig hinab; an seinem unteren Ende hängt die vordere Partie der Hypophyse. Der
dritte Ventrikel senkt sich bis nahe an die Unterfläche hinab und endigt hier mit einer zweiarmigen Erweiterung. Die
untere Hirn wand ist nunmehr sehr verdickt; an ihrem unteren-äusseren Umfang bemerkt man beiderseits das Vorderende
der Schläfenlappen.

Fig. 7. Der Schnitt ist hinter den Foramina Monroi getroffen. Die mediale Hirnwand geht beiderseits in
den dünnen Stiel (die Lamelle) der Plexus chorioidei über, und dieser setzt sich unten in eine Schicht fort, welche sich
der Innenwand des Gehirns anlegt und sich mit ihr jederseits in eine zwischen der verdickten medialen Wand, dem
Vorderende des Thalamus opticus, und dem Corpus striatum belegene tiefe Spalte, den Sulcus terminalis, hinabsenkt.

Fig. 8. Die mediale Hirnwand hat sich nach der starken, winkligen Umbiegung nach aussen in der Gestalt einer
dünnen Lamelle beiderseits über die nach oben etwas ausgebuchtete Tela chorioidea, das äusserst dünne, membranöse
Dach des dritten Ventrikels, und noch weiter lateralwärts hin über die obere Fläche des mächtiger entwickelten Thalamus
opticus gelegt, um schliesslich am Eingange des Sulcus terminalis in das (am Frontalschnitt stielförmig erscheinende)
Blatt des Plexus chorioideus des Seitenventrikels überzugehen und sich dann an der anderen Seite des Blattes in eine
Lamelle fortzusetzen, welche sich etwas weiter unten im Sulcus terminalis der lateralen Wand des Thalamus anlegt und
mit seiner Oberfläche verschmilzt, d. h. den Grund des Sulcus terminalis bekleidet, und sich lateralwärts in die Oberflächenschicht
des Corpus striatum fortsetzt. Zu dieser Zeit existirt zwischen dieser Lamelle der medialen Hirnwand
und der Thalamusoberfläche, ja sogar noch eine Strecke lateralwärts von dem Ansätze des Plexus chorioideus noch immer
ein offener Baum, ein Spatium hyperthalamicum. Diese Lamelle wird später zu der sogen. Lumina affixa der Thalamusoberfläche
. In diesem Schnitt sind die vorderen Theile der Unterhörner getroffen.

In Fig. 9j 10 und 11 sind die dann nach hinten hin folgenden Partien des Gehirns dargestellt. Man sieht hier,
nur noch mehr ausgeprägt, die über der breiten Thalamusoberfläche belegene Lamelle der medialen Hirnwand und das
Spatium hyperthalamicum. Der Sulcus terminalis erscheint noch tiefer; die Schnitte haben aber das Corpus striatum, resp.
die Cauda corporis striati, immer weiter nach hinten hin getroffen, so dass diese Partie in ihrem freien, hügelartig emporragenden
Wulst durchgeschnitten ist und deshalb immer mehr als von ihrer Verbindung mit dem Hirnkammerboden gelöst
erscheint; in Fig. 11 sieht man sie noch an der lateralen Seite mit der Hirnwand vereinigt; an ihrer medialen ist
sie beinahe frei. Von Interesse sind in diesen Figuren die Dünnheit der medialen Hirnwand an der Befestigungsstelle,
der Uebergang derselben Wand von dem Zustand der sogen. »Lamina aflixa» in den ganz freien Theil und ausserdem
noch die Beschaffenheit der oberen Partie der dritten Hirnkammer, welche eine starke, von der ausgebuchteten ependy-
malen Tela chorioidea begrenzte Erweiterung zeigt.

Fig. 12, 13, 14 und 15 stellen in der Reihenfolge noch weiter nach hinten hin getroffene Schnitte der Serie dar,
in welchen die Hemisphären von dem Hirnstamm ganz frei sind. In dem Ventrikelraum der Hemisphären bemerkt man
die Plexus chorioidei und an ihrer immer dünnen medialen Wand den schief getroffenen Randbogen. Am vierten Ventrikel
findet man die Seitenrecessus mit ihren dünnen Wänden und den Plexus chorioidei, und an der Medulla oblongata
bemerkt man (Fig. 14) die Rautenlippe.

Fig. 16 stellt in stärkerer Vergrösserung die untere-mediale Partie eines Frontalschnittes dar, welcher in der
Stirnregion zwischen den Schnitten der Fig. 1 und Fig. 2 getroffen hat. Die medialen Hirnwände sind hier nicht ver-
löthet, sondern nur durch die gefässführende Hirnhaut vereinigt. Unter der hügelartigen medialen Verdickung cler
Hirnwand bemerkt man unweit der unteren Oberfläche beiderseits einen offenen spaltenförmigen Raum; es ist dies eine
nach hinten schiessende, blind endigende Ausbuchtung des Recessus olfactorius.

In Fig. 17 ist in 12-maliger Vergrösserung die untere, mit den beiden lateralen Ausbuchtungen versehene Partie
des dritten Hirnventrikels mit der in die Orohypophysis eingesenkten Neurohypophysis abgebildet. In der Orohypophysis
bemerkt man die innere, spaltenförmige Höhle. Der Schnitt hat zwischen dem 6. und 7. getroffen.

Diese Tafel war ursprünglich für eine spätere Arbeit über den feineren Bau des Gehirns bestimmt. Ich veröffentliche
sie jedoch hier, hauptsächlich um das Verhalten der medialen Hirnwand zu der Thalamusoberfläche zu zeigen.


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