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Tafel XIX.
Foetale Gehirne aus dem 8, und 9. Monate.
Fig. 1—3. Das G-ehirn eines 41 Cm. langen, männlichen Foetus (v. Anfang des 8. Monates). Interessant sind in
Fig. 1 die drei Furchen des oberen Opercularrandes, der Sulcus diagonalis, der Sulcus subcentralis anterior und der Sulcus
subcentralis posterior] am Schlafenlappen und am Orbitalfeld ist eine Anzahl eigenthümlicher Einkerbungen vorhanden,
welche zu der nicht seltenen Art von »transitorischen» oder vielleicht krankhaften Furchenbildungen gehören, die auch
sehr oft am Occipitallappen und an der Medialfläche des Stirnlappens (Fig. 2 und 3) vorkommen. — In Fig. 2 sieht
man einen typischen, einheitlichen Sulcus cinguli mit echter Halbringform des Hinterstückes compensatorisch um das
obere-innere Ende des Sulcus centralis ziehen; das untere-vordere Ende des Sulcus cinguli ist verdoppelt, indem sich
nach innen von ihm noch eine kleine Furche findet, welche eine von ihr und der Fissura prima begrenzte Windung ein-
schliesst, die als die directe Fortsetzung des Gyrus olfactorius medialis nach oben-innen zu betrachten ist; am Preecuneus
ist ein ansteigender Sulcus prcecunei vorhanden; die Fissura parieto-occipitalis schneidet in die Mantelkante nicht ein,
dagegen reicht die Fissura calcarina bis an den Occipitalpol und schneidet stark in ihn ein. Fig. 3 zeigt einen aus drei
Stücken bestehenden Sulcus cinguli und einen Sulcus rostralis, die Anlage des Stilcus subparietalis, eine in die Mantelkante
einschneidende Fissura parieto-occipitalis und eine den Occipitalpol erreichende Fissura calcarina, ferner eine stark
ausgeprägte Fissura collect er alis und eine abgetrennte Fissura rhinica.
Fig. 4 stellt das G-ehirn eines 39 Cm. langen, männlichen Foetus (v. Anfang des 8. Monates) dar. Die Anlage des
Sulcus frontalis inferior ist hier vom Sulcus prcecentralis inferior getrennt; der Sulcus diagonalis und der Sulcus subcentralis
anterior sind noch nicht sichtbar; der Sulcus subcentralis posterior ist aber angelegt; der Sulcus temporalis
superior besteht aus zwei getrennten Stücken und vom Sulcus temporalis medius sieht man nur eine hintere Grabe; am
vorderen Theil des Schläfenlappens sind noch keine Furchen vorhanden; der Occipitallappen erstreckt sich, wie an dem in
Fig. 1—3 abgebildeten Gehirne, weit nach hinten.
Fig*. 5. Das Gehirn eines 43 Cm. langen, männlichen Foetus (vom Anfang des 9. Monats). Der Sulcus prcecentralis
inferior hängt mit dem hinteren Theil des Sulcus frontalis inferior zusammen; der vordere Theil dieser Furche ist aber
abgetrennt; der Sulcus diagonalis steigt hoch empor, ohne mit den genannten Furchen zu communiciren. Der Sulcus temporalis
superior ist schön ausgebildet; er theilt sich hinten in zwei Aeste, von denen der vordere eigentlich mehr den
Sitz des Sulcus intermedius primus einzunehmen scheint, der zweite dem Ramus ascendens des Sulcus temporalis medius
entspricht; von dieser letzteren Furche sind weiter nach vorne noch ein paar Stücke vorhanden.
Fig. 6. Das Gehirn eines 41 Cm. langen, männlichen Foetus (vom Anfang des 8. Monates). Der Sulcus frontalis
inferior hängt hier mit dem Sulcus prcecentralis inferior zusammen; sowohl die letztere Furche, als der Sulcus centralis
und der Sulcus postcentralis inferior sind weit vom unteren Mantelrand entfernt; der Sulcus subcentralis inferior ist
schwach und hoch oben gelegen, der Sulcus subcentralis posterior stärker; ebenso der Sulcus diagonalis; der Sulcus temporalis
superior reicht nicht weit nach vorne und endet bifurcirt; die vordere Partie des Schläfenlappens ist glatt, zeigt
nur schwache Einsenkungen; eine äusserst starke Incisura prceoccipitalis, die hoch nach oben steigt, ist vorhanden.
Fig. 7 und 8. Das Gehirn eines 41 Cm. langen, iveiblichen Foetus (vom 8. Monate). In der rechten Hemisphäre
sieht man eine untere Anastomose des Sulcus centralis und des Sulcus prcecentralis inferior und unter dem letzteren den
stark entwickelten Sulcus diagonalis. Der Sulcus frontalis inferior hängt mit diesen Furchen nicht zusammen. Der Sulcus
postcentralis inferior ist mit dem übrigens in zwei Stücke getheilten Sulcus interparietalis verbunden. Ein Sulcus intermedius
primus ist hinter dem Gyrus supramarginalis sichtbar. In der linken Hemisphäre (Fig. 8) sind die Verhältnisse
recht ähnlich; der Sulcus centralis ist aber abgeschlossen. Ein Sulcus preecentralis intermedius ist vorhanden, indem der
obere Ast des Sulcus prcecentralis inferior abgetrennt ist.
Das in Fig. 1—3 abgebildete Gehirn ist in Formol, die übrigen sind durch Injection von Cbrom-Osmium-Essig-
säure gehärtet.
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