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Tafel LXVIII.
Mediale und laterale Flächen von Gehirnen Erwachsener.
Fig. 1. Die rechte Hemisphäre des median durchgeschnittenen Gehirns, eines 44-jährigen Mannes, in der Ansicht
gerade von innen her dargestellt. Der Sulcus cinguli ist durch eine oberflächliche Brückenwindung (einen Gyrus cingulo-
frontalis) in zwei Stücke, ein den Lobulus paracentralis halbringförmig umgrenzendes, hinteres und ein aus dem intermediären
und dem vorderen Theil bestehendes, vorderes, gesondert. Der Sulcus rostralis ist kräftig entwickelt; unter
ihm sieht man einen kleinen Sulcus rostralis inferior. Vom Sulcus cinguli läuft nach hinten ein kurzer Anfang des
Sulcus subparietalis aus; übrigens zeigt sich die Hauptfurche des Prsecuneus in der Gestalt eines X, dessen untere Schenkel
als Vertreter des Sulcus subparietalis aufgefasst werden können. Am hinteren Ende des Occipitallappens erkennt man
die vertikal aufsteigende Aushöhlung, die ich Excavatio torcularis genannt habe. In den HirnventriJceln, v. A. aber am
Boden des dritten Ventrikels, erkennt man mehrere der im Texte beschriebenen Charaktere, z. B. den Becessus prcemam-
millaris medianus und lateralis, den Becessus saccularis, den Becessus canalis hypophyseos, den Becessus opticus, den Sattelwulst
des Ghiasma, die Lamina terminalis und die Incisura subcommissuralis. Ich verweise übrigens auf die Beschreibung
der Fig. 1 und 2 der Taf. XLI, in welchen Figuren diese Theile noch deutlicher hervortreten.
Fig. 2. Die linke Hemisphäre desselben Gehirns, in der Ansicht von aussen. Durch die angewandte Behandlung
des Gehirns sind die Furchen geöffnet worden, so dass sich die Windungen und ihre sonst versteckten Seitenflächen besser
überblicken lassen. Es sind im Ganzen recht typische Verhältnisse vorhanden, so dass ich auf eine eingehendere Beschreibung
verzichte. Der Sulcus cliagonalis steigt sehr hoch empor, verbindet sich aber weder mit dem Sulcus preecentralis
inferior, noch mit dem Sulcus frontalis inferior, sondern steigt zwischen beide empor und ist sogar von dem letzteren durch
eine starke Windung getrennt. Ein Sulcus subcentralis anterior fehlt, dagegen ist der Sulcus subcentralis posterior mit
dem unteren Ende des Sulcus postcentralis inferior vereinigt. Der Sulcus intermedius primus erscheint als ein Ast des Sulcus
interparietalis pr. Am Sidcus temporalis superior ist vorn durch eine Brückenwindung das Vorderstück, der Sulcus tem-
poralis transversus superior, abgetrennt; dasselbe ist mit dem Vorderstück des Sulcus temporalis medius vereinigt.
Fig. 3, Die linke Hemisphäre des Gehirns eines 76-jährigen Weibes, in der Ansicht von innen-unten. Man findet
den Sulcus cinguli einheitlich und mit dem Sidcus subparietalis vereinigt, dessen zwei Aeste dem Sulcus prsecunei entsprechen
; der Sulcus preecentralis niedialis schneidet in die Mantelkante ein. Die Fissura collateralis hängt mit der
Fissura. rhinica zusammen.
Fig. 4. Die linke Hälfte von dem median durchgeschnittenen Gehirn eines 29-jährigen Weibes. Der Sulcus cinguli
ist einheitlich, vorn gedoppelt. Der Sulcus rostralis ausgeprägt; die beiden ihn umgebenden »Gyri rostrales» stark hervorragend
; diese Windungen greifen bei jedem Gehirn in die gegenüberstehenden Furchen der anderen Hemisphäre tief hinein
, so dass sie ein Medianschnitt immer durchschneidet, wenn man die beiden Hemisphärenflächen nicht vorher von einander
etwas entfernt hat. Der Sidcus preecentralis medialis ist ein Ast des Sulcus cinguli. Der Sulcus subparietalis geht
direct von dem Sulcus cinguli aus und läuft hinten in die Fissura calcarina hinein, was sehr selten vorkommt. (Dieser
Fall ist auch oben im Texte in Fig. XIII, Bild 6, S. 143 wiedergegeben). Der Schnitt hat durch das Corpus callosum
und den Hirnstamm etwas nach rechts getroffen. Man bemerke im Corpus callosum den weissen Strang, der nach vorn-
oben zieht; der hinabsteigende Fornixschenkel ist ebenfalls sichtbar, ebenso sind einige der Structurverhältnisse des
Hirnstammes zu sehen.
Die auf dieser Tafel abgebildeten Gehirne sind mittelst einer gemischten Formol- und Kalibichromatlösung gehärtet
und nachher mit Wasser behandelt worden, wodurch sich die Furchen erweitert haben. Nach directen Photographien in
Lichtdruck wiedergegeben.
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