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IL
Ein Blick auf die Vorgeschichte und die Geschichte Sehwedens,
mit besonderer Rücksicht auf das Bevölkern des Landes und seine jetzige Bevölkerung
-. Die Immigration fremder Elemente. Bisherige Untersuchungen
und Ansichten über die Rassenverhältnisse in Schweden.
Von
GUSTAF RETZIUS.
Bevor wir zu der Behandlung der Fragen übergehen, welche den eigentlichen Gegenstand dieser Arbeit
bilden, dürfte es angemessen sein, einen kurzen Blick auf die Verhältnisse zu werfen, welche auf die Bevölkerung
des Landes besonders eingewirkt haben. Man hat in dieser Beziehung sowohl die Naturbeschaffenheit
und die Grenzen des Landes, als die Vorgeschichte und die Geschichte des Volkes zu berücksichtigen.
Ebenso ist es von Bedeutung zu wissen, welche Arölker in den umgebenden Gebieten gewohnt, und ob diese
Völker derselben oder anderen Bassen angehört haben, auch ob ein reger gegenseitiger Verkehr, resp. eine
Mischung, zwischen den verschiedenen Nachbarelementen, bestanden hat.
Was die Naturbeschaffenheit des schwedischen Landes betrifft, ist offenbar, v. A. in alten und uralten
Zeiten, sowohl seine von dem europäischen Continente abgetrennte, nördliche und von Meeren umflossene
Lage, als auch seine von Bergen und Wäldern überfüllten, sich von Süden nach Norden hin ausdehnenden
Gegenden mit Bücksicht auf die Weise, in welcher das Land bevölkert worden ist, von besonderer Bedeutung
gewesen. Nur nach Norden und Westen hin hängt Schweden im jetzigen Sinne mit anderen Ländern
zusammen, und zwar im Norden mit Finnland, resp. Bussland, im Westen mit Norwegen, und dieses beiderseits
mittels reichlich bewaldeter und gebirgiger, mehr oder weniger öder oder wüster, wenig bevölkerter Grenzgebiete
. In seinem grössten Umfange ist es von Meeren umflossen. Es ist dies eine in seltener Weise
isolirte Lage, was v. A. in jenen alten Zeiten, in denen die Schiffahrt sehr gefährlich und wenig entwickelt
war, ein Hinderniss für grössere Immigrationen und einen guten Schutz gegen feindlichen Ueberfall darbot.
Die gebirgigen, von Scheeren umgebenen Küsten bildeten hierbei gewissermassen auch eine Barriere.
Andererseits ist indessen auch zu betonen, dass die Ueberfahrt von den dänischen Inseln nach dem
südlichen Schweden, v. A. Skäne, verhältnissmässig kurz war und offenbar auch in erster Linie von den
Ansiedelnden benutzt wurde.
In alten Zeiten gab es kein in politischer Hinsicht einheitliches schwedisches Volk, sondern eine Beihe
von kleinen Volkspartien, Gemeinden oder Kleinstaaten, welche mit einander oft in Fehden und Kämpfen
lagen, weshalb im Ganzen ein unruhiger Zustand herrschte, und feinliche Umsiedelungen der Bevölkerunus-
elemente stattfanden.
Hinsichtlich der Art, in welcher das Bevölkern des Landes von Anfang an vorsichgringr, sind v. A.
folgende Verhältnisse zu berücksichtigen.
Erst nachdem die grosse skandinavische Glacial- und Postglacialperiode ganz vorüber war und diese
Gegenden ein temperirteres Klima erhalten hatten, wurde das Land allmählig, und zwar von Süden her bevölkert
. Von einem eigentlichen paläolithischen Alter haben wir in Schweden keine sicheren Beweise, obwohl
im südlichsten Theil des Landes einzelne, auf ein solches Alter hindeutende Steinäxte angetroffen worden sind;
von der Uebergangszeit giebt es eine Beihe von kleineren Geräthschaften, welche denjenigen der dänischen
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