Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/21
Retzius, Gustaf
Anthropologia Suecica: Beiträge zur Anthropologie der Schweden; nach den auf Veranstaltung der Schwedischen Gesellschaft für Anthropologie und Geographie in den Jahren 1897 und 1898 aufgeführten Erhebungen; mit 130 Tabellen, 14 Karten und 7 Proportionstafeln in Farbendruck, vielen Kurven und anderen Illustrationen
Stockholm, 1902
Seite: 16
(PDF, 50 MB)
Bibliographische Information
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Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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Kjökkenmöddinger ähneln. Dagegen hat unser Land ein gut entwickeltes echtes neolithisches Alter gehabt, aus
welchen Gerätschaften und Gräber, besonders über die südlicheren Theile des Landes zerstreut, angetroffen
worden sind. Alles weist darauf hin, dass die älteste Bevölkerung von den dänischen Inseln her in unser Land
immigrirt und sich allmählig von Süden her ausgebreitet hat. Vor Allem sind Skäne, Halland, Västergötland
und Bohuslän die ersten Bevölkerungscentra gewesen. Die Karte von Oscak Montelius über die Verbreitung
der Gräber des Steinzeitalters in Schweden, welche mit der Genehmigung des Autors in meinem Werke Crania
suecica antiqua S. 57 wiedergegeben wurde und worauf ich hier hinweise, giebt eine überschauliche Andeutung
der während dem neolithischen Steinzeitalter vorhanden gewesenen Bevölkerungscentra. Während dem Bronzezeit
- und dem Eisenzeitalter drangen die Ansiedler immer mehr nach den östlichen und nördlichen Gegenden
des Landes vor, ünd die Verbindungen mit den umgebenden Ländern über das Meer wurden allmählig zahlreicher
. Während dem Eisenzeitalter entwickelten sich immer mehr solche Handelsverbindungen, und die
skandinavischen Vikingerflotten fuhren weit an den westlichen und südlichen Küsten Europas sowie an den
östlichen Ufern der Ostsee entlang, wobei sie als wahre Räuber von Gut und Menschen auftraten. In Schweden
, wie in anderen nördlichen, von germanischen Völkern bewohnten Ländern, gab es bekanntlich eine niedere
Klasse von Sklaven (Trälar), welche als Güter der freien Bewohner betrachtet wurden und keine eigentlichen
menschlichen Rechte besassen; zu solchen Sklaven wurden manche in den Kriegen und Kaubzügen Gefangene
gemacht, deren Kinder ebenfalls Sklaven wurden. Indessen hat man in späterer Zeit darauf aufmerksam
gemacht, dass entgegen der früheren Annahme die Sklaven wohl nicht, oder doch nur in kleinerem
Massstabe von den eigentlichen Vikingerzügen nach dem Heimlande gebracht werden konnten, da sie in den
kleinen Schiffen w^ohl nur ausnahmsweise Platz fanden. Man meint auch in den Sagen Beweise dafür finden
zu können, dass die Sklaven, welche in ihnen als dunkelfarbige Leute von kleinem Wuchs beschrieben werden,
zum grössten Theile einem im Lande früher befindlichen Volke, einer sog. Urbevölkerung, entstammten, welche
unterjocht worden wTar. Wie dem nun auch sein mag, so fand sich auch in Schweden eine besondere Klasse
von Bewohnern, welche wesentlich anderer Herkunft war, als die herrschende Bevölkerung. Ausserdem immi-
grirten ins Land allmählig fremde Handels- und Gewerbsleute, die sich hauptsächlich an den Handelsplätzen
an der Küste und in den sich aus solchen Plätzen ausbildenden Städten niederliessen. Hierdurch entstand
eine sich immer mehr entwickelnde Immigration fremder Elemente. Nach der Einführung des Christenthums
hörten indessen das Sklaventhum und die Räuberei von Sklaven allmählig auf; dagegen immigrirten in einem
vermehrten Massstabe die fremden Gewerbs- und Handelsleute. Es waren v. A. deutsche Elemente, die sich
in solcher Weise in unserem Lande ansiedelten, und diese Einwanderung ist seitdem immer eine lebhafte gewesen
. Die vielen echt deutschen Namen, die besonders in unseren Handelsstädten vorkommen, deuten in
augenscheinlicher Weise darauf hin. Die bisher erwähnten Verbindungen mit fremden Völkern bezogen sich
hauptsächlich auf die südlichen Länder, das jetzige Dänemark, Deutschland, Frankreich und England.

Nach Westen hin war der Verkehr mit Norwegen sicherlich recht lebhaft. Bohuslän gehörte ja lange
Zeit zu Norwegen, und es stand später noch, wie Skäne, Halland und Blekinge, unter dem Scepter der
dänischen Könige. Auch über die wäisten Grenzgebiete zwischen dem mittleren und nördlichen Schweden
gingen Pahrstrassen. Jämtland und Härjedalen, welche vom Anfang des 12. Jahrhunderts mit Norwegen
vereinigt waren, wurden im J. 1645 an Schweden abgetreten, und in demselben Jahre wuirde auch die Insel
Gottland, nachdem sie während Jahrhunderte an Dänemark gehört hatte, wieder mit Schweden vereinigt.

Bohuslän wurde, nachdem es schon früher auf kurze Zeit Schweden angehört hatte, durch den Friedensvertrag
in Roskilde im J. 1658 eine schwedische Provinz, und bei derselben Gelegenheit wurden auch die
Provinzen Skäne, Halland und Blekinge, welche letztgenannte Provinz eigentlich schwedisch war, an Schweden
abgetreten und mit diesem Lande definitiv vereinigt.

Mit den östlichen Nachbarländern steht Schweden hoch oben im Norden in directer Verbindung. Hier
wanderten offenbar die Lappen ein; zu welcher Zeit dies geschah, ist nicht sicher eruirt worden. Einige Forscher
haben geglaubt, dass dies sehr früh der Fall gewesen ist, und dass diese nomadisirenden Hyperboreen in
uralter Periode weit über Skandinavien hinab verbreitet waren, ja sogar die Ureinwohner dieser Regionen
gebildet haben. Die in der zweiten Hälfte des eben verflossenen Jahrhunderts ausgeführten Untersuchungen
der Steinzeitgräber haben jedoch dargethan, dass das Volk des Steinzeitalters in Schweden zum weit über-


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