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dischen Bevölkerung so weit gegangen, dass offenbar binnen Kurzem der Eintritt einer vollständigen AmaKa-
mirung anzunehmen war. Es ist deshalb nunmehr ganz unmöglich anzugeben, wie viele finnische Elemente
in der Provinz Värmland vorhanden sind. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der angrenzenden Provinz Dahme,
in welcher sich auch recht viele, wahrscheinlich in derselben Zeitperiode eingewanderte finnische Colonisten ansiedelten
. In beiden. Provinzen hat man von diesem Eassenelemente fast nur die vielen fremden Ortsnamen
welche sicher auf eine finnische Herkunft hinweisen. Es scheint, als ob auch in anderen Gregenden Schwedens
, z. B. in Ostergötland und Närke, finnische Colonisten angesiedelt gewesen seien, obwohl ihre Spuren im
Ganzen bis auf einige Ortsnamen, schon längst verschwunden sind.
Die im nördlichen Schweden, v. A. in der Provinz Västerbotten wohnende finnische Bevölkeruno- hat
dagegen ihre Sprache und andere Charaktere ihrer ursprünglichen Herkunft in ausgedehnter Weise bewahrt;
man schätzt dort ihre Anzahl auf etwa 20,000 Individuen; sie scheinen sich in diesen kalten und wüsten
"Waldregionen wohl zu finden und sich immer weiter ausdehnen zu wollen. Da die Grenze gegen das russische
Finnland seit d. J. 1809 von einem grossen Flusse, Torneäälf, und seinem Nebenarme, Muonioälf, gebildet
wird, so - findet sich an manchen Stellen ein reger Verkehr zwischen den Bewohnern der schwedischen und der
russischen Grenzgebiete.
In etwa derselben Weise, wie die Einwanderung der Finnen, hat auch eine nicht unbedeutende Ansiedelung
eines anderen fremden Volkselementes, der Valhnen, in unserem Lande statt gefunden. Im Anfange
des 17. Jahrhunderts, v. A. aber um das J. 1618, nahm nämlich eine starke Auswanderung' von belgischen
Eisenschmieden nach Schweden ihren Anfang. Es geschah dieses auf Veranstaltung zweier in unserem Lande
angesiedelten Vallonen, Louis de Geer und Welam de Besehe, welche hier theils grosse industrielle Eisenwerke
besassen, theils arrendiert hatten; und diese Einwanderung wurde, um die Eisenindustrie in Schweden
zu erhöhen, vom König Gustaf II. Adolph begünstigt; sie setzte sich lange fort und war in den Jahren
1643—1650 am grössten. Diese Einwanderung fand hauptsächlich nach zwei Orten hin statt, nämlich theils
nach der Provinz Ostergötland (Finspäng und Norrköping), theils und besonders nach Uppland (Dannemora).
Von hier aus zogen aber Vallonen auch nach Eisenwerken in anderen Provinzen, v. A. in Värmland und
Närke. Lange hielten sich die vallonischen Familien mehr oder weniger von der übrigen Bevölkerung getrennt
und verheiratheten sich nur unter sich; allmählig haben sie sich aber mit den umwohnenden schwedischen
Familien gemischt. Von ihrer Vallonensprache lassen sich nunmehr nur einzelne industrielle Termini spüren.
Dort, wo sie mehr ungemischt geblieben sind, erkennt man die Vallonen leicht, abgesehen von den Familiennamen
, an ihrem Aussehen: dunkles Haar, braune Augen, dunkle Haut, oft auch etwas aufwärts gebogene
Nase; sie sind intelligent, kräftig, reinlich und bilden ein strebsames und gutes Volkselement. Mehrere Mitglieder
dieser Vallonenfamilien sind zu hohen Aemtern emporgestiegen und in dem Staate, in der Industrie und
der Wissenschaft berühmt geworden. Man hat die sämmtlichen in Schweden in unserer Zeit lebenden, von den
Vallonen mehr direct herstammenden Einwohner auf etwa 5,000 Individuen berechnet. Dazu kommen aber
auch manche, besonders in späterer Zeit geschehene Mischungen mit den eigentlichen schwedischen Elementen.
Was die übrigen, für die anthropologischen Verhältnisse Schwedens bedeutungsvollen Berührungen und
Verbindungen mit anderen Völkern, die zu einer Einmischung fremder Elemente in grösserem oder kleinerem
Massstabe Anlass gegeben haben, betrifft, sind v. A. die vielen Kriegszüge in die russischen, polnischen und
deutschen Länder mit den danach folgenden Landeseroberungen anzuführen. In dieser Beziehung sind besonders
die Kriege im 17. und 18. Jahrhundert zu verzeichnen. Im dreissigjährigen Kriege lebten nicht nur die
schwedischen Regimenter lange Zeit in den deutschen Ländern und heiratheten hin und wieder ausländische
Frauen, sondern es wurden in dem schwedischen Heere eine Menge fremde Elemente als Officiere und Hilfstruppen
angestellt, von denen später viele in Schweden geblieben sind. In dieser Weise ist ein grosser Theil
unseres Adels zu Stande gekommen. Im Ganzen genommen ist ein bedeutender, wenn nicht der weit überwiegende
Theil unserer Edelleute nicht von schwedischer, sondern von ausländischer Herkunft. Schon die Namen
unseres Adels deuten in sehr vielen Fällen auf einen fremden Ursprung hin, und doch sind recht viele ausländische
Namen bei der Erhöhung in den Adelsstand gegen schwedische umgetauscht worden, obwohl zuweilen
auch das Entgegengesetzte geschah.
Unter den Einmischungen fremder Elemente hat aber sicherlich v. A. die schon oben angedeutete,
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